Alle Menschen, die ein bess‘res Leben wünschen, soll‘n sich einloggen
1981 veröffentlichten die BOTS den Soundtrack zur westdeutschen Friedensbewegung: „Alle Menschen, die ein bess’res Leben wünschen, sollen aufstehen“. Gegen die Startbahn West, gegen Berufsverbote, Polizeigewalt und Atomraketen gingen zehntausende auf die Straße, die Band bezog sich auf diese heterogenen Bewegungen. Auch 2018 gehen zehntausende auf die Straße, gegen Nazis, gegen den G20, gegen Abschiebung und die Kriminalisierung der Seenotrettung. Das aktuelle „Aufstehen“ von Wagenknecht und Lafontaine hat damit wenig zu tun. Es sieht eher so aus, als habe die außerparlamentarische Opposition das Vertrauen der Parteioberen verloren, weswegen letztere nun ihre eigene Bewegung gegründet haben. Das ist nicht der erste Versuch dieser Art: Schon Ende 2015 wurde aus dem politischen Umfeld der Thüringer Landesregierung mit der Kampagne „Mitmenschlich“ eine Art Bewegungssimulation in Gang gesetzt. Die Idee, den Schwung der Grenzöffnungen von 2015 zu verstärken, bevor die Reaktion einschlägt und (wie dann nach dem 1. Januar 2016 geschehen) den Diskurs wieder übernimmt, war gut. Leider geschah das zentral von oben geplant, und so musste es scheitern: Obwohl Verbände, Gewerkschaften und Parteien jede Menge Geld und Arbeitskraft in der Geschichte versenkt haben, kamen gerade mal 6000 Menschen auf den Domplatz — womöglich wären es mehr gewesen, wenn die lokale Bands bei Bratwurst und Modenschau ohne Politik aufgetreten wären. Weitergehendes Engagement, wie vollmundig angekündigt, fand nicht statt. Und so wird es auch mit „Aufstehen“ enden, ein paar Polit-, Kultur- und Marketing-Profis tun so, als wären sie wahlweise die neue APO oder „der kleine Mann“, bedienen ein paar Resentiments, was der PDL am Ende 0,7% Wähler vom rechten Rand bringt und 0,7% vom linken Rand kostet. Aber: Es werden Arbeitsplätze und innovativer Social-Media-Content geschaffen. Ein Glück.