Leben in Thüringen — nicht mit der falschen Hautfarbe

Gestern wurde der in Waltershausen (bei Gotha) lebende Flüchtling Adnan Al-Masharga von der Polizei abgeholt und abgeschoben.

Al-Masharga lebte seit 1999 in Deutschland. Dass er nach mehr als 10 Jahren Aufenthalt immer noch kein Bleiberecht hatte, liegt daran, dass die deutschen Behörden seine Angaben zur Identität und seine Personaldokumente nicht für glaubhaft gehalten haben — bis gestern. Denn die Dokumente, die auf der einen Seite nicht gut genug waren, um ein Aufenthaltsrecht zu begründen, waren ganz offensichtlich hinreichend für die Abschiebung. Wohlbemerkt: Normalerweise kann eine Abschiebung bei Personen erfolgen, deren Identität geklärt ist.

Die nächste Thüringer Spezialität: Die Abschiebung ist auf halbem Wege stecken geblieben. Al-Masharga sitzt derzeit in Jordanien in Polizeigewahrsam, weil sein Ziel, die Westbank, nicht sicher erreichbar ist. Eben wegen der unabwägbaren Reise werden palästinensische Flüchtlinge in der Regel nicht aus Deutschland abgeschoben. Denn die Rechtslage gebietet, dass ein sicherer Reiseweg gewährleistet sein muss, bevor eine Abschiebung erfolgt1.

Für Thüringen sind aber selbst die niedrigen rechtlichen Standarts, die es zum Umgang mit Flüchtlingen gibt, noch zu hoch. Man ist offenbar bestrebt, einen Präzedenzfall zu schaffen und als erstes Bundesland an den aktuellen Gepflogenheiten vorbei einen Flüchtling irgendwohin abzuschieben, nur damit man ihn los ist.

Der Flüchtlingsrat Thüringen schreibt dazu in einer Pressemitteilung: „Offensichtlich hat es […] weder die Ausländerbehörde Gotha, das Thüringer Landesverwaltungsamt noch das VG Meiningen interessiert, wie Herr Al-Masharga überhaupt in die Westbank einreisen können soll“ und weiter: „Es ist ein Skandal, dass Adnan Al-Masharga abgeschoben wurde. Wir fordern die sofortige Rücküberstellung nach Deutschland“.

  1. Mit anderen Worten: Flüchtling dürfen erst nach einer geordneten Rückführung erschossen werden — denn auch das Verwaltungsgericht Meiningen geht in seiner Urteilsbegründung davon aus, daß es in der Westbank „zu Schüssen auf vorbeifahrende Fahrzeuge“ kommt und der Aufenthalt dort nicht sicher ist [zurück]