Blockade gegen Abschiebeversuch in Arnstadt
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben über 50 Menschen einen Abschiebeversuch in Arnstadt blockiert. Die Aktivist*innen erfuhren kurzfristig von der angekündigten Abschiebung, zeigten sich spontan solidarisch und versuchten, sich dem Abschiebevorhaben durch eine Blockade in den Weg zu setzen.
Gegen 3.30 Uhr traf ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Ilmkreis, begleitet von einem Aufgebot von anfangs ca. 20 Cops, ein. Der Mitarbeiter stellte sich der solidarischen Masse als Herr Schramm vor und forderte die Menschen, die mit ihren Körpern die Eingänge zum Haus blockierten, auf, den Weg frei zu machen. Diese reagierten darauf, indem sie mit Rufen ihr Anliegen deutlich machten: „No border, no nation! Stop deportation!“ Daraufhin versuchte Herr Schramm mit manipulativen Aussagen die Menschen zu verunsichern und sie zu überzeugen den Weg frei zu machen. So behauptete er beispielsweise nur mit der Betroffenen Person reden zu wollen und versuchte der Blockade einzureden, sie würden die Situation des Betroffenen verschlechtern. Man ließ sich nicht beirren und blieb standhaft. Die Cops forderten Verstärkung an und bereiteten die Räumung vor, indem sie begannen, die Menschen zu zählen, mit Taschenlampen in ihre Gesichter zu leuchten und abzufilmen. Der Einsatzleiter startete seine Ansprache mit einer Beleidigung.
Die Menschen vor den Hauseingängen ließen sich nicht beirren und blieben. Unter der fadenscheinigen und in Anbetracht der Abschiebung zynischen Begründung, Flucht- und Rettungswege sicherstellen zu wollen, begann die Polizei gegen 5 Uhr mit Verstärkung von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten die Blockade am Vordereingang zu räumen. Die Polizei griff dabei brutal zu, zerrte, trat und schlug zu und schliff Menschen teils mit Schmerzgriffen weg. Die Blockade vor dem Hintereingang des Mehrfamilienhauses hatte sich derweil nach innen auf das Treppenhaus verlagert, um den Weg zur Wohnung abschiebebedrohten Menschen zu versperren. Das Räumkommando drang ins Haus ein und begann auch hier, die Antirassist*innen wegzutragen. Allen Personen wurden Platzverweise für die Straße oder die ganze Stadt erteilt und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen.
Im Nachhinein erfahren die Blockierenden, das war bereits der zweite Versuch einer Abschiebung von Mitgliedern der betroffenen Familie nach Bulgarien innerhalb eines Monats. Der vorhergegangene Versuch wurde nur deshalb nicht umgesetzt, da sich ein Familienmitglied aus dem Fenster der Wohnung stürzte und danach im Krankenhaus behandelt werden musste.
Normalerweise gehen Abschiebungen still und leise vonstatten. Aber wir sehen: Wir sind nicht machtlos gegen Abschiebungen! Solidarischer Widerstand kann klappen. Trotz der gewaltvollen Räumung konnte auch in der gestrigen Nacht niemand abgeschoben werden. Wie es nun um die weitere rechtliche Situation der betroffenen Person steht, ist unklar. Weitere Abschiebeversuche würden folgen, drohte der zuständige Sachbearbeiter Herr Schramm aus der Ausländerbehörde. Dieser hat offenbar ein besonderes Interesse, die einzelnen Familienmitglieder abzuschieben. Die Blockierenden erfahren, dass er der betroffenen Person gar Abschiebehaft angedroht hat, sollte er sich der Abschiebung entziehen.
Wir stehen weiter solidarisch an der Seite der hier und in allen weiteren Fällen von Abschottung und Rassismus betroffenen Personen und werden so oft es geht der Sand im Getriebe der Abschiebemaschinerie sein. Machen wir den Behörden jeden Abschiebeversuch so schwer, nervig, unangenehm und teuer, dass sie sich in Zukunft besser 161 mal überlegen, ob sie es nicht lieber lassen.
Klar ist: Fluchtwege freizuhalten und Solidarität praktisch werden zu lassen ist kein Verbrechen. Menschen in Länder abzuschieben, in denen sie grundlos inhaftiert werden, unter unwürdigen Umständen leben müssen und von Kettenabschiebungen (wie beispielsweise hier nach Syrien) bedroht sind – das ist eines!
Der Text ist eine leicht bearbeitete Zuschrift, vielen Dank dafür! Ergänzend ist zu sagen: Wenn ihr dabei wart, eure Personalien aufgenommen wurden und ihr Post von der Polizei bekommt, meldet euch bei der Roten Hilfe.