Thüringen 6.2.: Demos, Kundgebungen, Protestcamp und ein Rücktritt

Der öffentlich Druck hat augenscheinlich was bewirkt, die sozialchauvinistische Glatze ist zurückgetreten. Die Mobilisierung der letzten zwei Tage war beeindruckend — mehr als 5000 Menschen in Thüringen auf der Straße, viele Demonstrationen und Aktionen wie z.B. das unten abgebildete Protestcamp vor der Staatskanzlei. Wir werden sehen, wie’s weitergeht — denn auch ohne Kemmerich stimmt mindestens 1/4 der Thüringer*innen faschistischen Positionen zu. Ein Grund, weiter auf die Straße zu gehen.

Unten Bilder, hier noch zwei Redebeiträge — oben vom Flüchtlingsrat Thüringen, unten von uns — von einer der heutigen Demonstration:

Gestern erlebten wir einen Dammbruch, Ja. Gestern hatte sich offen gezeigt, dass die vermeintlich bürgerliche Mitte von CDU und AFDP nicht davor zurück schreckt, den offenen Schulterschluss mit den Faschisten und Rassisten der AFD zu suchen. Es war ein Schock. Und heute rudert Kemmerich zurück. Doch eigentlich sollte uns dies ganze parlamentarische Schauspiel nicht sonderlich überraschen. Seit Jahren schon und insbesondere im Wahlkampf vergangenes Jahr machen die Faschisten und Rassisten im Thüringer Landtag Hand in Hand Politik gegen Schutzsuchende, Geflüchtete und Migrant*innen hier in Thüringen und in der Bundesrepublik. Deutschlands Kultur der Abschiebungen, Internierung und Deportationen hat nicht gestern oder heute begonnen, aber sie muss hier und jetzt gestoppt werden. Sie ist das, was von Auschwitz bleibt. 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz paktieren vermeintlich bürgerliche Parteien erneut offen mit Faschisten. Abschiebungen, Lagerunterbringung, Deportation, Entrechtung, Polizeigewalt, Folter, Mord und Sklaverei, all dies erleben wir im Gewand einer menschenfeindlichen Migrationspolitik heute erneut. Von allem gibt es Bilder, Videos und Berichte. Niemand wird heute behaupten können, von allem nichts gewusst zu haben. [komplett als PDF]

Es ist schwer, die richtigen Worte zufinden, bei dem ganzen Hin und Her der letzten 24 Stunden. Wir finden aber: Heute kann schon mal gefeiert werden. Denn der sozialchauvinistische Skinhead ist zurückgetreten. Das hat sicherlich mit dem Druck aus der Bundespolitik zu tun. Aber auch damit, das wir – die wir jetzt hier stehen – sofort nach der Wahl auf die Straße gegangen sind und laut und deutlich gezeigt haben, was wir davon halten, dass das bürgerliche Lager – erneut – bereit ist, mit den Faschisten von der AfD zusammen zu arbeiten. […] Die Ereignisse der letzten Tage haben wieder mal bewiesen, dass man sich im Kampf gegem Rechts nicht einfach auf Parlamentarismus und den bürgerlichen Staat verlassen kann. Genau wie historisch der NS durch demokratische Prozesse an die Macht gekommen ist, arbeiten auch jetzt schon verschiedene Kräfte auf verschiedenen Ebenen an der Machtergreifung – sei es die AfD, die offen sagt, das das Parlament nur ein Instrument ist, die Demokratie abzuschaffen. Seien es die Bundespolizist*innen und Soldat*innen, die sich bei Uniter für den Tag X zusammen tun und schon Leichensäche bestellt haben. Seien es die Geheimdienstler, die den NSU letztlich möglich gemacht haben. Seien es die bürgerlich-liberalen Kräfte, die wegsehen und mitmachen. Das sind ganz konkret natürlich FDP und CDU. Wohlgemerkt: die CDU, die am 1. Mai noch mit im Bündnis #zusammenstehen gegen den Wahlkampfauftakt der AfD dabei waren. Gerade das zeigt doch, wie kurfristig ein bürgerlich-staatstragender Antifaschismus, der nur aus Formelkompromissen und Gesicht zeigen besteht, wirkt. [komplett als PDF]

Camp-Kemmerlich-Erfurt-2020