Auszug aus der Gesellschaft? Nie wieder Gemeinschaft?

Gesellschaft und Gemeinschaft sind zwei vor allem in Deutschland heiß diskutierte Begriffe dafür, wie sich Menschen aufeinander beziehen bzw. beziehen sollten. Das Ideal der Gemeinschaft bedeutet, dass Menschen empathisch miteinander umgehen, einen gemeinsamen Willen entwickeln, kollektiven Ansätzen nachgehen und teilen statt tauschen. Der Gegenbegriff „Gesellschaft“ setzt hingegen auf den Konflikt, die Differenzierung und darauf, sich funktional, kühl und abschätzend aufeinander zu beziehen. Man könnte ganz vereinfacht sagen, Arbeit ist Gesellschaft, Familie ist Gemeinschaft.

Für beides gibt es gute und schlechte Gründe: Gemeinschaft bedeutet Solidarität und Kollektivität, aber auch Volksgemeinschaft, klebriger Zwang und nie alleine sein. Gesellschaft erlaubt, dass man Konfklikte zulässt, statt sie mit Zwangsgemeinschaft zu deckeln, bedeutet aber auch, dass man andere Menschen eher als Mittel sieht denn als Zweck. Entsprechend gibt es linke VerteidigerInnen der Gesellschaft sowie rechte FreundInnen der Gemeinschaft — und andersherum.

In den letzten Jahren wird die Debatte in Deutschland besonders erbittert geführt: Teilen der Antideutschen Linken gilt der Bezug auf Gemeinschaft per se schon faschistoid. Eine hoffentlich etwas sorgfältigere Diskussion findet man in dem Band „Auszug aus der Gesellschaft? Gemeinschaft zwischen Utopien, Reform und Reaktion“ von Gert-Joachim Glaeßner und Klaus-Jürgen Scherer. Das Buch diskutiert den Gemeinschaftsbegriff sozialwissenschaftlich. Es geht auf seine reaktionären Ausformungen ein, will aber auch die Potentiale erschließen, die Gemeinschaftlichkeit für soziale Bewegungen entfalten kann.

Wer’s also lesen (und vielleicht eine richtige Rezension schreiben) will: Signatur ACT09 im Infoladen.

Wir erfassen gerade unseren Buchbestand elektronisch und weisen dabei in loser Folge auf besonders bemerkenswerte, skurrile oder lesenswerte Bücher hin.