Aufruf: Eine Stadt für Alle? Gegen den rassistischen Konsens in Eisenberg und überall!
Im kleinen Eisenberg wirkt, wie in vielen deutschen Städten, das weit zurückreichende koloniale Erbe auf problematischste Weise nach: Als Wahrzeichen der Stadt gilt die Figur eines halbnackten Schwarzen Menschen in Federrock, mit Goldschmuck, der in exotisierender Darstellung auf einem Brunnen am Markt prangt. Nach diesem sog. „M.“, der essentieller Teil der Entstehungssage zum Stadtwappen ist, sind hier eine Apotheke, ein Hotel und eine Straße benannt. Leider wurde ein kritischer Umgang mit dieser Reproduktion rassistischer Klischees in der jüngeren Vergangenheit völlig außer Acht gelassen.
Stattdessen wird seit 2019 ein neues Stadtfest mit der Bezeichnung “M-Fest” veranstaltet, und das obwohl bundesweit schon seit Jahren Debatten über die Umbenennung von öffentlichen Orten geführt werden, deren Namen fragwürdige/problematische Geschichtsbilder glorifizieren.
Auf dem Fest selbst wird die Diskriminierungskultur durch Theatervorführungen der besagten Entstehungssage des Stadtwappens weitergeführt. Als Schwarze Menschen verkleidete weiße Kinder spielen unbedarft nach, wie die namensgebende Sklavenfigur nach einer Verwechslung und anschließender Begnadigung durch den Feudalherren als Silhouette in tief schwarzer Färbung und mit großen roten Lippen den Weg auf das Stadtwappen findet.
2022 findet dieses Fest trotz der immensen öffentlichen Kritik durch antirassistische Verbände (u. a. der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland), die immer wieder den Dialog mit der Stadt gesucht haben und über Jahre auf Abstand gehalten wurden, nun zum dritten Mal statt. Aufklärungsarbeit konnte so nie wirklich anlaufen, womit sich die laut Bürgermeister Michael Kieslich (CDU) in der Stadt herrschende „offene und vielfältige Kultur“ selbst ad absurdum führt.
Obwohl von Kieslich medienwirksam beteuert, existiert in der Praxis keinerlei Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Namen des neuen Stadtfest. Dieser Status Quo, in dem weiße Menschen ihre Eigenverantwortung zur Aufarbeitung verinnerlichter Rassismen leugnen, ist für uns nicht mehr länger hinnehmbar.
Wir, eine Initiative von Menschen aus Eisenberg, dem SHK und der näheren Umgebung stellen uns gegen ein Stadtfest mit derartiger Namensgebung. Dass insbesondere die Kritik von Schwarzen Menschen ignoriert und nicht ernstgenommen wird, macht einmal mehr deutlich, wie tief verwurzelt Rassismus in Deutschland ist.
Unsere Forderungen:
- Das „M-Fest“ soll umbenannt werden.
- Die Stadt Eisenberg soll sich in einer ernsthaften Aufarbeitung klar gegen Rassismus und den derzeitig bestehenden Namen des Stadtfestes positionieren.
Um unseren Unmut zum Ausdruck zu bringen, veranstalten wir nach eigenen Vorstellungen eine Kundgebung, die deutlich Position für die Umbenennung des Stadtfestes bezieht. Bei spannenden Redebeiträgen, Musik, Workshops und anderem Heckmeck wollen wir sichtbar Stellung zu den von uns kritisierten Missständen beziehen und ein Angebot schaffen, damit Betroffenen endlich zugehört wird.
Deswegen laden wir Sie und euch herzlich ein, am 18. Juni 2022 von 14 bis 20 Uhr an unserer Kundgebung teilzunehmen. Eisenberg, es reicht!