Nationales Stipendienprogramm in Kraft
Gestern ist das im Juli vom Bundestag beschlossene Nationale Stipendienprogramm in Kraft getreten. Das Bundesministerium für Forschung erklärt dazu:
Ziel des nationalen Programms ist es, begabte Studierende an allen staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland durch ein Stipendium zu unterstützen. Finanzielle Hindernisse für die Aufnahme eines Studiums sollen so abgebaut und Anreize für Spitzenleistungen geschaffen werden.
Wir erinnern uns: 2009 haben beim bundesweiten Bildungsstreik nach Eigenangaben 200.000 Student_innen und Schüler_innen protestiert. Wogegen, oder (meist eher) wofür, war nicht immer so klar. Eine kleine Theoriefraktion hat beständig auf die Rolle der Bildung im Kapitalismus hingewiesen, auf ihre Rolle als Lieferantin von Arbeitskräften und für die Reproduktion von Eliten. Bei der Masse sah es oft eher so aus, als ginge es darum, die eigene Elitenposition zu verteidigen, Hand in Hand mit der Hochschulleitung gegen Mittelkürzungen und für den Standort.
Nun, zumindest die letzte Forderung wurde durchgesetzt: Bildung ist der einzige relevante Haushaltsposten, der von dem im Juni beschlossenen Sparpaket nicht betroffen ist. Allerdings wird der Modus der Verteilung verändert. Ging es bei dem in den 1970er-Jahren eingeführten BAföG explizit darum, Arbeiter_innenkindern ein Studium zu ermöglichen, geht die sukzessive Umstellung auf Stipendien in die entgegengesetzte Richtung: Statt Kinder aus „bildungsfernen Schichten“ zu fördern, um einen Ausgleich für soziale Benachteiligung zu schaffen, erhalten diejenigen eine zusätzliche Förderung, die sowieso einen leichten Zugang zu Bildung haben. Denn bis man in der Bildungskarriere dahin kommt, wo Stipendien für Höchstleistungen vergeben werden, sitzen die Jaquelines und Mehmets aus Neuköln längst beim Penny an der Kasse oder bei der Arge auf dem Flur.
Und wie verhält sich die Student_innenbewegung dazu? Sie hält weitestgehend die Klappe. Kein Wort vom bundesweiten Bildungsstreik, keine Stellungnahme vom lokalen AK Kritik, keine Uni brennt. Eine Erklärung für diese Ignoranz wären die Semesterferien. Klar, da muss man Hausarbeiten schreiben. Wahrscheinlicher als diese Deutung ist aber leider, daß die Student_innenbewegung politisch versagt hat, weil sie sich von Anfang an auf die Besitzstandswahrung des Bildungsbürgertums konzentriert hat, statt das Bündnis mit anderen sozialen Kämpfen zu suchen und die eigene Rolle als zukünftige Funktionselite zu reflektieren.