Schienenaktion Ingersleben 15.12.2010

Anbei ein Erfahrungsbericht von der letzten Castor-Aktion im Dezember. Der Termin für den nächsten Zug steht: Ab dem 17. Februar können wir mit einem neuen Castor rechnen. Wir halten euch dazu auf dem laufenden und hoffen schwer, daß was läuft.
Am Mittwoch, dem 15. Dezember 2010 gegen 22:15 Uhr wird es in Molsdorf, einem kleinen Ort bei Erfurt, auf einmal ganz belebt. Zuerst ist es nur ein PKW, aus dem eine Hand voll Menschen entstiegen. Doch dann kommen auf einmal immer mehr. Nach etwa 20 Minuten stehen am verabredeten Treffpunkt, dem Schlossparkplatz, plötzlich an die 80 AktivistInnen. Es ist eine bunte Truppe aus Umweltverbänden, Parteien, Gewerkschaften und anderen Gruppen. Auch zahlreiche „Einzelkämpfer“ sind gekommen. Aber auch die Polizei ist schon vertreten und beäugt das Treffen äußerst misstrauisch. Es dauert nun nicht mehr lange und es sind zwei Gruppen gebildet, die sich jetzt in unterschiedliche Richtungen aufmachen, gefolgt von einer Schar Presse- und Fernsehteams, denen wir den Treffpunkt zuvor mitgeteilt hatten. Doch in einer (meiner) Gruppe befanden sich auf einmal nur noch etwa 13 Menschen, die anderen waren der größeren Gruppe hinterhergefahren.

Nach etwa fünfzehn Minuten hatten wir unseren Standort Ingersleben erreicht. Wir parkten das Auto und machten uns die letzten Meter zu Fuß auf den Weg an die Gleise. Wir merkten schnell, dass unsere Idee, den Castor mit dem Herantreten an die Gleise und dem Schwenken von Fackeln, Lampen o. ä. zu stoppen, die einzige realistische Variante war. Bis etwa zehn Minuten vor Eintreffen rauschten noch ICE, RB, Güterzug und Co. an uns vorbei, so dass ein Betreten der Gleise zu gefährlich gewesen wäre.

Nach dem Herantreten an die Gleise, auf etwa fünf Meter, unweit des Ortes Ingersleben, verhielten wir uns ruhig. Wir befanden uns an einem Gleisabschnitt, der in beide Richtungen gut einsehbar war, um herannahende Züge rechtzeitig wahrnehmen zu können. Von Zeit zu Zeit mussten wir durch die vorbeirauschenden Züge mehrere Meter zurücktreten. Doch nach etwa zehn Minuten hatte uns auch schon die Polizei entdeckt. Sie verstärkte sofort ihr Team von zwei Streifenwagen auf etwa zehn und rückte nach wenigen Augenblicken bei uns an den Gleisen an. Sofort wurden wir aufgefordert den Bereich zu verlassen. Wir versuchten das ganze so gut wie möglich in die Länge zu ziehen. Nach etwa fünf Minuten, die einem wie eine halbe Ewigkeit vorkamen rief eine Polizistin auf einmal von der Straße, wo die Streifenwagen geparkt waren, der Castor komme jeden Augenblick. Sofort wurden die Polizisten unruhig. Sie fingen an uns noch intensiver in Kenntnis setzen zu wollen, man müsse das Gelände nun auf alle Fälle verlassen. Doch daran wollte sich spätestens nach der Mitteilung der Polizistin keiner mehr halten. Man stolperte und fiel nun umso häufiger, nur um das Gelände nicht so schnell verlassen zu müssen (können).

Und tatsächlich. Auf einmal nahmen wir alle ein helles Licht ganz weit entfernt wahr, das sehr schnell näher kam. Und schneller als wir alle letztendlich gucken konnten rauschten die Castoren heran. Sofort wurden sämtliche Fackeln, Taschenlampen, Regenschirme und andere Strahlobjekte wie wild in der Luft gekreist. Und tatsächlich bremste der Castor ab und kam sogar zum Stehen! Jetzt allerspätestens wurde die Polizei ungemütlich. Die letzten, sich noch auf dem Damm befindenden AktivistInnen, wurden unsanft nach unten geschubst. Nun aber stand der Castor immer noch. Man hatte so die Gelegenheit ihn sich mal etwas genauer anzusehen. Zuerst waren da zwei Loks. Es folgten fünf Personenwagen, voll mit Sicherheitspersonal. Dann kamen die zwei Castoren und zum Schluss noch einmal zwei Personenwagen und eine Lok. Nach etwa zweieinhalb Minuten Standzeit setze sich der Zug wieder in Bewegung. Diesmal mit deutlich geringerem Tempo.

Jetzt nach getaner Arbeit wurden wir noch für etwa eine halbe Stunde festgehalten und unsere Personalien aufgenommen. Fotos wurden von uns nicht gemacht. Man kündigte uns aber an es könne eine Strafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr auf uns zukommen. So gegen 1 Uhr war der Spuk dann vorbei und Ingersleben ruhte wieder ruhig und sanft, wie eh und je.

Adrian (Erfurt)