Erfurt: Diskussion über Erinnerung im Gewerbepark
Die Kampagne „Hände hoch-Haus her“ berichtet über eine Veranstaltung des Förderkreis Topf&Söhne zum Thema „Erinnerung im Gewerbepark“. Anlass waren Werbeanzeigen, auf denen mit „ofenfrischen Brötchen“ oder „Alles für die Grabgestaltung“ für Geschäfte „auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände“ geworben wurde. Daraufhin hatten Prominente aus Linkspartei, Gewerkschaften und VVN/BdA zusammen mit dem Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora erklärt, die Werbung sei nicht nur pietätlos, sondern auch eine Verunglimpfung der Opfer und ihrer Angehörigen. Die Kampagne „Hände hoch – Haus her“ hatte ergänzt, der unrflektierte und unsensibele Umgang mit dem Geschichtsgelände sei skandalös.
Die bei der Veranstaltung anwesenden Gewerbetreibenden haben die Kritik ohne Umschweife akzeptiert. Sie sind bereit, ihre Werbetexte zu ändern und nicht mehr mit dem Namen der Firma Topf & Söhne Werbung zu betreiben.
Anders der Förderkreis. Laut der zukünftigen Leiterin des Erinnerungsorts Topf&Söhne Dr. Schüle sei die Kritik an der Werbung nur ein weiterer Angriff von denjenigen, die auf dem Gelände lieber noch das Besetzte Haus sehen würden. Um das zu belegen, hatte Dr. Schüle in detektivischem Eifer die UnterzeichnerInnen der aktuellen Presseerklärung mit den UnterstützerInnen mehrerer Offener Briefe vergleichen, die 2008 den Erhalt der Besetzung gefordert hatten — drei der aktuellen KritikerInnen waren auch unter den 30 damaligen UnterstützerInnen.
Weiter heißt es bei haendehoch:
Dem Überlebenden von Buchenwald, der in dem offenen Brief zitiert wurde, seien seine Wort vielleicht nur in den Mund gelegt worden. Nicht ernst genommen zu werden, ist eine Erfahrung, die wir in Bezug auf den Förderkreis leider schon längst machen mussten. Positiv sieht der Förderkreis die Kontinuität, dass heute wie damals Topf & Söhne eingebettet sei in Handel und Alltag. Dies sei Teil einer „produktiven Irritation“ (was übrigens kein Fachbegriff ist). Bei soviel Kontinuität und Produktivität kann einr/m schon mal das Kotzen kommen…!
Dem können wir uns anschließen.
Darüber hinaus weist die Kampagne darauf hin, dass die Ausschließlichkeit, mit der der Förderkreis heute den Erinnerungsort gegen die früher selbst geforderten alternativen Formen der Auseinandersetzung auf dem besetzten Teil stelle, allein daraus resultire, daß sich der Förderkreis der Entscheidung der Stadt – kurz gesagt „Erinnerung nur mit Investor“ – ohne zu mucken untergeordnet habe.
Zu ergänzen gibt es noch, dass man der Berichterstattung in der Lokalpresse sehr gut ansieht, daß die Reporterin, die für beide Lokalzeitungen den Artikel geschrieben hat, die Veranstaltung nach 15 Minuten verlassen hat und sich den weiteren Verlauf auf die Auskunft der städtischen Erinnerungsbeauftragten Dr. Schüle verlassen hat.
Für Heiterkeit sorgte der Philosoph Bender indem er unmittelbar nach der Aufforderung, fair und sachlich miteinander umzugehen die BesetzerInnen in drei Sätzen mit gleich vier beleidigenden Attributen bedache — nachdem er zu Beginn der Veranstaltung durch elegante Redeleitung versucht hatte, die Beteiligung an der Diskussion auf die anwesenden FunktionsträgerInnen zu beschränken.
Das ist Pressefreiheit und Konsensgesellschaft in Kackstadt Erfurt.