Antifaschistisches Begleitprogramm zu Eva Hermann in Arnstadt
51 Antifas stehen um einen Brunnen herum, hören Musik oder unterhalten sich. Davor liegt ein Transparent, zwei Schilder werden gezeigt. So sieht die Kundgebung gegen Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und Sexismus anlässlich der Lesung von Eva Hermann in Arnstadt am 29.9.2011 aus. In der Kleinstadt wissen anscheinend alle, was sie voneinander zu erwarten haben. In Redebeiträgen geht es um das Arnstädter Stadtecho und Pro Arnstadt, um das Herumlavieren zwischen Konservatismus und Faschismus und um das verschwörungstheoretische Weltbild des Kopp-Verlags, für den Eva Hermann arbeitet, nachdem sie beim NDR für ihre wohlwollenden Äußerungen über völkische Familienpolitik vor die Tür gesetzt wurde. Ein paar PolizistInnen stehen gelangweilt am anderen Ende des Platzes. Sogar der Bürgermeister Hans-Christian Köllmer, der (aus gutem Grund) als protofaschistisch kritisiert wird, schaut kurz bei der Kundgebung vorbei und holt sich ein Flugblatt ab.
30 Meter weiter, vor dem „Thüringer-Kloß-Hotel zur Goldenen Henne“, wo sonst Senioren-Tanzabende stattfinden, stehen zwei DemonstrantInnen und verteilen Flugblätter an die BesucherInnen der Lesung: „Begleitheft zur Veranstaltung?“ Fast alle nehmen den angebotenen Zettel, manche werfen ihn gleich demonstrativ weg. Der Büchertisch im Foyer verkauft Bücher und CDs von Eva Hermann, nicht die obskuren Verschwörungstheorien oder die rechte Esoterik des Kopp-Verlags. Die Verschwörungstheoretiker sind natürlich trotzdem gekommen. Einer versucht, die DemonstrantInnen davon zu überzeugen, das alles ganz anders ist, als alle denken. Er spricht über Pogrome gegen Deutsche und die heimliche Herrschaft der Bänker. Ein anderer echauffiert sich darüber, dass Auschwitz immer genutzt würde, um die Deutschen schlecht zu machen. Er fragt empört, warum immer alle mit Fingern auf ihn und seine Freunde zeigen („Warum zeigen immer alle mit dem Finger auf uns?“) Ein anderer betont seine Offenheit gegenüber allem und jedem, bleibt aber dabei, dass Frauen in die Küche gehören. Alles in allem erinnert die Atmosphäre vor dem Eingang zur „Goldenen Henne“ an ein Argumentationstraining gegen Stammtischparolen.
Der Veranstalter Thomas Buchtzig (Arnstädter Stadtecho und Stadtrat für Pro Arnstadt) behauptet, er habe 160 Karten verkauft — jede übrigens für 14€. Nachdem einige lokal bekannte Nazis das Hotel betreten wird er gefragt, ob er einschätzen kann, wieviele organisierte Neonazis an seiner Veranstaltung teilnehmen: „Keine“, da ist er ganz sicher. Denn wie die LeserInnen des Stadtechos wissen, gibt es in Arnstadt keine Nazis — nur eine Diktatur der Gutmenschen, die jeden ausgrenzen, der mal eine politisch inkorrekte Wahrheit sagt.
Transparent der Antifa Arnstadt/Ilmenau
Eva Hermann und der Kopp-Verlag: Nicht alle fliegenden Untertassen im Schrank
Bürgermeister Hans-Christian Köllmer schaut bei der Kundgebung vorbei, DemonstrantInnen erwidern den Besuch vor der „Goldenen Henne“
Keine rechte Esoterik, keine Verschwörungstheorien von Kopp: Büchertisch bei Eva Hermann