30.4. in Erfurt: Parkverbot, Planschverbot, Gewaltverbot

Parkverbot
Ein Hinweis für alle AutofahrerInnen: Vom 30. April bis 1. Mai besteht in Erfurt auf der Stauffenbergalle zwischen Bahnhof und Talknoten und auf der gesammten Magdeburger Allee Parkverbot. Auch ein Teil der Friedrich-Engels-Straße ist entsprechend ausgeschildert. Die Ausschilderung passt zumindest zum Anfang der auf „Hauptsache es knallt“ angegebenen Route für die morgige Nazidemo:

Thälmannstraße/Stauffenberg-Allee –> Talknoten –> Magdeburgerallee –> Salinenstraße –> Salzstraße –> Friedrich Engels Straße –> Schlachthofstraße –> Thälmannstraße/Stauffenberg-Allee.

Derweil laufen wie wild die Vorbereitungen für den morgigen Tag. Wie auf Indymedia zu sehen, ist tatsächlich das THW im Einsatz, um zu verhindern, daß man einigermaßen trocken durch den Flutgraben kommt:

Auf dem Anger demonstrieren zurzeit Junge und in die Jahre gekommene Liberale gegen Gewalt und Extremismus: „FÜR GEWALTFREIE STRASSEN AM 1. MAI“.

Ergänzend zum gestrigen Artikel muss man noch anmerken, wie man am 1. Mai von stadtauswärts nicht auf die Magdeburger- oder die Staufenbergalle kommt:

  • Auf jeden Fall sollte man die vorhandenen Hinterhöfe, Industriebrachen, Spielplätze, Gewerbeflächen und Supermarktparkplätze meiden, sondern lieber übersichtliche, große Straßen nutzen.
  • Um an Kontrollpunkten nicht vorbei zu kommen, stellt man sich am besten in einer langen Reihe an und lässt sich nacheinander einen Platzverweis geben. Auf keinen Fall sollte man in die Breite gehen und die Lücken in der Kette suchen, sondern sich im Idealfall allein auf die BeamtInnen konzentrieren. Gerade wenn man in der Überzahl ist, ist das unbedingt zu beachten.

Wie man am 1. Mai in Erfurt nicht den Flutgraben überquert

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Erfolg der Aktivitäten gegen die Nazis am 1. Mai in Erfurt davon abhängt, daß es vielen Leuten gelingt, stadtauswärts den Flutgraben zu überqueren. Es gibt verschiedene beliebte Strategien, das nicht zu schaffen.

1. Die authentische autonome Kleingruppe
Vier bis sechs in der Regel männliche Jugendliche oder junge Erwachsene kleiden sich komplett schwarz, ziehen Sonnenbrillen und Halstücher an und versuchen in der Gruppe, unauffällig an der Polizeikette auf der Brücke vorbei zu kommen. Von der Polizei abgewiesen, regen sie sich über den Scheiß-Bullenstaat auf und ziehen sich beleidigt in Richtung Innenstadt zurück, wo sie auf die VertreterInnen von Variante 2 treffen.

2. Die Zeichensetzer
200-500 wohlmeinende Gutmenschen sammeln sich mit Sambatrommeln und Jonglierbällen zu einer Kundgebung oder Blockade auf der falschen Seite des Flutgrabens. Während die Nazis die Staufenbergallee oder die Thälmannstraße entlang laufen, bestätigen sich die DemonstrantInnen gegenseitig, daß sie die Guten sind und ein unübersehbares Zeichen gegen rechts setzen. Sollte es irgendwann zu vielen Menschen auffallen, daß die Blockade an diesem Ort gar nichts bringt, bewegt man sich zu der Brücke, an der schon die Autonomen gescheitert sind.

3. Die falsche Brücke
Wenn die Nazis auf der Staufenbergallee laufen, erschließt sich selbst dem dümmsten Polizisten, daß die Brücken am Krämpferufer und Schmittstädter Ufer dicht gemacht werden müssen. Um also nicht über den Flutgraben zu kommen, muss man sich genau auf diese Brücken konzentrieren. Auch sollte man sich vorher keine Gedanken darüber machen, wie und wo man anders über’s Wasser kommt — z.B. westlich des Bahnhofs oder nördlich der Schlüterstraße. Auch sollte man keinen Netzplan der EVAG, keine Karte und kein Fahrrad dabei haben.

4. Das starre Konzept

Man kann den Flutgraben auch nicht überqueren, weil das Plenum, der Aktionsrat, der Bürgertisch oder eine andere Autorität im Voraus beschlossen hat, dies nicht zu tun. Dieser Anweisung sollte man Folge leisten und nicht spontan entscheiden, daß aufgrund veränderter Bedingungen ein ganz anderer Ort zu besetzen wäre. Um damit glücklich zu sein, sollte man sich eher nicht über den Ticker (http://ticker.hopto.org), das Infotelefon (0162 – 59 19 379) oder Radio F.R.E.I. (UKW 96,2) über die aktuelle Lage informieren. Unterstützt wird diese Variante des Scheiterns durch diejenigen FunktionärInnen des Protests, die davon überzeugt sind, daß einfache AktivistInnen sowieso nicht qualifiziert sind, mit Informationen umzugehen und diese deswegen für sich behalten. Manche derer, die das besonders stört, gehen am 1. Mai dem virtuellen Ansatz nach.

5. Der Virtuelle Ansatz
Um ganz genau darüber informiert zu sein, wie man hätte den Flutgraben überqueren können, es aber gleichzeitig zu unterlassen, setzen sich die Anhänger dieses Ansatzes am 1. Mai alleine vor den heimischen PC und verfolgen im Minutentakt Tickermeldungen, Webseiten, Radio F.R.E.I. und MDR. Mit allen Informationen ausgerüstet, entfalten sie ihre Revolutionäre Praxis in den Kommentaren auf Indymedia und in Blogbeiträgen, die brilliant alle Fehler nachweisen, die auf der Straße begangen werden.

6. Die Fotogene Strategie
Die Fotogene Strategie, nicht den Flutgraben zu überqueren, wird vor allem von PolitikerInnen der höheren Ränge verfolgt. Die nutzen den Tag, um Gesicht zu zeigen, konkret: das eigene Gesicht zu zeigen und in möglichst viele Mikrofone zu blubbern. Vereinzelt wird die Fotogene Strategie auch von Autonomen Kleingruppen verfolgt. Hier versucht man — anders als die PolitikerInnen — in den Augen des Virtuellen Ansatz (siehe oben) eine gute Figur zu machen.

7. Der Mehrheits-Ansatz

Die Mehrheit der Erfurter BürgerInnen wird am 1. Mai den Flutgraben deswegen nicht überqueren, weil es ihnen aus den verschiedensten Gründen scheißegal ist, daß die Nazis demonstrieren.

1. Mai: Seit 124 Jahren auch gegen die Arbeit

Gegen die Arbeit - schon 1931

Im Mai 1886 fanden in Chicago die Haymarket Riots statt. Aus Widerstand gegen elende Arbeitsbedingungen kam es zu einem mehrtägigen Streik, der auch auf der Straße ausgefochten wurden. Am 4. Mai explodierte bei einer Demonstration eine Bombe. Dafür verurteilt und größtenteils hingerichtet wurden acht Anarchisten, die den Streik organisiert hatten. Das Gericht konnte ihnen zwar nicht nachweisen, daß sie die Bombe gelegt hatten, befand sie aber der intellektuellen Täterschaft schuldig.

Vier Jahre später wurde auf einem Arbeiterkongress in Paris beschlossen, den 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeiterklasse auszurufen. Wieviel Aufmerksamkeit an diesem Tag auf „Kampf“, wieviel auf „Klasse“ und wieviel auf „Arbeit“ liegt, ist umstritten.

1890 ging es um kürzere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen. Für KommunistInnen wurde der Tag in den Jahren danach ein Tag des Klassenkampfes. Im Nationalsozialismus wandelte er sich zum „Feiertag der nationalen Arbeit“. In der DDR fanden Militärparaden statt, dazu wurde die Arbeiterklasse verpflichtet, an Tribühnen mit Parteiprominenz vorbei zu flanieren. In der BRD rief die Gewerkschaft nach klassenkämpferischen Anfängen später immer mehr zum gemeinsamen Bratwursessen oder gleich zum Maispaziergang im Grünen auf. In Berlin findet seit dem 1. Mai 1987 rituelle Randale statt. Die Nazis beziehen sich seit Mitte der 1990er-Jahre erneut auf den Tag und versuchen mit wechselndem Erfolg, Aufmärsche durchzusetzen.

„Tag der Arbeit“ ist heute eine gängige Bezeichnung für den 1. Mai. Aber die Arbeiterklasse stand nie so eindeutig auf der Seite der Arbeit, wie das manche gerne hätten. Für diejenigen, die 1886 demonstriert haben, war Arbeit eine bittere Notwendigkeit, die ihnen das Leben zur Hölle gemacht hat. Und auch später war vielen bewusst, daß Arbeit viel mehr ein Zwangsinstrument als ein Vehikel zur Befreiung ist. Wie den Arbeitern auf dem Bild: Sie demonstrierten 1931 gegen den freiwilligen Arbeitsdienst — die damalige Variante des 1-€-Jobs.

Ausgestrahlt: „Größte Proteste in der Geschichte der Anti-AKW-Bewegung“

Fast 150.000 Menschen haben gestern an drei Standorten gegen Atomenergie demonstriert. In Ahaus demonstrierten 7000 vor dem Atommüll-Zwischenlager, das AKW Biblis wurde von 20.000 DemonstrantInnen umzingelt und zwischen Brunsbüttel und Krümmel bildeten 120.000 Leute eine Menschenkette.
Die Anti-Atom-Bewegung hat mit der eher traditionellen Aktionsform eindrucksvoll bewiesen, daß sie durchaus Massen bewegen kann. Die OrganisatorInnen rechnen beim Castor-Transport nach Gorleben im November mit weiter wachsenden Protesten.
Mehr bei .ausgestrahlt

Huch. Von einem Tag auf den anderen…

…hat der Bürgertisch Demokratie sein Motto geändert:
Gegen Rechts ist Logo Hauptsache es knalle

Informierte Kreise aus der Zivilgesellschaft sagen, es hätte damit zu tun, daß der Hakenkreuz-Schatten, den das Logo im linken Plakat wirft, doch eine zu harsche — und vor allem den NS verharmlosende — Kritik an dem ist, was in Erfurt hinter der geputzten Fassade zum Vorschein kommt.

Königin-Luise-Gymnasium geht mit Polizei gegen SchülerInnen vor

Wie die Thüringer Allgemeine und Radio FREI berichten, hat Jürgen Kornmann, CDU-Politiker und Schulleiter des Königin-Luise-Gymnasiums, gestern die Polizei in seine Anstalt gerufen, weil SchülerInnen in der Aula über Probleme im Bildungssystem diskutieren wollten.

„Wir kritisieren die zu großen Klassen, fordern ein kostenloses Schulessen, die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems“ zitiert die TA eine der InitiatorInnen der verhinderten Aktion. Das dreigliedrige Schulsystem sortiert SchülerInnen schon relativ früh nach Leistung und erwiesernermaßen auch nach sozialer Herkunft. Vielleicht hat es auch mit dem elitären Geist des Gymnasiums zu tun, daß Kornmann gegen schulfremde Elemente Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hat. Auf jeden Fall bezeugt es, daß sich die Schule noch viel weniger als die Uni offen zur Gesellschaft begreift.

Das Königin-Luise-Gymnasium hieß von 1945-1992 Theo-Neubauer-Gymnasium. Theo Neubauer war in den 1920er-Jahren Lehrer am KLG. Er setzte sich schon damals für demokratische Bildung ein, beteiligte sich als einziger Lehrer des KLG am Generalstreik gegen den Kapp-Putsch, schrieb Bücher und zahlreiche Gedichte. Er lebte in „wilder Ehe“, war überzeugter Kommunist und baute in den 1940er-Jahren eine antifaschistische Widerstandsgruppe in Thüringen auf. Am 5. Februar 1945 wurde er von den Nazis hingerichtet. Zum heutigen Handeln der Schule passt Königin Luise besser. Sie war die Gattin das Preußischen König Friedrich Wilhelms III und galt schon zu Lebzeiten als Symbol für den Wiederaufstieg des Preußischen Staates.

Israel-Tag in Erfurt

Gestern fand auf dem Erfurter Fischmarkt der Israel-Tag statt. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hatte geladen und informierte zusammen mit anderen Akteuren über Israel. Viele BürgerInnen haben das vielfältige Programm auf dem Fischmarkt mitgemacht, ohne daß es zu Störungen kam. 2008 hatten einige NPD-Kader den Tag genutzt, um Propaganda zu verbreiten. (Alter Bericht auf Indymedia hier)

Große und kraftvolle Haus-Demo in Erfurt

„Willkommen in der Medienstadt Erfurt“ konnte man denken, wenn man heute gegen 14 Uhr auf den Bahnhofsvorplatz kam. Nicht weniger als 6 Polizeikameras filmten jede Bewegung, während bei vielen der Teilnehmer_innen der Demo für ein selbstverwaltetes Zentrum die Personalien aufgenommen wurde. Vor allem bunte oder hochgestellte Haare waren der Garant dafür, wieder in irgend einer Datei zu landen. „Befehl von ganz oben“ meint ein Polizist aus Niedersachsen, der auch nicht weiß, was nach dem Einsatz mit den Daten geschieht.


Was Willi Brandt dazu gemeint hätte? Polizeifestspiele auf dem Erfurter Bahnhofsvorplatz

Das Bild ändert sich, als Pfarrer Lothar König aus Jena lautstark verkündet, daß jetzt die Veranstaltung begonnen hat und die BeamtInnen nichts mehr auf dem Platz verloren haben. Dieser moralischen Autorität kann sich auch die Polizei nicht wiedersetzen und zieht sich an den Rand des Willi-Brandt-Platz zurück. Die Stimmung ist gut.

Gegen 15 Uhr läuft die Demo los. Es sind viele Leute gekommen – wir zählen 100 Reihen und liegen mit unseren Schätzungen zwischen 800 und 1400 TeilnehmerInnen. Sonderlich viele Leute über 30 sind nicht dabei, die Mehrheit der Anwesenden ist jung und schwarz gekleidet. Es gibt nur wenige Transparente. Aber das ist eigentlich auch egal, weil man durch die einschließende Begleitung die Demo von der Seite her sowieso nicht sehen kann.


Die Spitze der Demo kurz vor dem Loslaufen

Die Demospitze ist sehr laut, es werden ständig Parolen gerufen. Viele BürgerInnen kriegen allerdings nicht mit, worum es geht: Ein älterer Herr meint, der Polizeieinsatz sei zu teuer und fragt sich, worum es geht. Ein junger Vater beim Eisessen sagt, daß ihm die Musik gefällt. Als er erfährt, daß es um ein soziales Zentrum geht, zeigt er Sympathie für das Anliegen, sagt aber gleich dazu, daß er Besetzungen ablehnt. Eine etwas ältere Dame erzählt, daß ihr Sohn früher auch bei den Hausbesetzern war. Sie hofft, daß sich die Polizei zurückhält — gerade durch ihre Erfahrungen in der DDR empfindet sie das aggressive Auftreten der Staatsgewalt als unangenehm. Trotzdem findet sie, man muss auch heute noch auf die Straße gehen und kündigt an, daß sie am ersten Mai auch gegen die Nazis demonstrieren wird. Eine vielleicht 30jährige fände gut, wenn es ein selbstverwaltetes Zentrum gäbe. „Dann würden die in der Stadt weniger Blödsinn machen“ sagt sie und zeigt auf die Demo.

An der Kaufmannskirche findet die erste Zwischenkundgebung statt. Die Antifa-Gruppe ag17 verließt einen kurzen Aufruf für den 1. Mai. Die queer-feministische Gruppe wi(e)derdienatur bittet die Polizei, bei der nächsten Räumung einfach zu klopfen und zu fragen, wo der Darkroom ist. Danach könnte es eigentlich weiter gehen, aber als die Demo sich in Bewegung setzt, kommt es zu ersten Rangeleien. Die Polizei blockiert die Demoroute. Nach einiger Zeit rückt sie mit der Begründung raus: Eines der drei Seitentransparente wird zu hoch getragen. Die DemonstrantInnen gucken sich ratlos um, die Einsatzkräfte starr geradeaus. Vermutlich wissen alle Beteiligten, daß es hier um Schikane geht und nicht um Tragehöhen. Aus dem Lautsprecherwagen werden Auflagen für die Polizei verlesen. „Es ist verboten, Zivilisten zu verprügeln, weil man dabei wie in Hamburg vor acht Jahren die eigenen KollegInnen erwischen könnte. Außerdem ist es nicht gestattet, die Demonstration willkürlich aufzuhalten.“ Und tatsächlich geht es dann auch weiter.


Gerangel am Erfurter Anger vor der Kaufmannskirche

Am Thüringenhaus kommt es zum nächsten Übergriff. Ein Teilnehmer wird aus der Demonstration herausgezogen und in einen Keller geschleift. Es heißt, er habe sich vermummt. Die Demo hält an, aus dem Lautsprecherwagen heißt es: „Wir gehen erst weiter, wenn unser Genosse freigelassen wird.“ Nach einer Weile geschieht das auch. Der Verschleppte blinzelt, als er wieder in die Sonne kommt. Aber er lächelt auch, als er wieder in der Demo aufgenommen wird. In Thüringen wird man zur Personalienfeststellung in den Keller gezerrt, aber dort wenigstens relativ gut behandelt.

In der Johannesstraße frage ich wieder ein paar Leute, was sie von der Demo halten. Ein Paar mit Kinderwagen meint, eine liberale und demokratische Gesellschaft könnte schon ein Haus zur Verfügung stellen — leer stünden ja nun genug in Erfurt. Ein Getränkehändler freut sich über den gesteigerten Absatz an Getränken und Schokorigeln, will sich aber inhaltlich nicht festlegen. Der Wirt der Johannesklause ist sich dagegen ganz sicher: „Klar, das ist prima. Ein selbstverwaltetes Zentrum muss es in Erfurt geben.“ Ein paar TouristInnen, von denen eine früher in Erfurt gelebt hat, fragen erst mal, worum es geht. Daß vor einem Jahr das ehemalige Topf&Söhne-Gelände geräumt wurde, haben sie mitbekommen. Daß es ein neues Zentrum geben soll, finden sie wichtig, über die Menge und das Auftreten der Polizei schütteln sie den Kopf: „Völlig unangemessen und viel zu teuer.“


Die Spitze der Demo auf dem Weg zum Domplatz

Auf dem Domplatz findet die nächste Zwischenkundgebung statt. Das Bildungskollektiv Biko spricht darüber, wie wichtig selbstverwaltete Räume für Bildung sind und eine Gruppe aus Dresden wirbt für die Libertären Tage, die dort vom 1.-8. Mai stattfinden. Ein verlesener Redebeitrag, der von einer Neubesetzung in Köln berichtet, wird von den DemonstrantInnen begeistert aufgenommen.

Eine alte Frau, die ich frage, was sie davon hält, zischt mich an: „Alle verrückt“. Ein paar modisch gekleidete Jugendliche wollen nicht mit mir reden. Eine Familie mit Kinderwagen ist sich dagegen einig, daß das Anliegen der Demonstration wichtig ist. Ein Pärchen um die 20 Jahre ist unentschlossen. Während er froh ist, daß die Polizei mögliche Gewalttäter in Schach hält, findet sie die vermummten und behelmten Beamten zu aggressiv: „Nur weil die Demonstranten Alternative sind, heißt das doch nicht, daß man nicht mit denen reden kann.“ Ein älterer Herr weiß von zahlreichen angebotenen Häusern, die die BesetzerInnen ausgeschlagen hätten — daher seien sie selbst Schuld, daß sie kein Zentrum hätten.


Der Erfurter Fischmarkt. Polizeiparade oder Demonstration?

In den engen Straßen der Altstadt sorgt die hohe Polizeipräsenz dafür, daß das Anliegen der Demo völlig untergeht. Der Fischmarkt steht mit Polizei voll, bevor auch nur die ersten DemonstrantInnen den Platz betreten können. Noch mehr als vorher gilt hier, daß die PassantInnen kaum mitbekommen, was das Thema der Demo ist. Ein 40jähriger, der aus einer Pizzeria heraus das Spektakel fotografiert, meint begeistert: „Immer weg mit den Nazis, es ist viel besser, wenn die Antifa demonstriert.“ Eine gut situierte ältere Dame weiß nicht, was los ist. Daß es um ein selbstverwaltetes Zentrum geht, nimmt sie zur Kenntnis. Ganz anders eine ebenfalls distinguierte, aber etwas jüngere Frau, die mit ihrer Tochter unterwegs ist: „Ich habe früher selber Häuser besetzt“. Sie erzählt begeistert von der Punk-Szene im Leipzig der 1980er-Jahre. Die aktuelle Auseinandersetzung in Erfurt kennt sie nicht, will sich aber weiter informieren. Ich frage eine Gruppe von Jugendlichen, die ich für TouristInnen halte. Sie sprechen wenig Deutsch und verstehen nicht, was ein selbstverwaltetes Zentrum sein soll — genau wie zwei junge Frauen eine Ecke weiter. Ein autonomes Zentrum ohne Drogen würden sie unterstützen. Als letztes spreche ich einen Rennradfahrer in vollem Gummidress an. Das Polizeiaufgebot hät er für verrückt. Gegen ein neues Besetztes Haus hätte er nichts – „damit die einen Ort haben, an dem sie machen können, ……. was auch immer die da machen. Das weiß ich nicht, aber es wäre OK, wenn sie einen Ort hätten“.

Am Ende drängt sich die Polizei nochmal in den Vordergrund und zieht einige Menschen gewaltsam aus der Demonstration. Die Vorwürfe sind Verstöße gegen das Versammlungsgesetz oder der Verdacht, einen Polizisten getreten zu haben. Wieder ist den meisten Beteiligten klar: Hier geht es um’s Ritual. Wenn die Hausbesetzer demonstrieren, muss die Polizei einfach eine gewisse Quote an Zugriffen vorweisen können. Die Menge auf dem Bahnhofsvorplatz lässt sich auf die Dominanzspielchen nicht ein und so beruhigt sich die Lage recht schnell.


Fight repression with a grove: Polonäse bei der Abschlusskundgebung

In den Stunden nach der Demo finden in der Stadt willkürliche Personenkontrollen statt. Auch das kennt man in Erfurt zur Genüge. Ein beachtlicher Teil der Erfurter Bevölkerung fände es trotzdem gut, wenn es ein neues soziokulturelles Zentrum gäbe. Besetzungen finden viele nicht gut — aber es ist beachtlich, wie viele BürgerInnen überhaupt kein Problem damit haben, daß leerstehende Häuser einfach genutzt werden. Kurz sieht es auch danach aus, daß am Spätnachmittag ein Haus am Schmidtstädter Knoten neu besetzt worden wäre. Aber dann stellt sich heraus, daß nur ein entprechendes Transparent an die Fassade gehängt wurde.


Gute Stimmung auf der Auftaktkundgebung


Ene, mene, miste — wenige Transparente, aber dafür kreative


Die Clownsarmy an der Spitze der Demo


Auch die EVAG weiß: Heute ist Demo in Erfurt


Drei Reihen Spalier an der Spitze

Happy Birthday April

Wir haben in diesem Beitrag behauptet, daß nach der Zahltag-Veranstaltung im Café April am vergangenen Montag sei spontan eine Party gestiegen. Wie wir mittlerweile wissen, ist das nicht wahr. Das Café April hat am 12. April ganz regulär sein einjähriges Bestehen gefeiert. Das haben wir nicht mitbekommen — wir haben uns ganz naiv gefreut, daß es Essen, Bilder und Musik gab.
Etwas verspätet wollen wir hiermit zum Einjährigen gratulieren und geloben, in Zukunft genauer zu recherchieren.

Rundgang über das ehemalige Topf&Söhne-Gelände

Genau 1 Jahr nach der Räumung des Besetzten Haus Erfurt fand heute ein Rundgang über das ehemalige Topf&Söhne-Gelände statt. Schon seit 2008 hatte es keinen solchen mehr gegeben, weil mit dem Beginn der Bauarbeiten das Gelände nicht mehr zugänglich war.

Sorbenweg in Erfurt - vor dem Verwaltungsgebäude von Topf&Söhne
Der Sorbenweg in Erfurt – vor dem Verwaltungsgebäude von Topf&Söhne

Der Rundgang beginnt im Sorbenweg — früher Station 1 des nun unter frischem Asphalt begrabenen Rundgangs, der hier online zur Verfügung steht. Von hier aus sieht man das ehemalige Verwaltungsgebäude. Dort soll ab 27. Januar 2011 die Dauerausstellung Techniker der „Endlösung“ gezeigt werden. Die ReferentInnen des heutigen Rundgangs sprechen über die frühe Firmengeschichte der Ofenbauer von Auschwitz und kritisieren das Erinnerungskonzept der Stadt: „Die riesige Industriebrache und die vielen historische Mauern haben das Ausmaß der Erfurter Beteiligung am Prozess der Vernichtung viel deutlicher gemacht, als das einzelne Steelen und eine Ausstellung im Verwaltungsgebäude können.“

Denn wo genau die Verladerampe oder die Zwangsarbeiterbarracken gestanden haben, kann man sich heute nur noch schwer vorstellen. Wir stehen irgendwo zwischen den Stationen 2 und 3 des Rundgangs und erfahren, daß die Techniker der Vernichtung mitnichten überzeugte Nationalsozialisten gewesen sind. Vielmehr haben sich Leute wie der leitende Ingenieur Kurt Prüfer dem Grauen von der rein technischen Seite angenähert. Die Frage, wie man möglichst viele Körper in möglichst kurzer Zeit in Asche verwandelt, war für ihn ein interessantes technisches Problem. Nicht nur in Erfurt, auch auf Montage in Auschwitz hat er ein erstaunliches Talent darin bewiesen, dieses Problem zu lösen, ohne seine moralischen Implikationen zur Kenntnis zu nehmen und die angemessenen Konsequenzen daraus zu ziehen.

Früher Zwangsarbeit, heute Gartenmarkt auf dem ehemaligen Topf und Söhne-Gelände in Erfurt
Früher Zwangsarbeit und Technik der Vernichtung, heute Gartenmarkt

Ungefähr vor dem Gartenmarkt befand sich früher die Montagehalle. Der Rundgang widmet sich hier den ZwangsarbeiterInnen, die auf dem Gelände vernutzt wurden. Es geht auch um die KPD-Betriebsgruppe und ihr Versagen. Es steht fest, daß die Gruppe gewusst hat, was bei Topf&Söhne hergestellt wird. Die KommunistInnen haben es geschafft, im Untergrund weiter zu arbeiten und die ZwangsarbeiterInnen zu unterstützen. Gegen die Technik der Vernichtung haben sie nichts unternommen.

Blick vom früheren Eingang des Besetzten Hauses auf dem ehemaligen Topf &Söhne-Gelände auf die nicht mehr vorhandene Schlosserei
Blick von der früheren Toreinfahrt in Richtung wo unser Haus stand

Der Rundgang endet nach einer knappen Stunde dort, wo früher das Hauptgebäude der Besetzung — darin auch der Infoladen — gestanden hat. Was auf dem Gelände zwischen 2001 und 2009 stattgefunden hat, ist für viele Teilnehmer_innen nichts Neues. Trotzdem wird es hier nochmal erwähnt.

Am Ende wird dort, wo unser Haus stand, noch einmal Musik abgespielt. Eine stellt Blumen hin. Einer erzählt, daß er einen guten Teil seiner Jugend hier verbracht hat. Es sei schon ein bedrückendes Gefühl, heute auf dem Parkplatz zu stehen. Auf die Frage, was er sich heute wünscht, antwortet er: „Daß ganz, ganz viele Leute am Samstag zur Demo für ein neues Zentrum kommen“ — ein Wunsch, dem wir uns nur voll und ganz anschließen können.

Dort wo unser Haus stand, stehen heute wenigstens mal Blumen
Wo unser Haus stand, stehen heute ausnahmsweise mal Blumen

Es waren gezählte 70 Leute jeden Alters auf dem Rundgang. Zwei Mitglieder des Förderkreis Topf&Söhne betrachteten das Geschehen zusammen mit der Polizei aus der Ferne.

Erfurt: Radfahrn für ein selbstverwaltetes Zentrum


Wenn 40 Fahrradgocken läuten, ist das in der Erfurter Innenstadt nicht mehr zu überhören. Rund 40 Menschen bildeten an diesem Donnerstag einen Flashmob der besonderen Art: Gemeinsames Radfahren für ein autonomes Zentrum. Kaum war die Soundanlage in einem Kinderanhänger versteckt, ging es los Richtung Innenstadt. Vorbei ging es an der Polizeidirektion, am Rathaus, dem Anger bis zum Hauptbahnhof. Lautstark wurde mit Klingeln und Sprechchören auf das Fehlen eines selbstverwalteten Zentrums aufmerksam gemacht. Der Polizei ging das jedoch zu weit. Gemeinsames Radfahren in Erfurt – das darf nicht sein, vor allem nicht in der Bahnhofsunterführung . Kurz nachdem der Flashmob den Hauptbahnhof passierte, rannten Polizeibeamte brüllend dem Flashmob entgegen und warfen jedeN vom Fahrrad, den sie kriegen konnten. Einige Beamte wahren so engagiert, daß sie noch hundert Meter einigen Radfahrern hinterher sprinteten. Ob das polizeiliche Taktik war oder ob die Beamten überarbeitet und nicht mehr zurechnungsfähig sind, lässt sich abschließend nicht genau klären. Den vom Rad gezerrten sprachen die BeamtInnen Verwarnungen aus und drohten an, im Wiederholungsfalle die Fahrräder zu beschlagnahmen.

Morgen (Freitag) geht die Aktionswoche der Kampagne Hände hoch – Haus her weiter mit einer Führung über das ehemalige Topf&Söhne-Gelände, Treffpunkt 17 Uhr am ehemaligen Verwaltungsgebäude am Sorbenweg.

Ergänzung: Indymedia-Artikel hier.

Erfurt: Auszubildende auf Häufchenkontrolle

Erfurt - Puffbohnenmetropole - Landeshauptstadt von Thüringen - immer einen Ausflug wertEine neue Kampagne zur Optimierung von Sicherheit und Sauberkeit hat sich die Landeshauptstadt Erfurt ausgedacht. Wie die TA hier berichtet, wurden Auszubildende der Stadt zu „Sauberkeitsengeln“ ernannt und verteilen in der Innenstatdt Hundekottüten. Damit sollen HundehalterInnen animiert werden, sich mehr um die Kacke ihrer Hunde zu kümmern.

Man muss anerkennen, daß diese Kampagne wenigstens nicht wie die umstrittene Innenstadtordnung allein auf Repression setzt. Welchen Lerninhalt die Häufchenkontrolle allerdings für die städtischen Auszubildenden haben soll, erschließt sich nicht. Soll die nächste Generation von Stadtbediensteten möglichst anschaulich lernen, daß man von bestimmten BürgerInnen eh nur Scheiße zu erwarten hat?

In Berlin hatte eine GRÜNEN-Politikerin kürzlich vorgeschlagen, Harz4-EmpfängerInnen für den Einsatz gegen Hundehaufen zu verpflichten. Vielleicht könnten auch einfach mal diejenigen, die am lautesten nach Sauberkeit schreien, Häufchen wegräumen gehen, statt Lehrlinge oder Arbeitslose vorzuschicken.

Wir schaffen Arbeitsplätze!

Die OTZ berichtet:

Thüringen fehlen Bereitschaftspolizisten
[..]Erfurt. Die Thüringer Polizei war nach Angaben des Innenministeriums im Vorjahr überdurchschnittlich gefordert: Bekämpfung der Rockerkriminalität, Absicherung von Gerichtsverfahren, hoher Kräfteaufwand bei Fußballspielen. Aber auch die Räumung des besetzten Hauses in Erfurt, der Besuch von US-Präsident Obama sowie diverse rechtsextreme Veranstaltungen samt Protestdemonstrationen führten dazu, dass häufiger Beamte anderer Bundesländer in Thüringen aushelfen mussten, als dass Polizisten des Freistaates dort im Einsatz waren. […] Wir müssen ernsthaft über eine dritte Einsatzhundertschaft nachdenken, sagte der innenpolitische Sprecher der mitregierenden SPD-Fraktion.

Erfurt: Polizeibesuch nach „Zahltag“-Veranstaltung

Am 12. April fand im Café April eine Veranstaltung der Kampagne Hände hoch-Haus her mit der Initiative Zahltag statt.

Nach der Veranstaltung wurde spontan Musik aufgelegt, Essen serviert und Lichtbildkunst an die Wände geworfen. Gegen 02:00 Uhr entschied die Bereitschaftspolizei, daß so viel Spontaneität in Erfurt nicht möglich ist. Ca. 20 BeamtInnen stürmten das „April“, nahmen die Personalien aller Anwesenden auf und durchsuchten die Räume. Weiter forderten sie die Anwesenden zum Gehen auf — womit die Veranstaltung zu Ende war.

Schon in der Nacht zum Sonntag kam es nach dem Händehoch-Konzert im Klanggerüst zu einer völlig überzogenen Polizeikontrolle auf der Magdeburger Allee — mit Knüppel- und Pfeffersprayeinsatz und einigen Ingewahrsamnahmen. In der Vorwoche hatte die Bereitschaftspolizei bei einem nächtlichen Großeinsatz alternative Jugendliche vom Venedig — ein Platz an der Gera unweit der umkämpften Krämerbrücke — vertrieben.

Alternative Soziokultur hat es also nach wie vor schwer in Erfurt.

Aber jetzt erst recht: Am Samstag ab 14.00 Uhr (Treffpunkt Bahnhofsvorplatz) für selbstverwaltete Zentren demonstrieren.

Erfurt: Ausstellung und Veranstaltungsreihe zu Militärjustiz

Vom 11. April bis zum 5. Juni findet in der Erfurter Peterskirche die Wanderausstellung ‚“Was damals Recht war …“. Soldaten
und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht‘ statt. Begleitend finden die folgenden Veranstaltungen statt:

22.4., 19.30, Begegnunsstätte Kleine Synagoge
Das letzte Tabu. NS-Militärjustiz und »Kriegsverrat«
Mehr bei der Landeszentrale für Politische Bildung (68kb PDF)

29.4., 19.00, Begegnunsstätte Kleine Synagoge
Der unbekannte Wehrmachtsdeserteur – Lokale Spurensuche und das Erfurter DenkMal
Mehr beim DGB-Bildungswerk Thüringen

9.5., 14.00, Treffpunkt Rathaus/Fischmarkt
Stadtrundgang Krieg und Frieden – Hinführung zur Ausstellung
Mehr beim DGB-Bildungswerk Thüringen

20.5., 19.00, Begegnunsstätte Kleine Synagoge
Die strafrechtliche Aufarbeitung von Verbrechen der Wehrmachtsjustiz in der SBZ/DDR
Mehr beim DGB-Bildungswerk Thüringen

30.5., 17.00, Denkmal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur auf dem Petersberg
Tapferkeit für das Leben. Gedenkveranstaltung mit Texten und Musik

Weiter wurde die vergriffene Broschüre „DenkMal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur. Dokumentation einer Erfurter Initiative“ als Kopie neu aufgelegt und kann beim DGB-BWT bestellt werden.

Abschließend erfolgt der letzte Aufruf für aktuellen praktischen Antimilitarismus: Heute marschiert die Bundeswehr ab 17 Uhr in Gera auf — hoffentlich nicht ungestört.

Erfurt: CDU-Politiker für Hausbesetzer_innen

Hände hoch - Haus her jetzt mit Michael PabseDer CDU-Lokalpolitiker Michael Panse wechselt die Seiten. Kurz bevor sich die Räumung des Besetzten Hauses auf dem ehemaligen Topf&Söhne-Geländes zum ersten Mal jährt, zeigte sich Panse heute auf dem Erfurter Anger mit einem Transparent der Kampagne Hände hoch-Haus her.

Der CDU-Politiker hatte seit Jahren als jugendpolitischer Sprecher der CDU Erfurt gegen jegliche linksalternative Soziokultur opponiert. Anlässlich einer antideutschen Demonstrationen Ende der 1990er-Jahre sagte er, es sei bedauerlich, daß auch Staatsfeinde die Rechte der Verfassung in Anspruch nehmen dürften. Bei der Räumung des Topf&Söhne-Geländes im April 2009 veröffentlichte er hämisch Nahaufnahmen der Sitzblockade vor dem Besetzten Haus auf seiner Webseite — wofür ihm die rechtsextreme „Bürgerbewegung Pro Erfurt“ prompt ihren Dank aussprach.

Aber schon im August 2009 deutete sich ein Sinneswandel bei dem 44jährigen an. Im Rahmen der Polyfantasiawoche kam es zur ersten, noch inoffiziellen Zusammenarbeit von Michael Panse mit der radikalen Linken. Kurz darauf, beim Erfurter CSD, wollte Panse davon nichts mehr wissen und räumte seinen Wahlkampfstand ein, als die Parade in Sicht kam. Heute, ein halbes Jahr später, sieht er klarer: „Spätestens als Susanne Hennig von der Hausbesetzerpartei das Direktmandat für Erfurt geholt hat, hätte ich es wissen müssen. Ohne die radikale Linke ist in Erfurt keine Politik zu machen. Daher ziehe ich jetzt die politischen Konsequenzen.“

Sein Mandat im Erfurter Stadtrat wird Panse behalten und sich für ein neues Besetztes Haus einsetzen: „Mit allen notwendigen Mitteln“, wie er auch seine Fraktionskollegen wissen lässt. Von der Erfurter CDU gibt es derzeit noch keine Stellungnahme zum Gesinnungswandel ihres Vorstandsmitglieds. Die Kampagne „Hände hoch — Haus her“ begrüßte seinen Schritt, wollte sich aber noch nicht dazu äußern, unter welchen Bedingungen Panse am Plenum der Besetzer_innen teilnehmen kann.