„Wir denken an euch und stehen an eurer Seite“ – Solidaritätserklärung

… des Solidaritätskreises Jena für die verfolgten Antifaschist:innen, unterstützt von Jenaer und Erfurter Gruppen und Organisationen, Februar 2024

Achtung: Im Folgenden wird es um rechte, staatliche und sexualisierte Gewalt gehen.

Nach Angriffen auf Neonazis im Vorfeld und am Rande eines neonazistischen Groß-Events in der ungarischen Hauptstadt Budapest Anfang Februar 2023 verfolgen die ungarische und deutsche Polizei mehrere Antifaschist:innen aus Ungarn, Italien und Deutschland. Zwei von ihnen befinden sich seitdem in Untersuchungshaft in einem Gefängnis in Budapest. Zusätzlich suchen sie nach mindestens circa 10 Antifaschist:innen aus Deutschland. Diese wurden trotz einer weitreichenden Öffentlichkeitsfahndung bis heute nicht gefunden und scheinen sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Ihnen drohen Untersuchungshaft, möglicherweise auch die Auslieferung nach Ungarn, ein politisch aufgeladener Prozess und Strafhaft.

Mehrere junge Leute aus Jena befinden sich unter den Gesuchten. Wir kennen sie als herzliche Freund:innen und engagierte Mitstreiter:innen. Außerdem hat die deutsche Polizei am 15. März 2023 mehrere Wohnungen in Jena durchsucht und die Bewohner:innen, darunter Eltern und ihre Kinder, stundenlang schikaniert und erniedrigt. Diese Ereignisse haben uns sehr aufgewühlt. Wir haben uns daher entschieden, diese gemeinsame Erklärung herauszubringen.

Wir erklären öffentlich, dass wir an der Seite der Antifaschist:innen stehen, denen die Polizei und die Medien die Angriffe in Budapest zuschreiben. Wir wissen aus unserer Geschichte und aus der Gegenwart, dass wir uns nur selbst schützen können und dass es unsere Aufgabe ist, die Neonazis zu bekämpfen. Wir haben die Überfälle auf die JG, das Kassablanca und die besetzten Häuser in Jena-Ost und unsere Verletzten, Traumatisierten und Toten aus den 90er Jahren nicht vergessen. Wir haben auch nicht vergessen, dass der NSU, der aus unserer Stadt kommt, in den 2000er Jahren zehn Menschen hingerichtet hat und dass die Behörden – von der sozialen Arbeit bis hin zu Polizei und Verfassungsschutz – die rechten Terrorist:innen dabei direkt oder indirekt unterstützt haben. Und beim Prozess gegen die Eisenacher Neonazi-Gruppe Knockout 51 am OLG Jena können wir uns noch einmal davon überzeugen, dass wir es in Thüringen mit starken gewalttätigen und terroristischen Neonazi-Netzwerken zu tun haben. Zudem haben die Ereignisse in Budapest deutlich gezeigt, dass die Neonazis sich international zusammenschließen. So waren auch Thüringer Neonazis von der Neuen Stärke Erfurt beim neonazistischen Event in Budapest vertreten. Der militante Antifaschismus stellt sich nicht als Frage, er drängt sich als Notwendigkeit auf. Uns ist klar, dass wir mutige Menschen brauchen, die sich den Neonazis entgegenstellen.

Wir denken an die zwei Inhaftierten in Budapest, die unter den widrigsten Haftbedingungen isoliert und schikaniert werden. Wir denken an unsere Freund:innen und Mitstreiter:innen, die seit Monaten von der Polizei gejagt werden und denen Haft in deutschen oder ungarischen Knästen droht. Wir denken an ihre Familien, deren Angst und Sorge uns nahe geht und uns betroffen macht. Wir denken an all die Menschen, die observiert, überwacht und eingeschüchtert werden. Wir wünschen ihnen und uns allen viel Mut und Zuversicht.

Wir unterstützen die Spendenkampagnen für die Inhaftierten:

Rote Hilfe e.V.
GLS-Bank
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Budapest

Sollte es zu Untersuchungs- oder Strafhaft kommen, werden wir die Inhaftierten praktisch und politisch unterstützen. Sollten die Behörden drohen, die Beschuldigten nach Ungarn auszuliefern, werden wir uns der Kampagne gegen die Auslieferung anschließen. Wenn es zu einem Prozess kommt, werden wir ihn solidarisch begleiten und den Angeklagten beistehen.

Wir möchten noch zwei Dinge ansprechen, die uns nachdenklich machen. Was die Taten betrifft, die den Antifaschist:innen vorgeworfen werden, haben wir unterschiedliche Perspektiven und Einschätzungen, auch Zweifel und Kritik. Hier wünschen wir uns weiterhin das ehrliche und offene Gespräch untereinander, eine Verständigung innerhalb der antifaschistischen Bewegung, auch über konkrete militante Praxis. Zum anderen wissen wir aus anderen Verfahren wie dem Antifa-Ost-Verfahren, dass Beschuldigte und Angeklagte keine Held:innen sind und dass es in der Vergangenheit auch unter uns große Probleme gegeben hat, dass es unter uns Männer gegeben hat, die ihre Freund:innen und Partner:innen bedrängt oder misshandelt haben, und andere, die weggeschaut haben. Sollten solche Dinge hochkommen, werden wir die Augen nicht verschließen und uns dem stellen. Konkret heißt das auch, dass die Soligruppen vor Ort für diese Themen immer ansprechbar sind.

Trotz aller Diskussionen, die wir miteinander noch zu führen haben: Wir bekennen uns zu einem entschlossenen Antifaschismus. Wir wünschen den inhaftierten und verfolgten Antifaschist:innen alles Gute. Wir stehen an ihrer Seite und werden sie in der Haft und vor Gericht verteidigen. Wir stehen auch den Angehörigen und Freund:innen bei. Ihr könnt auf uns zählen.

PS.: Im Prozess der Veröffentlichung dieser lang diskutierten Erklärung überschlugen sich die Ereignisse. Eine Person aus dem Kreis der verfolgten Antifaschist:innen aus Jena wurde am 11. Dezember 2023 festgenommen und wird seither in der JVA Dresden gefangen gehalten. Ihr droht die Auslieferung nach Ungarn. Wir schicken Maja viel Kraft und Mut für die Untersuchungshaft und schließen uns der Forderung an, dass niemand nach Ungarn ausgeliefert werden darf. Majas Familie und Freund:innen gelten unser Mitgefühl und unsere Solidarität.

Verfasst vom Solikreis Jena für die wegen der Vorfälle in Budapest Verfolgten

Unterstützt von den folgenden Organisationen und Gruppen aus Jena:

Undogmatische Radikale Linke (URL)
Feminist Antifascist Intersectional Radical Youth (FAIRY)
Jetzt erst recht
Infoladen Jena
Tierbefreier:innen Jena
Seebrücke Jena
Gemeinsam Kämpfen Jena
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Feministischer Streik Jena
Ortsgruppe Jena des BDP Thüringen
Freie Arbeiter:innen-Union (FAU) Jena
Café Wagner Jena
Infoladen Sabotnik Erfurt
Rote Hilfe Ortsgruppe Erfurt
Dissens Antifa Erfurt

Kundgebung zum Internationalen Tag der politischen Gefangenen

Über Social-Media-Kanäle kursiert der folgende Aufruf für eine Demo am 18.3. in Jena:

Liebe Freund*innen,
Wir leben in einer Welt, in der antifaschistischer Widerstand, der Wille und Kampf für ein Leben in Freiheit von staatlicher Gewalt, Faschismus und Patriarchat kriminalisiert und bedroht wird.
Viele unserer Genoss*innen in allen Teilen der Welt sitzen aktuell im Knast, sind betroffen von Hausdurchsuchungen oder direkter rassistischer und sexistischer Gewalt durch die Polizei.
Die Inhaftierung einzelner ist immer auch eine Botschaft der Repressionsorgane an die gesamte Bewegung, Proteste doch besser zu unterlassen, wenn es uns nicht auch so ergehen soll. Das lassen wir nicht zu!

Die Rote Hilfe hat vor 101 Jahren den „Tag der politischen Gefangenen“ ausgerufen.

So rufen auch wir am 18.03. um 17 Uhr zur Demonstration am Holzmarkt auf – Für die Freiheit und das Leben!
Danach wollen wir noch gemeinsam Briefe an Gefangene schreiben und etwas beisammen sein. Kommt also Zahlreich!

Inhaltlich ist das natürlich nur voll und umfänglich zu unterstützen, man fragt sich trotzdem, wieso eine Demo, bei der es um Repression geht, vorwiegend über Social-Media-Kanäle beworben wird — also solche Kanäle, bei denen es für Außenstehende kaum möglich ist, herauszufinden, wer politisch für die Veranstaltung steht, bei denen es für die Behörden mit umfangreicher Monitoring-Software und Zugriff auf die Daten der Plattformen allerdings ein Klacks ist, rauszukriegen, wer verantwortlich ist.

„Topf & Söhne – Besetzung auf einem Täterort“ jetzt wieder zu haben

Das Standardwerk (okay: das einzige Buch) über die Besetzung auf dem ehemaligen Topf&Söhne-Gelände in Erfurt 2001- 2009, war einige Zeit vergriffen und ist jetzt wieder erhältlich.

Im Buch »wird sowohl die Geschichte der Firma wie die vielfältigen Aktivitäten der BesetzerInnen dokumentiert. Diese stoßen immer wieder, zum Beispiel anhand des Topos der ›deutschen Wertarbeit‹, auf die schwierige Frage des Verhältnisses von Nationalsozialismus und Kapitalismus. (…) Durch das mit über 200 Fotos reichhaltig illustrierte Buch entsteht ein sehr plastisches Bild, das von der Spannung zwischen dem linksradikalen Alltag sowie der historischen Bedeutung des Ortes lebt – und den jeweiligen Umgang damit schildert.« (Bernd Hüttner)

Weitere Rezensionen, eine Leseprobe und Fotos aus dem Buch gibt es auf der Webseite zum Buch.

Das Buch ist im Infoladen zu den Veto-Öffnungszeiten zu haben; alternativ auch in der Offenen Arbeit Erfurt, beim Bildungskollektiv Biko, beim Graswurzel-Verlag oder im lokalen Buchhandel.

Karl Meyerbeer, Pascal Späth
Topf und Söhne – Besetzung auf einem Täterort
Graswurzel-Verlag, 3. Auflage Heidelberg 2024
192 Seiten, 15,90€

Samstag, 9.3.24: antirassistischer Mahngang in Gera

Solidarität muss praktisch werden – antirassistischer Mahngang in Gera

Samstag, 9. März | 14 Uhr | Gera Südbahnhof | Treffpunkte zur Anreise: 13:05 Jena West, 12:40 Erfurt HbF

In dieser Woche wurde die neue Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen in Gera eröffnet und die ersten Bewohner*innen sind eingezogen.

Der mehrfach vorbestrafte Neonazi Christian Klar und die dahinterstehenden extrem rechten Netzwerke mobilisieren seit einigen Tagen zu einem mehrtägigen rassistischen „Protestcamp“ in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft, um letztlich den Einzug der Geflüchteten verhindern zu wollen. Dazu haben die Neonazis auch Blockaden angekündigt. Es ist zu befürchten, dass wie in der Vergangenheit aus Worten Taten werden und von den rassistischen Mobilisierungen Angriffe auf die Unterkunft und die Schutzsuchenden ausgehen. Das zeigen nicht nur die wöchentlich rechten Ausmärsche in Gera, sondern auch der von Christian Klar initiierte Blockadeversuch der Unterkunft im Januar dieses Jahres, bei dem es zu gewaltsamen Ausschreitungen kam.

In der Nacht vom 06. auf den 07.03 versammelten sich die Neonazis um eine Feuertonne und spielten u. a. ein Lied, in dem der Brand eines „Asylheims“ besungen wird. Dies kann als eindeutige Drohung verstanden werden, die es ernst zu nehmen gilt und die eine klare Botschaft an die (zukünftigen) Bewohner*innen sendet.

Im Gegensatz zu den Verantwortlichen in der Stadt, werden wir nicht zulassen, dass Neonazis ohne Widerspruch die Lage in Gera weiter eskalieren lassen können. Wir werden nicht zulassen, dass die neuen und zukünftigen Bewohner*innen mit dieser massiv bedrohlichen Situation alleine gelassen werden. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass Massenunterkünfte wie in Gera, Suhl oder Hermsdorf geschlossen werden müssen, weil sie dauerhaft menschenunwürdige und rassistische Zustände zur Folge haben: Dezentrale Unterbringung statt Lager!

Unsere Antwort auf die offen rassistischen Mobilisierungen der Nazis und die systematische Ausgrenzung, die hinter der Sammelunterbringung von Geflüchteten in Lagern steckt, ist deshalb Solidarität. Diese möchten wir mit Euch in einem Mahngang zur Unterkunft praktisch werden lassen. Dabei ist uns wichtig, den Bewohner*innen zu zeigen, dass sie hier willkommen und nicht alleine sind. Bringt deshalb passende Schilder und Transparente/Banner mit, die das auf verschiedene Art und Weise und in verschiedenen Sprachen zum Ausdruck bringen.

Kommt am Samstag um 14 Uhr zum Südbahnhof in Gera!

Solidarität muss praktisch werden!

Die AAG ❤️🖤, Thüringer Antifaschist*innen und Antirassist*innen, AGST – Antifagruppen Südthüringen, AIS Saale-Holzland, alesa – Antifaschistische Linke Eisenach, BDP Thüringen, Dissens – Antifagruppe (Erfurt), Infoladen Sabotnik, JG Stadtmitte Jena, Ortsgruppe Jena des Thüringer VVN/BdA, Seebrücke Erfurt, Seebrücke Jena

Neu im Infoladen. Kunst, Spektakel & Revolution Nᵒ 8: Gegen/Öffentlichkeit

Gerade erschienen und zu den Veto-Öffnungszeiten im Infoladen zu haben: Nummer 8 der Schriftenreihe Kunst, Spektakel & Revolution zum Verhältnis von Ästhetik und Gesellschaftskritik. In der aktuellen Ausgabe geht es um ein Thema, dass vor 40 Jahren Ausgangspunkt der Bewegung der Infoläden war: Gegenöffentlichkeit. Das Heft bemüht sich um einen kritischen Begriff von Öffentlichkeit und diskutiert historische und gegenwärtige Formen von Gegenöffentlichkeit. Ausgangspunkt sind Erfahrungen im Bereich der Freien Radios und des Journalismus. Ausgehend davon unternimmt das Heft Ausflüge in die Geschichte von Zeitung, Film, Radio und stellt sich die Frage, ob in diesen Bereichen Stützpunkte errichtet werden können. Und es macht klar, wieso eine radikale Linke, die es ernst meint, die eigenen Inhalte nicht auf Insta veröffentlicht.

Die Einleitung und das Inhaltsverzeichnis gibt es online hier.

Repression hat viele Gesichter

Heute haben die Organisator*innen der alternativen Studieneinführungstage „Nächste Ecke Links“ (NäLi) eine Pressemitteilung zu Polizeischikanen bei einem Stadtrundgang in Erfurt am 28.10. veröffentlicht. Die Teilnehmer*innen wurden am Ende des Rundgangs, der im Rahmen der NäLi stattfand, festgesetzt und durchsucht. Die Begründung der Polizei ist so bizarr wie typisch für Erfurt: sie sahen „phänotypisch links“ aus – und das an einem Tag, an dem die Erfurter Innenstadt anscheinend für solche freigehalten werden sollte, die phänotypisch rechts aussehen, denn einige Stunden nach dem Stadtrundgang fand in Erfurt ein AfD-Aufmarsch statt. Die NäLi-Orga bringt auf den Punkt, wie die Stadtpolitik sich mal wieder positioniert: „Während Oberbürgermeister Bausewein die neu angekommenen Studierenden öffentlichkeitswirksam herzlich begrüßt, arbeiten die ihm unterstellten Sicherheits- und Polizeikräfte fleißig daran, junge Menschen abzuschrecken“, überhaupt reihe das Vorgehen der Polizei sich ein „in den Umgang mit vermeintlich störenden Personengruppen in Erfurt“ – Stichwort Moral Panic über lärmende Jugendliche im Park, Alkoholverbot in der Innenstadt, ständige Polizeikontrollen auf der Magdeburger Allee. Hier gibt es die ganze PM auf https://einfuehrungstage.blackblogs.org/.

Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft Gera heute massig Polizei in Bewegung gesetzt, um klar zu machen, was denen blüht, die sich in Thüringen Nazis in den Weg stellen. Zahlreiche Hausdurchsuchungen in Thüringen, Sachsen und anderen Bundesländern richten sich laut Bericht beim MDR gegen Teilnehmer*innen der 1.Mai-Demo in Gera, denen vorgeworfen wird, politische Straftaten begangen zu haben. Da es ja wenig plausibel ist, ein halbes Jahr nach einer Demo in den privaten Wohnräumen belastendes Material zu finden, geht es recht offensichtlich darum, den rabiaten Polizeieinsatz am 1. Mai, der u.A. mit dem Einkesseln hunderter Gegendemonstrant*innen einher ging, im Nachhinein zu rechtfertigen. Und natürlich um ein allgemeines Zeichen an alle Antifaschist*innen: Wer sich in Thüringen gegen Nazis stellt, muss damit rechnen, Ärger mit den Behörden zu kriegen.

SOKO Thüringen zur Demonstration „IHR KRIEGT UNS NICHT KLEIN“ in Eisenach am 18.11.2023

Am 18.11.2023 findet in Eisenach die antifaschistische Demo „IHR KRIEGT UNS NICHT KLEIN“ statt. Gegen Eisenacher Zustände, rechte Hegemonie, staatliche Repression gegen Antifaschist:innen: Kommt alle. Infos zur gemeinsamen Anreise folgen rechtzeitig.

Eisenacher Zustände

Eisenach ist eine mittelgroße Stadt mit 40 000 Einwohnenden am westlichen Rand Thüringens. Nicht fernab liegen westdeutsche Städte wie Bad Hersfeld, aus denen motivierte Neonazis nach Eisenach gezogen sind und ziehen, um ihre sogenannte national befreite Zone dort zu errichten und die schon seit langer Zeit fest etablierten Neonazistrukturen zu unterstützen. Eisenach gilt schon seit Dekaden als Hochburg rechter Gewalt. Die Rechten vor Ort bemühen sich, dieses Image aufrecht zu erhalten. Schon in den 90er-Jahren hat der Neonazi Patrick Wieschke – noch heute aktiv und mit Leon Ringl und co. vernetzt – einen Sprengstoffanschlag auf einen Dönerimbiss verübt. Durch die Verbindung zu Ringl und dessen Kameraden veröffentlichte Wieschke 2019 schon am Tag nach einem Angriff auf Ringl die Namen von Personen, die im Kontext dazu verhaftet wurden, auf Facebook. Hiermit begann die Jagd auf die Gefährt:innen im Antifa Ost-Prozess in den verschiedenen Neonazinetzwerken. Weiterlesen

32. Ratschlag am 10./11. November in Suhl

32. Ratschlag Thüringen

Wie immer ist der Ratschlag spät dran mit der Werbung und trotzdem findet er statt: 32. Antifaschistische und antirassistische Ratschlag Thüringen am 10. und 11. November 2023 in Suhl!

Wir teilen schonmal den Aufruf und hoffen, dass bald auch das Programm verfügbar ist. Das findet ihr dann wie immer auf der schicksten website ever, weil die Ninties ja wieder modern sind: https://ratschlag-thueringen.de

Was ist der Ratschlag

Seit Anfang der 1990er findet in Thüringen jährlich, in Gedenken an die Novemberpogrome 1938, der antifaschistische und antirassistische Ratschlag statt. Er ist dazu da, aktive Antifaschist*innen und Antirassist*innen zu vernetzen und inhaltliche und strategische Diskussionen außerhalb der eigenen Bubble gemeinsam zu führen. Auf dem Ratschlag kommen dafür seit über 30 Jahren Aktive aus Gewerkschaften, der Antira- und Antifa-Bewegung, aus Bürgerbündnissen, Parteien und undogmatischen linken Gruppen zusammen. Am 10. und 11. November 2023 findet der 32. antifaschistische und antirassistische Ratschlag in Suhl statt. Wir laden alle Interessierten ein, sich zu informieren, auszutauschen und mit uns zu vernetzen.
Südthüringer Provinz

„Im grünen Wald die rote Stadt, die ein zerschossen Rathaus hat“ – dieser Spruch am Suhler Rathaus wurde dort anlässlich der Vertreibung faschistischer Milizen während des Kapp-Putsches 1920 durch die kämpfenden Arbeiter*innen angebracht. Dabei ist es wahrscheinlich das Einzige, was heute noch daran erinnert, dass Suhl einst eine Hochburg der Arbeiter*innen-Bewegungen war. Heutzutage ist es eher dafür bekannt, die Stadt mit dem höchsten Altersdurchschnitt in Deutschland zu sein. Rückbau, Bevölkerungsverlust und Überalterung prägen die Stadt ebenso wie (Alltags-)Rassismus und faschistische Mobilisierung. Weiterlesen…

„Tatort Theater“

Fälle patriarchaler und sexueller Gewalt am Theater Erfurt aufdecken!

Am Theater Erfurt gehören sexuelle und patriarchale Gewalt zum Repertoire der Machterhaltung. Ihre Machtposition ermöglicht es den Tätern, sich erfolgreich gegenseitig zu schützen und den ihnen untergeordneten Schweigegebote aufzuerlegen und dadurch ein bislang ungebrochenes Kontinuum patriarchaler Gewalt aufrecht zu erhalten. Diese täterschützenden Strukturen beschränken sich nicht allein auf das Theater und sein unmittelbares Umfeld sondern…

Weiterlesen auf tatorttheater.noblogs

OAT im Oktober: Gemeinsam gegen Abschiebungen

via https://oaterfurt.blackblogs.org/

Gemeinsam gegen Abschiebungen!

Die Angst vor Abschiebung, sowie die andauernden Repressionen und Schikanen im Alltag belasten davon bedrohte Menschen schwer und können sich lähmend auswirken. Mit betroffenen und (potentiell) unterstützenden Menschen wollen wir ins Gespräch kommen, um mehr über Abschiebungen in Thüringen zu erfahren und zu überlegen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können.
Wir wollen darüber sprechen, wie wir in Zukunft Abschiebungen verhindern und zusammen solidarische Strukturen aufbauen können. Ab 16:30 Uhr wird es mehrere lockere Gesprächsrunden geben für Austausch, zum Kennenlernen und Vernetzen bei Kaffee, Tee & Kuchen.

Nach dem lockeren Austausch gibt es um 19:00 Uhr noch einen kurzen Erfahrungsbericht über Abschiebungen und Initiativen, die sich dagegen organisieren. Im Anschluss der Veranstaltung gibt es um 20:30 Uhr die Möglichkeit, gemeinsam zur Soli-Party ins Hackebeil zu gehen.

Bitte meldet euch bei uns (mail: oat-ef@riseup.net / insta: @oat.ef) wenn ihr Verdolmetschung, Fahrtkosten oder Kinderbetreuung benötigt. Wir schauen dann wie wir euch unterstützen können.
Wir freuen uns auf euch!

Freitag, 27.10.23
16:30 Uhr – Begegnungscafé
19:00 Uhr – Erfahrungsbericht
20:30 Uhr – gemeinsamer Weg zur Soli-Party
https://oaterfurt.blackblogs.org/


Together against deportations!

The fear of deportation, as well as the ongoing repression and harassment in everyday life, weigh heavily on people threatened by it and can have a paralyzing effect on them. We want to talk to people in concern and (potentially) supportive people in order to learn more about deportations in Thuringia and to consider how we can support each other. We want to talk about how we can prevent deportations in the future and build structures of solidarity. Starting at 4:30 p.m., there will be several informal discussions, getting to know each other and networking over coffee, tea and cake.

After the relaxed exchange, there will be a short experience report at 7:00 p.m. about deportations and initiatives that organize against them. After the event, at 8:30 p.m., there will be the opportunity to go together to the solidarity party at Hackebeil.

Please contact us (mail: oat-ef@riseup.net / insta: @oat.ef) if you need interpreting, travel expenses or childcare. We will then see how we can support you. We look forward to seeing you!

27.10.23
4:30 p.m. – Meeting Café
7:00 p.m. – Field report
8:30 p.m. – Walk together to the solidarity party


معًا ضد الترحيل!

إن الخوف من الترحيل، فضلاً عن القمع والمضايقات المستمرة في الحياة اليومية، يضع عبئاً ثقيلاً على الأشخاص المعرضين للخطر ويمكن أن يكون له آثار مشلولة. نريد التحدث إلى الأشخاص المتأثرين و(المحتملين) الداعمين لمعرفة المزيد عن عمليات الترحيل في تورينجيا والتفكير في كيفية دعم بعضنا البعض.
نريد أن نتحدث عن كيف يمكننا منع عمليات الترحيل في المستقبل وبناء هياكل التضامن معًا. من الساعة 4:30 مساءً سيكون هناك العديد من المناقشات المريحة للتبادل والتعرف على بعضنا البعض والتواصل عبر القهوة والشاي والكعك.

بعد التبادل الهادئ، سيكون هناك تقرير قصير عن التجارب في الساعة 7:00 مساءً. حول عمليات الترحيل والمبادرات التي تنظم ضدها. بعد انتهاء الحدث، ستكون هناك فرصة للذهاب إلى حفل التضامن في Hackebeil الساعة 8:30 مساءً.

يرجى الاتصال بنا (البريد الإلكتروني: oat-ef@riseup.net / insta: @oat.ef) إذا كنت بحاجة إلى ترجمة فورية أو تكاليف السفر أو رعاية الأطفال. سنرى بعد ذلك كيف يمكننا دعمك.
ونحن نتطلع إلى رؤيتكم!

27.10.23
4:30 مساءً – مقهى الإجتماعات
7:00 مساء. – تقرير الخبرة
8:30 مساءا. – السير معًا إلى حفلة التضامن


Li dijî sirgûnan bi hev re!

Tirsa ji dersînorkirinê, her weha zext û zordariya berdewam di jiyana rojane de, barekî giran dixe ser metirsiyê de û dikare bandorên felckirinê bike. Em dixwazin bi mirovên bi bandor û (bi potansiyel) piştgirî re biaxivin da ku li ser dersînorkirinên li Thuringia bêtir fêr bibin û bifikirin ka em çawa dikarin piştgiriyê bidin hev.
Em dixwazin biaxivin ka em çawa dikarin di pêşerojê de pêşî li sirgûnan bigirin û bi hev re avahiyên hevgirtinê ava bikin. Ji saet 16:30 dê çend gotûbêjên rihet ji bo danûstandinê, hevdû naskirin û tora li ser qehwe, çay û kekê hebin.

Piştî danûstendina rehet, wê saet di 19:00 de li ser serpêhatiyan raporek kurt were pêşkêş kirin. der barê sirgûn û însiyatîfa ku li dijî wê bi rêxistin dikin. Piştî çalakiyê saet di 20.30’an de wê derfet bê dayîn ku biçin şahiya hevgirtinê ya li Hackebeilê.

Ji kerema xwe bi me re têkilî daynin (post: oat-ef@riseup.net / insta: @oat.ef) heke hûn hewceyê şîrovekirinê, lêçûnên rêwîtiyê an lênihêrîna zarokan in. Wê demê em ê bibînin ka em çawa dikarin piştgirî bidin we.
Em li hêviya dîtina we ne!

27.10.23
16:30 – Meeting Café
19:00 – Rapora ezmûnê
20:30 – Bi hev re heta partiya hevgirtinê bimeşin

Protestaktion gegen das mediale Schweigen: Warum berichtet der MDR nicht über den türkischen Angriffskrieg?

gerne veröffentlichen wir folgende Zuschrift:

Aktivist*innen der Kampagne Women Defend Rojava konfrontierten im MDR-Landesfunkenhaus in Erfurt am 18.10.23 Mitarbeitende mit ihren Forderungen. Sie erklärten: „Seit dem 5. Oktober fliegt die Türkei heftige Luftangriffe, bei denen Zivilist*innen verletzt und getötet werden und lebensnotwendige Infrastruktur zerstört wird. Dies gilt im internationalen Völkerrecht als Kriegsverbrechen. Die internationale Gemeinschaft muss diese Angriffe des NATO-Mitglieds Türkei als Kriegsverbrechen verurteilen. Die deutschen Medien müssen darüber berichten!“

Es wurden Banner im Gebäude aufgehängt, Büros besucht und Flyer an die Mitarbeitenden verteilt. Parallel versammelten sich vor dem MDR-Landesfunkenhaus weitere Mitstreiter*innen und machten ebenfalls mit Flyern und Bannern auf die Lage in Nordsyrien und dem Nordirak aufmerksam.

Neuerscheinung und Releaseparty: „Radikalisiert euch!“

Von den Genoss*innen des Instituts für Radikalisierungsforschung beim Bildungskollektiv Biko gibt es einen neuen Sammelband. Das Buch heißt „Radikalisiert euch!“ und will zum einen emanzipatorische (linke) Radikalisierungsprozesse in Gang zu setzen. Zum anderen wird die derzeit angesagte Deradikalisierungslogik kritisiert. (Kein Tag vergeht, in dem nicht irgendwer besorgt feststellt, irgendwelche Nazis oder Schwurbler hätten sich „radikalisiert“, obwohl die, um die es hier geht, ja mit ihrer Kritik keinesfalls an die Wurzeln gehen.)

Das Buch kostet 14,80€ und ist im Infoladen zu haben.

Außerdem findet am 4.11. im veto eine Release-Party statt, bei der Autor*innen und Herausgeber*innen das Buch und ihre Beiträge bei einer Podiumsdiskussion und mehreren Workshops zur Diskussion stellen. Zum abendlichen Ausklang wird das Theaterstück „Bei den Linken“ geboten.

Mehr dazu auf der Webseite zum Buch.

Ganser in Erfurt, CDU beunruhigt

Am 14 und 15.11.2023 soll Daniele Ganser in der Alten Oper Erfurt auftreten. Schon 2018 hatte der Verschwörungstheoretiker in der Alten Oper gesprochen. ATTAC Erfurt, der AntiRa Campus Erfurt, die Antifaschistische Koordination Erfurt, Jusos und GRÜNE Jugend, das Biko, Martina Renner, die Falken Erfurt und wir hatten damals die Absage der Veranstaltung gefordert. Passiert war daraufhin nichts. Aber 2023 verbreitet Ganser nicht nur für Antisemitismus anschlussfähige Verschwörungstheorien, sondern verortet in seinen Vorträgen (ganz in antiamerikanischer Tradition) die Gründe für den Ukraine-Krieg einseitig aufseiten des US-Imperialismus. Und hier ist nun wirklich eine Grenze erreicht. Antisemitismus, das geht ja noch, aber Wehrkraftzersetzung? Entsprechend fordert (laut einem TA-Artikel) jetzt auch die CDU, dass die Veranstaltung zumindest aus dem offiziellen Veranstaltungskalender der Stadt Erfurt gestrichen wird. Dem ist der Oberbürgermeister nachgekommen.

Auf dem Lokalsender Salve-TV hatte sich Peter Aßmann von Nemo Entertainment (der Event-Agentur, die Gansers Shows organisiert) schon im März ausführlich darüber beschwert, dass Ganser immer wieder kritisiert und sogar ausgeladen wird – und das, so Aßmann, in der Regel ohne Argumente. Auch wenn es Herrn Aßmann, ebenso wie Gansers Pressesprecher Dirk Wächter (aus Sömmerda*), dem Oberbürgermeister, der CDU und dem Inhaber der Alten Oper schon 2018 gelungen ist, sämtliche Argumente gegen Ganser zu ignorieren, wollen wir sie mal wieder auffrischen:

Ganser nutzt typische verschwörungstheoretische Argumentationsmuster. Seine erste Frage ist immer »Wem nützt es?« – damit will er nahelegen, dass diejenigen, die von einem Geschehen profitieren, dafür auch verantwortlich sind.

Ganser verwechselt Korrelation mit Koinzidenz, wenn er bei allen möglichen Phänomenen nahelegt: »Das kann kein Zufall sein!«. Aber wer wissenschaftlich vorgeht, muss nicht nur zeigen, dass bestimmte Phänomene zusammen auftreten, sondern auch, welchen Zusammenhang es zwischen beiden gibt. So werden in Regionen mit vielen Störchen auch viele Kinder geboren. In Gansers Logik lässt sich daraus der Schluss ziehen, der Storch bringe die Babys.

Ganser umgibt sich mit der Aura der Wissenschaftlichkeit und wedelt bei jeder Gelegenheit mit seinem Doktortitel, um seine Autorität zu untermauern. In der Wissenschaft hat er aber nichts zu melden: Eine Rezension von Gansers Dissertation spricht von dubiosen Analysen und sieht bestenfalls »eine journalistische Arbeit mit einem großen Löffel Verschwörungstheorien«. Seinen letzten Lehrauftrag in St. Gallen hat er 2018 verloren**, durch die Zeilen wird deutlich, dass sein Geschäftsmodell (steile Thesen in großen Hallen) einfach zu unseriös ist, um für eine Hochschule tragbar zu sein.

Ganser argumentiert in einfachen Gut-Böse-Schemata, sowohl beim Umgang mit seinen Quellen wie auch mit seinen Kritiker_innen. Wer ihn kritisiert, gehört zur gleichgeschalteten Systempresse, wer ihn unterstützt, wird zur seriösen Quelle erklärt, wie z.B. die verschwörungstheoretische Webseite KenFM, das COMPACT-Magazin (Sprachrohr von Pegida und AfD) und der deutsche Ableger des russischen Staatsfernsehens Russia Today.

Mit seinen unterhaltsamen Vorträgen voller verschwörungstheoretischer Andeutungen rund um 9-11, Corona und die Weltpolitik füllt er große Hallen und nimmt über 30-40€ pro Ticket. Das esoterikkritische Psiram-Wiki bezeichnet ihn entsprechend als Verschwörungsunternehmer, ganz ähnlich sind die Einschätzungen von Belltower News und dem Volksverpetzer.

Ganser pflegt Kontakte zur Nazi-Szene, deutlichster Beleg dafür ist vielleicht ein Gespräch zwischen Ganser, Jürgen Elsässer und dem verurteilten Rechtsterroristen Karl-Heinz Hoffmann, das auf Youtube zu finden ist. Aber auch seine Auftritte beim Bautzner Friedenspreis und der Anti-Zensur-Koalition von Ivo Sasek machen deutlich, dass er keinen Anlass sieht, sich von Reichtsbürgern, identitärer Bewegung, Holocaustleugner_innen, autoritären Sektenführern oder der AfD abzugrenzen.

2018 hatten wir Gansers »in rhetorische Fragen verpackte Kultur der Hetze gegen Sündenböcke« als »Spiel mit dem Feuer« bezeichnet, dass »in einer Zeit, in der rechtspopulistisches und ungleichheitsorientiertes Denken auf dem Vormarsch ist« zur »Faschisierung der Gesellschaft« beiträgt. Dem ist wenig hinzuzufügen – nur dass fünf Jahre später der Faschismus in Thüringen noch weitaus anschlussfähiger ist als 2018.

 

* In der ursprünglich veröffentlichten Version hieß es, Dirk Wächter sei auch aus Erfurt, wir haben das am 27.8.2023 korrigiert. Danke für den Hinweis.

** Anscheinend hat die Aargauer Zeitung den Artikel inzwischen aus dem Netz entfernt, wir haben deswegen jetzt die Version von archive.org verlinkt

(K)Eine Antirademo ohne Zecken!

Die Genoss*innen von Dissens haben anlässlich der Demo am Samstag einen ausführlichen Kommentar zur Unmenschlichkeit der Asylpolitik geschrieben. Die aktuellen Verschärfungen des Asylrechts werden dort als Ergebnis einer Arbeitsteilung zwischen faschistischem Mob und bürgerlicher Politik analysiert, die Ignoranz der bürgerlichen Zivilgesellschaft kritisiert. Der Anklage gegen die Verlogenheit der Standordschützer*innen können wir uns anschließen. Auch wir haben uns gewundert, wieso am Samstag so wenige auf der Straße waren — würden aber, um das zu verstehen, in mehrere Richtungen blicken:

Wo war die bürgerliche Zivilgesellschaft?
Wie Dissens eingangs in einem Nebensatz andeutet, gibt es da dieses zivilgesellschaftliche Milieu, das vor allem gegen Nazis auf die Straße geht. Und ja, das hat oft einen Touch von „Volksgemeinschaft gegen Rechts“, also davon, „unsere“ (wie es dann heißt) großartige Demokratie gegen das bedrohliche Außen der Faschisten zu beschützen. Womit die Tendenz einhergeht, zu übersehen, dass der Rassismus, der Sexismus, die Ausbeutung von den Demokrat*innen in Regierung und Verwaltung organisiert werden und dass — wenn wir mal Body-Count machen — die Grenzen der Festung Europa weitaus mehr Todesopfer fordern als die Nazi-Schläger auf der Straße. Und ja, das hat dann auch was von Not-in-my-Backyard — gegen Frontex kann man ja eh nix machen, deswegen demonstrieren wir zusammen mit denen, die Frontex finanzieren, gegen Nazis in unserem Viertel. Und eben nicht zusammen mit Geflüchteten und Rassismusbetroffenen gegen die Politik der Regierung.

Wo waren die Zecken?
Gleichzeitig war aber bei der GEAS-Demo ein anderes Segment der Linken kaum vor Ort — nämlich Linksradikale und Antifa. Obwohl linksradikale Gruppen, vor allem Dissens, für die Demo mobilisiert haben, ist es kaum gelungen, unser Milieu zur Teilnahme zu bewegen. Während die krasse Repression gegen Genoss*innen im Antifa-Ost-Verfahren zu großen Demos und vollmundigen Ankündigungen von Sachschaden führen, sind Vorgänge wie der Brand in einem Lager in Apolda und die aktuelle GEAS-Reform anscheinend nicht Skandal genug, um viele erlebnisorientierten Genoss*innen auf die Straße zu locken — dabei gäbe es Ziele genug vor Ort, und auch bei der Demo wäre ein solider Schutz vor Anfeindungen und Angriffen auf der Straße nicht schlecht gewesen.

Über die Gründe der schwachen Beteiligung von Linksradikalen können wir nur spekulieren. Inhaltlich oder politisch lässt sie sich kaum verstehen: Demonstriert wurde am vergangenen Samstag gegen die rassistischen Verhältnisse, die vor allem in Redebeiträgen auch in ihrem kapitalistischen Zusammenhang kritisiert wurden. Woran liegt es also? Wenn wir dazu Mutmaßungen anstellen, sind wir schnell bei kulturpessimistischen Ideen über ritualisierte Abgrenzung, Fragmentierung der Öffentlichkeit durch Social Media oder halbierter Radikalität, die nur noch in klugen Texten stattfindet, nicht im gemeinsamen Handeln. Also: Was denkt ihr? Schreibt uns gerne, wenn Ihr Ideen dazu habt.

Was auch immer die Gründe sind, bei der nächsten Antira-Demo, die von selbstorganisierten Gruppen organisiert werden, hoffen wir auf eine weitaus breitere Beteiligung aus der linksradikalen Szene.

EUROPAS GRENZEN TÖTEN – Demo in Erfurt a, 22.7.2023

EUROPAS GRENZEN TÖTEN
Keine Kompromisse beim Asylrecht! Stoppt die GEAS-Reform!

Demo am 22.07.2023 in Erfurt
Start: 17 Uhr, Hauptbahnhof (Willy-Brandt-Platz)

Abschottung, Abschreckung, Abschiebung, Lager, Sterbenlassen an den Außengrenzen und im Mittelmeer – so sieht die Politik Europas längst aus. Nun hat der Rat der EU die Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) und damit eine der schärfsten Asylreformen seit Jahrzehnten beschlossen. Die GEAS-Reform würde die ohnehin schon rassistische und tödliche Politik der EU verstärken. Es droht die Abschaffung von dem, was vom Recht auf Asyl noch übrig ist. Schweigen und Gleichgültigkeit verstehen politische Entscheidungsträger*innen als Zustimmung. Doch wir nehmen das nicht hin und sagen: Nicht in unserem Namen! Entsetzen und Ohnmacht verwandeln wir in Wut, Solidarität und Widerstand.

Für das Recht zu kommen und zu bleiben! Für ein gutes, selbstbestimmtes Leben für alle Menschen! Bringen wir die Festung Europa Stein für Stein zum Einsturz.

Wir sehen uns am 22. Juli in Erfurt auf der Straße!

Solidarische Grüße,
Jugendliche Ohne Grenzen Thüringen & Seebrücke Erfurt

 

*** ENGLISH ***

KILLING EUROPE’S BORDERS
No compromise on asylum law! Stop the CEAS reform!

Demo on 22.07.2023 in Erfurt
Start: 5 pm, Erfurt main station (Willy-Brandt-Platz)

Isolation, deterrence, deportation, camps, leaving people to die at the external borders and in the Mediterranean Sea- this is what Europe’s policy has already looked like for a long time/ a racist European policy that has been for a long time/ to describe the already racist current European policy. Now the Council of the EU has decided on the reform of the „Common European Asylum System“ (CEAS) and thus on one of the most drastic asylum reforms in decades. The CEAS reform would reinforce the EU’s already racist and deadly policies. It threatens to abolish what is left of the right to asylum. Silence and indifference is what policy makers understand as consent. But we do not accept this injustice? and say: Not in our name! We transform shock and powerlessness into anger, solidarity and resistance.

For the right to come and stay! For a good, self-determined life for all people! Let’s bring down fortress Europe brick by brick.

See you on the streets of Erfurt on July 22!

Solidarity,
Jugendliche Ohne Grenzen Thüringen & Seebrücke Erfurt

Donnerstag, 12 Uhr: No more camps! Kundgebung vor dem Bundesverwaltungsgericht

Am Donnerstag finden zwei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig statt. Geflüchtete wehren sich dort gegen die menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern. Vorausgegangen war, dass mehrere Insass*innen gegen eine Razzia (Ellwangen) und die Hausordnung (Freiburg) geklagt hatten. In beiden Verfahren geht es darum, ob die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) auch im Lager gilt. Mit möglicherweise bedeutsamen Konsequenzen: Wenn dieses Grundrecht im Lager gilt, müssen viele Rechtsnormen und Verfahren verändert werden, u.A. ist damit fraglich, ob eine Abschiebung direkt aus dem Lager weiter möglich ist. Aber auch die ganz üblichen Schikanen, von denen immer wieder berichtet wird (kein Schlüssel für’s eigene Zimmer, keine Privatsphäre, Security ohne Anklopfen im Zimmer, etc.) müssen ggf. verändert werden.  Es geht also um Einiges, und das in einer Zeit, in der auch politisch verhandelt wird, wie die Mauer um die Festung Europa noch höher und tödlicher gemacht werden kann.

Zur Unterstützung der Klagenden und ihrem Anliegen findet am 15.6 von 12 bis 14 Uhr vor dem Bundesverwaltungsgericht (Simsonplatz 1, Leipzig) eine Kundgebung statt.

Der passende RB20 fährt 9.58 in Erfurt, 10.16 in Weimar.

Mehr dazu bei https://grundrechte-am-eingang-abgeben.de/

Samstag: Kudgebungen in Erfurt und Eisenberg

Für Kurzentschlossene zwei Kundgebungen am Wochenende: In Eisenberg findet 15-19 Uhr im Friedenspart eine Kundgebung gegen den rassistischen Konsens (hier mehr bei AIS) statt. In der ostthüringer Kreisstadt wird seit 2019 ein Stadtfest gefeiert, dass den kolonialrassistischen Kontext des Stadtwappens nicht etwa reflektiert bearbeitet, sondern abfeiert.

In Erfurt lädt die Initiative mit-wachsen ab 13 Uhr auf dem Fischmarkt zu einer Diskussionsrunde im öffentliche Raum ein. Es geht um Rassismus, um strukturelle Diskriminierung und darum, dass es in Deutschland nunmal so läuft. Wie es nun eben läuft.

„Ein Lager ist kein Zuhause, ein Lager ist kein sicherer Ort“

Nachdem gestern in Erfurt ca. 150 Menschen ihre Trauer und Wut anlässlich des tödlichen Brandes in Apolda am Wochenende bei einer Kundgebung vor der Staatskanzlei zum Ausdruck gebracht haben, wurde heute unter dem Titel „Ein Lager ist kein Zuhause, ein Lager ist kein sicherer Ort“ eine ausführliche Stellungnahme zum Brand in der Geflüchtetenunterkunft in Apolda, Evakuierung und Unterbringung der Betroffenen (PDF) veröffentlicht. Deutlich wird die Kontinuität von Gewalt und Ausgrenzung, die in Thüringen von Nazis ausgeht, aber auch von der herrschenden Politik. Die Unterbringung von Menschen in Lagern ist menschenunwürdig und, wie sich am Wochenende erneut gezeigt hat, potentiell lebensgefährlich. Wie das ganze Grenzregime, das gerade unter Zustimmung der Bundesregierung erneut verschärft wird. Diejenigen, die das politisch beschließen und auf Seiten der Exekutive durchsetzen, sind verantwortlich für die Toten und das Leid, das daraus erwächst.

Brand in Lager für Geflüchtete in Apolda

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat es in einem Lager in Apolda gebrannt. Die Brandursache ist noch unklar, aber wer Thüringer Verhältnisse kennt, fragt sich bei dieser Nachricht natürlich sofort, ob da nicht die Nazis die Finger im Spiel hatten oder brave Bürger*innen jemanden zum Brandstiften angeheuert haben. Auch wenn das nicht der Fall ist, zeigt der Umgang mit den Bewohner*innen nach dem Brand die unwürdigen Umstände auf, die mit einer Kasernierung einhergehen, wie die Seebrücke (Erfurt und Jena), Jugendliche ohne Grenzen und die ‚Initiative Abschiebezentrum BER Verhindern‘ in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 4.6.2023 scharf kritisieren:

Scharfe Kritik am Umgang mit tödlichem Brand in Lager für Geflüchtete in Apolda

Am Sonntagmorgen (04.06.) ist ein tödlicher Brand in einem Lager für Geflüchtete in Apolda ausgebrochen. Ein neunjähriges Kind ist gestorben und es gibt mehrere Verletzte. Bereits im letzten Jahr, am 11.10.2022, gab es in Apolda einen rechten Anschlagversuch auf ein Lager für Geflüchtete. Seebrücke Jena und Erfurt, Jugendliche ohne Grenzen und die Initiative Abschiezentrum BER Verhindern üben scharfe Kritik am zögerlichen und unangemessenen behördlichen Vorgehen.

Entgegen der offiziellen Pressemitteilung des Ministeriums beschreiben Menschen vor Ort die Evakuierung nicht als reibungslos. Berichten der Betroffenen zufolge, dauerte es bis zu einer halben Stunde, bis der Krankenwagen und die Feuerwehr eintrafen. Zudem wurde die Evakuierung und Versorgung nach Nationalitäten getrennt durchgeführt: Priorisiert wurden ukrainische und russische Geflüchtete. Nachdem die etwa 250 Menschen um 5 Uhr morgens evakuiert wurden, mussten sie sieben Stunden draußen auf einem Sportplatz ausharren. Ein Bewohner versuchte, den Sportplatz zu verlassen, um zur Arbeit zu gehen, und wurde daraufhin von der Polzei gewaltsam festgehalten und mitgenommen. Als es mehrere Stunden nach dem Brand gelang, mit einer Person in Telefonkontakt zu treten, hatten die Behörden den Betroffenen bislang nur Wasser und Äpfel angeboten. Gegen 16 Uhr gab es immer noch keine angemessene Verpflegung. Die Bewohner*innen aus Apolda sollen jetzt in einer umfunktionierten Lagerhalle in Hermsdorf untergebracht werden. Dort gibt es lediglich Doppelstockbetten, die teils nur mit Vorhängen voneinander abgetrennt sind.
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Blockade gegen Abschiebeversuch in Arnstadt

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben über 50 Menschen einen Abschiebeversuch in Arnstadt blockiert. Die Aktivist*innen erfuhren kurzfristig von der angekündigten Abschiebung, zeigten sich spontan solidarisch und versuchten, sich dem Abschiebevorhaben durch eine Blockade in den Weg zu setzen.

Gegen 3.30 Uhr traf ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Ilmkreis, begleitet von einem Aufgebot von anfangs ca. 20 Cops, ein. Der Mitarbeiter stellte sich der solidarischen Masse als Herr Schramm vor und forderte die Menschen, die mit ihren Körpern die Eingänge zum Haus blockierten, auf, den Weg frei zu machen. Diese reagierten darauf, indem sie mit Rufen ihr Anliegen deutlich machten: „No border, no nation! Stop deportation!“ Daraufhin versuchte Herr Schramm mit manipulativen Aussagen die Menschen zu verunsichern und sie zu überzeugen den Weg frei zu machen. So behauptete er beispielsweise nur mit der Betroffenen Person reden zu wollen und versuchte der Blockade einzureden, sie würden die Situation des Betroffenen verschlechtern. Man ließ sich nicht beirren und blieb standhaft. Die Cops forderten Verstärkung an und bereiteten die Räumung vor, indem sie begannen, die Menschen zu zählen, mit Taschenlampen in ihre Gesichter zu leuchten und abzufilmen. Der Einsatzleiter startete seine Ansprache mit einer Beleidigung.

Die Menschen vor den Hauseingängen ließen sich nicht beirren und blieben. Unter der fadenscheinigen und in Anbetracht der Abschiebung zynischen Begründung, Flucht- und Rettungswege sicherstellen zu wollen, begann die Polizei gegen 5 Uhr mit Verstärkung von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten die Blockade am Vordereingang zu räumen. Die Polizei griff dabei brutal zu, zerrte, trat und schlug zu und schliff Menschen teils mit Schmerzgriffen weg. Die Blockade vor dem Hintereingang des Mehrfamilienhauses hatte sich derweil nach innen auf das Treppenhaus verlagert, um den Weg zur Wohnung abschiebebedrohten Menschen zu versperren. Das Räumkommando drang ins Haus ein und begann auch hier, die Antirassist*innen wegzutragen. Allen Personen wurden Platzverweise für die Straße oder die ganze Stadt erteilt und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen.

Im Nachhinein erfahren die Blockierenden, das war bereits der zweite Versuch einer Abschiebung von Mitgliedern der betroffenen Familie nach Bulgarien innerhalb eines Monats. Der vorhergegangene Versuch wurde nur deshalb nicht umgesetzt, da sich ein Familienmitglied aus dem Fenster der Wohnung stürzte und danach im Krankenhaus behandelt werden musste.

Normalerweise gehen Abschiebungen still und leise vonstatten. Aber wir sehen: Wir sind nicht machtlos gegen Abschiebungen! Solidarischer Widerstand kann klappen. Trotz der gewaltvollen Räumung konnte auch in der gestrigen Nacht niemand abgeschoben werden. Wie es nun um die weitere rechtliche Situation der betroffenen Person steht, ist unklar. Weitere Abschiebeversuche würden folgen, drohte der zuständige Sachbearbeiter Herr Schramm aus der Ausländerbehörde. Dieser hat offenbar ein besonderes Interesse, die einzelnen Familienmitglieder abzuschieben. Die Blockierenden erfahren, dass er der betroffenen Person gar Abschiebehaft angedroht hat, sollte er sich der Abschiebung entziehen.

Wir stehen weiter solidarisch an der Seite der hier und in allen weiteren Fällen von Abschottung und Rassismus betroffenen Personen und werden so oft es geht der Sand im Getriebe der Abschiebemaschinerie sein. Machen wir den Behörden jeden Abschiebeversuch so schwer, nervig, unangenehm und teuer, dass sie sich in Zukunft besser 161 mal überlegen, ob sie es nicht lieber lassen.

Klar ist: Fluchtwege freizuhalten und Solidarität praktisch werden zu lassen ist kein Verbrechen. Menschen in Länder abzuschieben, in denen sie grundlos inhaftiert werden, unter unwürdigen Umständen leben müssen und von Kettenabschiebungen (wie beispielsweise hier nach Syrien) bedroht sind – das ist eines!

Der Text ist eine leicht bearbeitete Zuschrift, vielen Dank dafür! Ergänzend ist zu sagen: Wenn ihr dabei wart, eure Personalien aufgenommen wurden und ihr Post von der Polizei bekommt, meldet euch bei der Roten Hilfe.

Soli-Antifa-Ost in Weimar


Goethe und Schiller haben heute über Telegram ihre Solidarität mit den Angeklagten im Antifa-Ost-Verfahren bekundet: „Wir stehen solidarisch mit den Angeklagten des Antifa Ost Verfahrens und allen anderen verfolgten Antifaschist*innen. Denn für uns ist klar: Antifaschismus kann kein Verbrechen sein, sondern ist Pflicht eines Jeden!“

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