Kritik am Verfassungsschutz-Vortrag an der Universität Erfurt

Am Freitag 31. Januar, kamen etwa 15 Menschen vor dem Hörsaal 6, Lehrgebäude 2 an der Universität Erfurt zusammen, um den dort stattfindenden Vortrag des Geheimdienst-Mitarbeiters Thomas Schulz vom Thüringer Verfassungsschutz zu kritisieren. Das Thema war „Die Ge­fähr­dung der De­mo­kra­tie durch ex­tre­mis­ti­sche Grup­pie­run­gen“ im Rahmen der Vor­le­sungs­rei­he „Le­bens(T)räume“. Schon der Titel macht stutzig: dass gerade in den letzten Monaten staatliche Institutionen als „Gefährdung der Demokratie“ in die Kritik gerieten, so zum Beispiel das Auftreten der Hamburger Polizei und ihre Gefahrengebiete im Dezember / Januar und natürlich vor allem die Rolle des (thüringer!) Verfassungsschutz bei den Morden des NSU, wird bequem ignoriert.

Unter den Protestierenden waren einige dem Aufruf der Linksjugend Solid gefolgt und verteilten die Broschüre „Ex­trem viel da­hin­ter – Re­a­der zur Kri­tik an der Ex­tre­mis­mus­dok­trin“, während weitere Einzelpersonen ein Flugblatt verteilten. Kritisiert wurde dort u.a. die Verstrickungen des Verfassungsschutz in die Mordserie des NSU. Proteste von Studierenden gab es keine (was an der Universität Erfurt nicht weiter verwundert).

Es handelte sich um eine geschlossene Veranstaltung, an der hauptsächlich Menschen über 50 teilnahmen, die zuvor den saftigen Betrag von 100 Euro für die Veranstaltungsreihe bezahlt hatten und dies auch nachweisen konnten. So durften Studierende der Universität Erfurt und die Protestierenden den Veranstaltungsraum nicht betreten, obwohl der Hörsaal nicht völlig gefüllt war. Damit wurde auch die Möglichkeit genommen, das Gelaber des für die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes zuständigen Referenten zu kritisieren und kommentieren. Jedoch entsteht der Eindruck, dass die Geschlossenheit der Veranstaltung auch ein Vorwand war, um unliebsame Gäste auszuschließen: Ein Mann vom Wachschutz, der am Eingang des Hörsaals Ausweiskontrollen durchführte, war extra für diese Veranstaltung von der Universität Erfurt dorthin beordert worden.

Nachdem die Protestierenden also am Haupteingang des Hörsaal 6 nicht eingelassen wurden, versuchten einige, über eine Seitentür in den Hörsaal zu gelangen. Dort hatte man bereits seinen Fuß in der Tür, bevor 2 Mitarbeiter der Universität sich in den Weg stellten und nach einigem Hin und Her damit drohten, die Polizei zu rufen. Nicht zuletzt aufgrund der Unentschlossenheit der Protestierenden scheiterte auch hier der Versuch, sich Zutritt zu verschaffen.

Als am Ende des Vortrags die TeilnehmerInnen der Veranstaltung den Saal verließen, wurde die in Flugblatt und Broschüre geäußerte Kritik am Verfassungsschutz teilweise gelobt und gesagt, man habe einige der Punkte in die anschließende Fragerunde mit eingebracht. (Wer jedoch ein wenig Erfahrung mit solchen Veranstaltungen und der Öffentlichkeitsarbeit dieses staatlichen Überwachungsorgans hat, weiß, wie unsinnig solche Diskussionen sind.)

Veranstaltungen wie diese sind vielleicht nur ein Vorgeschmack auf die zukünftige Arbeit des Verfassungsschutzes in Thüringen. Der vor weniger Zeit erschiene Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Reform des Thüringer Verfassungsschutzes sieht zwar eine stärkere behördliche Kontrolle des Verfassungsschutzes vor, ebenso (wenn nicht vor allem) soll jedoch die „Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei sowie den übrigen Behörden, die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig sind“ (PM 03.12.13) gestärkt werden und dieser „noch besser in der Mitte der Gesellschaft positioniert“ werden. Aus dem absoluten Versagen des Verfassungsschutzes im NSU Skandal hat man also nichts gelernt. Es folgt nicht die Abschaffung des Verfassungsschutzes, sondern ein äußerst bedenklicher Machtausbau durch eine engere komplementäre Verknüpfung mit anderen staatlichen Sicherheitsorganen.

Verfassungsschutz auflösen!

Flugblatt [via]
verteiltes Flugblatt [via]