Erfurt: 300 Leute auf sozialrevolutionärer Nachttanzdemo

Trotz regnerischem Wetter haben heute in Erfurt runde 300 Leute an einer Nachttanzdemo unter dem Motto „Lasst’s krachen! Soziale Revolution statt autoritärer Krisenbewältigung teilgenommen. Die Musik war laut, die Redebeiträge zu leise, die Stimmung gut, der Altersdurchschnitt jung und die vorherrschende Farbe schickes Schwarz.

Schon vor der Auftaktkundgebung ist der Bahnhofsvorplatz einigermaßen gut gefüllt. Der Lautsprecherwagen wird geschmückt, es gibt Essen von der KücheFürAlle und Musik: Magma und MBP machen Anti-Nazi-Hip-Hop. Perlen der Gesellschaftskritik sind hier nicht zu hören, aber das ist wahrscheinlich auch so gewollt. Anders der folgende Redebeitrag einer Arbeitskritischen Gruppe: AG17 erklärt die systemischen Zwänge des Kapitalismus und dass diesen derzeit mangels fehlender Anknüpfungspunkte am besten mit negatorischer Kritik bekämpft werden können.

Das folgende Laubsägenmassaker III spielt Elektropunk im Regen — trotzdem werden wir immer noch mehr.

Die Redebeiträge von Freien ArbeiterInnen Union und Einzelpersonen aus dem Infoladen Sabotnik betonen die Bedeutung von Kämpfen, um eine emanzipatorische Perspektive mehr als denkbar zu machen. Letztere rufen zum europäischen Aktionstag gegen Kapitalismus im Herbst auf. Wahnsinnige Begeisterung löst das nicht aus — das Interesse an sozialer Revolution und an konkreten Kämpfen scheint derzeit nicht allzu eng verbandelt.

Mehr Stimmung macht die Musik und Gimmicks wie Leuchtkugeln, Wunderkerzen, riesigen Bällen, … — irgendwann tanzt die erste Hälfte der Demo und es gibt auch leckere Limonade und Parolen wie „A-Anti-Anticapitalista“ oder „Erfurt braucht ein Autonomes Zentrum“. Transparente gibt es kaum, aber dafür Fahnen.

Unterbrochen wird die gute Laune durch den Redebeitrag, der sich vor allem gegen das „Keinen Meter“-Bündnis wendet. Wer die Verhältnisse nicht verstehe, solle es gefälligst unterlassen, sie ändern zu wollen. Der Diss gegen „Keinen Meter“ — es fällt das Wort „Heimatschutz“ — und die düstere Perspektivlosigkeit des Redebeitrags stößt auf einigen Widerspruch in der Demonstration. Eine nicht ganz unähnliche Position präsentiert abschließend der „Club Communism“: Er erzählt die Geschichte des 1. Mai als Geschichte der Niederlagen — allerdings freundlich und didaktisch aufbereitet. Es ist der erste Redebeitrag, der gut zu verstehen ist und außerdem durch ein Flugblatt ergänzt wird.

Alles in Allem bleibt es dabei: Die Musik kommt gut an, die grobe Richtung („Tanzen gegen Kapitalismus“) finden auch die PassantInnen und das Kneipenpublikum in der Innenstadt irgendwie sympathisch, die Redebeiträge sind in diesem Rahmen vorsichtig gesagt nur für einen Teil der Leute interessant — aber vielleicht ließt der eine oder die andere ja hier nochmal nach, wieso es gerade angesagt ist, auszuschlafen, zu kämpfen oder zu kritisieren oder zu polemisieren oder alles zusammen. Vielleicht ja morgen in Erfurt.

Kapitalismus tötet – Kampf dem Kapitalismus!


Ein Aufruf zur Demonstration „<a href="Lasst’t krachen! Soziale Revolution statt autoritärer Krisenbewältigung!“ am 30.4.2013 in Erfurt von Einzelpersonen aus dem Infoladen Sabotnik, 16.4.2013

Rosemarie Fliess ist tot. Sie starb am 11. April 2013 in Berlin, zwei Tage nachdem sie wegen Mietschulden aus ihrer Wohnung geworfen wurde. Dass der Kapitalismus Opfer fordert, ist nichts neues. In Spanien und Griechenland sind Selbstmorde von Krisenopfern fast schon Alltag, weltweit verhungert alle drei Sekunden ein Mensch. Dass Kapitalismus arm und krank macht, ist im System angelegt – schließlich geht es im Kern nicht darum, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern das Profitkarussell am Laufen zu halten. Wie die Krisendynamik im Einzelnen aussieht, ist allerdings eine Frage von Kämpfen. Weiterlesen

Video schaun gegen Nazis

Die Filmpiraten haben drei Mobilisierungs-Videos fürs Keinen-Meter-Bündnis gegen den Nazi-Aufmarsch am 1. Mai 2013 (und zur antikapitalistischen Nachttanzdemo am 30. April) in Erfurt gemacht.

Wenn wir das richtig verstehen, wirbt das erste Video dafür, gemeinsam auf die Straße zu gehen und keine Leute auszuschließen, weil sie Blümchenkissen besser finden als Szene-Outfit — prima! Das zweite ist eher unverständlich, außer es ist ein Aufruf, Nazis zu zersägen. Das dritte wirbt für eine Aktionsform, der wir in diesem Kontext nichts abgewinnen können. Wir warnen deutlich davor, den eigenen Körper auf der Nazi-Route am Hals anzuketten und sich darauf zu verlassen, dass die Nazis oder die Bullen verantwortungsbewusst mit dieser Situation umgehen.
Ansonsten rufen wir dazu auf, kreativ und vielfältig auf die Straße zu gehen. Mit oder ohne Blümchenkissen.

In­sti­tut für ver­glei­chen­de Ir­re­le­vanz ge­räumt

Heute mor­gen wurde das seit 10 Jahren besetzte In­sti­tut für ver­glei­chen­de Ir­re­le­vanz in Frank­furt am Main ge­räumt. Ein Polizeigroßaufgebot sperrte den gesamten Bereich um das Haus herum ab 7.30 Uhr ab und verdrängte ca. 300 anwesende Sympathisierende. Anschließend wurde das Haus geräumt.

Für Morgen wird um 18 Uhr zu einer Demonstration in Frankfurt aufgerufen. Auch bundesweit wird es zu Solidaritätsaktionen kommen.

Informationen zur Räumung und zu geplanten Aktionen gibt es unter ivi.copyriot.com.

Seid solidarisch und unterstützt die Leute in Frankfurt!

Geflüchtete politische AktivistInnen Miloud und Olesia brauchen Unterstützung

Mal wieder hat die Ausländerbehörde Meiningen dem Ehepaar Olesia und Miloud Lahmar Cherif einen Brief geschickt und sie zu einem Termin geladen. Für die beiden geduldeten Geflüchteten bedeutet dies – wie für die meisten Menschen in dieser Situation – immensen psychischen Druck, da sie formell ausreisepflichtig sind und sie nicht wissen, was bei diesem Termin passieren wird. Im Brief ist sehr förmlich von einer „Vorladung zum Gespräch zur Klärung Ihrer aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten“ am 17.04.2013 um 10.00 Uhr die Rede – was Alles und Nichts bedeuten kann. Olesia und Miloud Lahmar Cherif haben in den letzten 2 Jahren aktiv zur Schließung des Isolationslagers Zella – Mehlis beigetragen, in dem sie selbst leben mussten.

Außerdem wehrt sich Miloud offensiv gegen die Residenzpflicht, indem er immer wieder in zivilem Ungehorsam gegen diese verstößt und dies auch öffentlich ankündigt. Deswegen hat das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen für ihn nun erneut eine Erzwingungshaft beantragt, da er die ausstehende Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Residenzpflicht aus Protest gegen dieses menschenverachtende Gesetz nicht bezahlen will.

Unterstützen wir Olesia und Miloud und begleiten sie zu ihrem Termin bei der Ausländerbehörde Meiningen! Solidarität ist eine Waffe!

Zug-Treffpunkt: 17.04.2013, Erfurt um 7.15 Uhr am Hauptbahnhof (wer mit dem Auto mitfahren will, meldet sich bitte unter: fluechtlingsinitiative-erfurt@riseup.net)

Weitere Informationen zum Haftantrag gegen Miloud gibt es bei The Voice und zur Unterstützung der Familie Lahmar bei f.r.a.i.

Ratschlag lehnt Extremismus-Preis ab

via indymedia: Der antifaschistische/antirassistische Ratschlag Thüringen hat heute einen Preis des „Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt“ abgelehnt. Der Preis sollte u. a. von Uwe Backes, einem der geistigen Väter der Extremismus-Doktrin übergeben werden.

Zu einem kleinen Eklat kam es heute in Chemnitz bei der feierlichen Übergabe, bei der 11 Projekte einen Preis des „Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt“ erhalten sollten.

Am Anfang war alles noch ganz harmonisch: Die Chemnitzer Bürgermeisterin betonte, wie wichtig es sei, dass „die Mitte“ sich gegen Rechtsextremismus zur Wehr setze. Ein Vertreter des Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt referierte die Geschichte seiner Institution, die u. a. gegründet wurde, da es 2000 einige „Zwischenfälle“ mit Nazis gegeben habe. Wir erinnern uns, ja, das war das Jahr des „Aufstands der Anständigen“, als auf einmal alle gegen Nazis waren. 13 Jahre später sind die Karten im Bereich Antifaschismus neu gemischt. Wer vorher ausgegrenzt und bespitzelt wurde, kriegt jetzt Preise.

In der ersten Runde der Preisverleihung erhalten die Unique aus Jena und zwei weitere Projekte einen Preis, die damit zufrieden sind.

In der zweiten Runde kommt es zu einem kleinen Eklat: Der antifaschistische/antirassistische Ratschlag Thüringen lehnt den Preis ab und verliest eine Erklärung, verwehrt sich gegen die Extremismus-Logik und die Preisverleihung durch Uwe Backes. Etwa die Hälfte der PreisträgerInnen applaudiert. Weiterlesen

Vor 20 Jahren: DVU in Erfurt chancenlos

Nazis kommen seit eh und jeh nach Erfurt. Und seit eh und jeh setzen Antifas etwas dagegen — so z.B. am 20.3.1993, als Gerhard Frey von der Deutschen Volksunion (DVU) in Bischleben sprechen wollte …

Flugblatt gegen die DVU in ErfurtSchon zwei Wochen vorher war bekannt geworden, dass der Chef der Nazi-Partei kommen würde. Ein „Karl-Heinz Kunst“ aus der Artstraße rief in einem Flugblatt dazu auf, das Nazi-Treffen zu verhindern — was auch gelang. Einer der Aktivist_innen erinnert sich:

Die DVU hatte eingeladen nach Bischleben zu fahren. Treffpunkt war der Busbahnhof. Da standen dann vier Rentner, eine Hundertschaft Polizei und 150-200 Autonome. Erst wurde vom Bus der Nazis die Luft raus gelassen. Dann sind die Rentner ihre Papiere losgeworden. Dann sind wir mit dem Zug nach Bischleben gefahren. Vor dem Gasthaus, wo Frey sprechen sollte, standen ein paar Arnstädter Nazis. Nachdem wir ein bisschen rumgestanden haben, fiel einigen Leuten auf, daß man von hinten auf den Hof der Kneipe kam, wo ein dicker Mercedes mit Münchner Kennzeichen stand – der wurde dann nachhaltig beschädigt. Ein einzelner Nazi konnte dagegen nichts machen und schrie nur, wir seien die Handlanger des Finanzkapitals.

Die Nachrichtenagentur ADN berichtete am selben Tag, 200 Mitglieder der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, „die sich selbst als Antifaschisten bezeichneten“, hätten die Nazi-Veranstaltung verhindert. Es lässt sich von heute aus kaum rekonstruieren, wie es zu der sonderbaren Meldung gekommen war. Weiterlesen

Kundgebung zum internationalen Tag der Roma am 8. April

Die Gruppe „fight racism and isolation“ lädt am 8. April 2013 ab 14 Uhr vor dem Anger 1 in Erfurt zu einer Kundgebung zum internationalen Tag der Roma:

„Let thousands of balloons fly in the sky!“
Internationaler Tag der Roma am 8. April 2013 – Erfurt, 14 Uhr vor dem Anger 1

Hiermit laden wir euch ein an der Aktion „thousands of ballons“ gegen Ausgrenzung und Isolation von Flüchtlingen am 8. April in Erfurt teilzunehmen. In den Farben der Roma-Fahne lassen wir Luftballons steigen und machen auf die Anliegen von Roma aufmerksam. Wie in vielen anderen Städten weltweit setzen wir damit an diesem Tag ein Zeichen gegen Diskriminierung und für die Rechte und Selbstermächtigung von Roma. Wir fordern ein Bleiberecht für alle und rufen auf zur Solidarität mit der Break Isolation – Bewegung! Weiterlesen

Solidarität mit Bambi und Fury

Am 13.4. findet in Erfurt erneut eine bundesweiten Demonstration gegen die Messe „Reiten-Jagen-Fischen“ statt. Da der Aufruf im Grunde der selbe ist wie im letzten Jahr, lässt sich dagegen auch die selbe Kritik vorbringen. Deswegen dokumentieren wir einen Text, der im letzten Jahr in der ‚Nein‘ erschienen ist:

Am 24.3. ist es wieder so weit: Die antispeziesistische Aktion demonstriert gegen die Messe „Reiten-Jagen-Fischen“ in Erfurt. Und auch anderweitig sind die Tierrechte gut aufgestellt: In Erfurt gibt es einen Vegan-Stammtisch und eine studentische Vegan-Gruppe im Fratzenbuch. Die Jenaer Linksparteijugend unterhält einen AK Tierbefreiung. Es scheint, dass der politische Veganismus, der jahrelang in Thüringen ein Schattendasein geführt hat, zurück ist. Aber sind seine Begründungen besser geworden? Die folgenden Fragmente setzen sich mit einigen Aspekten aus dem Bereich Tierrechte/Veganismus auseinander.

Für Frieden und Gerechtigkeit seit bereit!

Am 24.3. findet in Erfurt eine bundesweite Demonstration gegen die Messe „Reiten-Jagen-Fischen“ statt. Das erste Anliegen der aufrufenden Gruppen ist, gegen die Ausbeutung von Tieren vorzugehen. Im alltäglichen Sinne meint Ausbeutung die Nutzung über das als angemessen empfundene Maß hinaus. Weiterlesen