Antifaschistisches Familientreffen in Kassel
Vom 1.-3.10 findet in Kassel das Antifaschistischen Familientreffen statt und es sieht schwer so aus, als ob dort genau die richtigen Fragen diskutiert werden sollen:
In den zurückliegenden Jahren hat es wenig Möglichkeit und Gelegenheit gegeben, Projekte gegen Nazis, Rassismus und andere Ideologien der Ungleichwertigkeit miteinander zu vernetzen und im Erfahrungsaustausch gute Methoden, tragfähige Konzepte und brauchbare Ergebnisse zu sichern. Vieles lief parallel und nebeneinander her, man kannte sich von den zahllosen Seminaren, Tagungen und Vortragsabenden, die von den immer gleichen Veranstaltern, zu den immer gleichen Themen und meist auch noch mit den immer gleichen Referent_innen organisiert wurden.
Leute mit langer Recherche- und Bildungserfahrung, junge Wissenschaftler_innen und antifaschistische Aktivist_innen waren in der zurückliegenden Dekade entweder in den Bundesprogrammen „gegen Rechts“ beschäftigt und mit dem ironischen Vorwurf der „Staatsantifa“ konfrontiert. Oder sie achteten strikt auf ihre Unabhängigkeit (vor allem von staatlicher Gängelung oder institutioneller Vereinahmung seitens Parteien, Stiftungen und Organisationen), um bisweilen in einem gewissen Autismus zu versinken. Wieder andere hatten – mit dem Rücken zur Wand in „No go areas“ und „National befreiten Zonen“ – nicht Zeit noch Muße, über Vernetzung und Erfahrungsaustausch nachzudenken. Schließlich pendelten einige zwischen akademischem Betrieb, Antifa-Recherche und den tausend Tagungen, Workshops und Seminaren hin und her.
Dennoch sind viel unbestechliche Expertise, profundes Wissen und kritische politische Erfahrung angehäuft worden, die es zu sichern, weiterzuentwickeln und zugänglich zu machen gilt. Zumal in einer Situation, in der die aktuelle Regierungspolitik sich wie ein heftiger reaktionärer Rollback darstellt und noch einiges an Verschärfung verspricht.
Über die intellektuell fragwürdige Extremismus-Debatte und die dahinter liegende, mit dem Kalten Krieg überwunden geglaubte Totalitarismus-Doktrin zur Gleichsetzung von „Rechts-“ und „Linksextremismus“ und Kriminalisierung von Antifa-Arbeit, werden entstandene Strukturen der Recherche, politischen Bildung und antifaschistischer Aktivität in ihrem Bestand und in ihrer Handlungsfähigkeit gefährdet, beschränkt und behindert. Umso wichtiger ist es, ein „ungezwungenes“ und unabhängiges Zusammentreffen kritischer und erfahrener Akteur_innen antifaschistischer Politik, Bildungsarbeit, Publizistik und Wissenschaft sowie antifaschistischer Aktion zu ermöglichen. Diesem Ziel dient mit einem dichten und spannenden Workshop- und Veranstaltungsprogramm die Aktionskonferenz „Manometer. Antifaschistisches Familientreffen 2010“, zu der Ihr herzlich eingeladen seid.