PM „Solidarität mit Yve/tte“: Betroffener von polizeilichem Übergriff wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen

Am Montag, dem 18. Februar 2013, fand vor dem Erfurter Amtsgericht eine Verhandlung gegen eine Person statt, die am 09. Mai 2012 anlässlich der Kundgebung gegen die Lesung von Thilo Sarrazin von Polizist_innen tätlich angegriffen wurde. Nachdem Yve:tte sich weigerte, ihre Handtasche ohne Rechtsgrundlage kontrollieren zu lassen, setzten drei männliche Beamte die Durchsuchung mit körperlicher Gewalt durch. Dabei erlitt die Betroffene Verletzungen. Nun wurden nicht die beteiligten Polizist_innen, sondern Yve:tte selbst wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Vor Beginn der Verhandlung fand vor dem Amtsgericht eine Kundgebung von 50 solidarischen Menschen unter dem Motto „Polizeigewalt ist nicht nett – Solidarität mit Yve:tte!“ statt. Aufgrund einer völlig überzogenen sitzungspolizeilichen Verfügung wurden alle, die die Verhandlung besuchen wollten, von Justizbeamt_innen durchsucht und körperlich abgetastet und mussten ihre Personalien abgeben. Außerdem wurden den Besucher_innen sämtliche Handys und Kameras für die Zeit der Verhandlung weggenommen. Selbst der Presse wurden Aufnahmen des Gerichtssaals versagt. Das für 14 Uhr angesetzte Verfahren begann erst kurz vor 15 Uhr aufgrund der langwierigen Vorkontrollen und nachdem die Beklagte nach einem eigens erlassenen Beschlusses des Gerichts gegen ihren Willen von männlichen Polizisten durchsucht wurde, die ihr die Selbstbestimmung ihres Geschlechtes absprachen.

Die Richterin begrüßte die Anwesenden schließlich mit den geistreichen Worten:
„Wenn hier kein Gehorsam herrscht, kann ich auch Ordnungsgelder verhängen, damit das gleich klar ist.“

Von den geladenen Polizist_innen erschien nur einer. Eine Beamt_in fehlte unentschuldigt, ein weiterer meldete sich krank und wiederum ein weiterer befand sich im Skiurlaub. Der anwesende Polizeibeamte rechtfertigte die polizeiliche Übergriffshandlung. Dem widersprachen die Aussagen dreier Zeug_innen, die sich bei der Polizeiaktion vor Ort befanden.

Ihre Solidarität zeigten im Gerichtssaal 30 Personen, die die dreistündige Verhandlung mit großem Erstaunen über das Vorgehen von Justiz und Polizei verfolgten und dieses mit vereinzelten Zwischenrufen und Gelächter begleiteten. Neben den uniformierten befanden sich auch zivile Sicherheitskräfte zwischen den Zuschauer_innen im Gerichtssaal.

Nicht überzeugt von der Aussage der zahlreichen Zeug_innen beraumte die Richterin König einen zweiten Verhandlungstermin für den 06. März 2013 um 8.30 Uhr an. Hierfür kündigen die Unterstützer_innen von Yve:tte an, das Verfahrens wiederum solidarisch zu begleiten. Spannend bleibt die Frage, ob noch ein Verfahren wegen Körperverletzung gegen die Beamt_innen eröffnet wird.