„Die Bandbreite“ spielte auf Erfurter Montagsdemo

Seit fast einem halben Jahr treffen sich nun auf dem Erfurter Anger Menschen mit verschiedensten Wahnvorstellungen, die vor allem der Hass auf den Westen und seine unverstandene Wirtschaftsweise vereint. Für die Komplexität kapitalistischer Vergesellschaftung hat man einfache Antworten parat. Schuld an Kriegen, Wirtschaftskrisen und sozialen Verwerfungen sind wahlweise die Konzerne, die Banken, die FED, die USA, Israel oder Benjamin Netanjahu persönlich. Inzwischen hat sich unter den Erfurter Verschwörungsantisemiten auch die Reichsbürgerideologie durchgesetzt, wonach Deutschland kein souveränes Land sei, sondern durch eine „BRD GmbH“ und nach alliiertem Besatzungsstatut verwaltet werde. Seit kurzem verbreiten die Erfurter Querfrontler auch die „Theorie“, wonach der Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York nicht durch die al-Qaida organisiert wurde, sondern die Zerstörung der beiden Türme des World Trade Centers durch atomare Sprengungen von Verantwortlichen in den USA selbst ausgelöst wurde. Als Beweis dient der Krebstot vieler damals im Einsatz befindlicher Feuerwehrleute und Krebs wird ja bekanntlich nur durch atomare Strahlung und Chemtrails verursacht.

Die Erfurter Montagsquerfront, deren harter Kern zwischen 10 und 15 Leute nicht nur aus Erfurt umfassen dürfte (siehe Alerta Südthüringen, ab S. 15), hatte sich für den gestrigen Montag Marcel Wojnarowicz von den sich als Rapper missverstehenden Schlagersängern der Duisburger Band „Die Bandbreite“ eingeladen. Die Band ist für ihre verschwörungsantisemitischen und nationalistischen Texte bekannt, bewegte sich früher in der westdeutschen (radikalen) Linken, ist aber heute lediglich im Querfront-Milieu der Montagsmahnwachen noch ein gern gesehener Act. Den Frontmann „Wojna“ schmerzt dieser von unterschiedlichsten Lagern der radikalen Linken betriebene Liebesentzug. Erst zu Pfingsten 2014 musste sich „Die Bandbreite“ vom Line-up eines MLPD-Festivals in Südthüringen streichen lassen. In Erfurt jammerte Wojna darüber, dass man seine Existenzgrundlage bedrohe.

Ca. 50 Menschen nahmen an der gestrigen Montagsmahnwache teil. Sie wurde durch ein antifaschistisches Transparent und die Zwischenrufe von ca. 20 Antifaschistinnen und Antifaschisten gestört, was die Organisatoren bei ihren Versuchen, die Antifas von ihrer Veranstaltung zu entfernen, zur Weißglut brachte. Der Anmelder Konstantin Stößel, aber auch sein machtaffiner Kollege Mario Rönsch drängten die Polizei immer wieder zum Eingreifen. Dabei hätten sich Stößel, Rönsch und ihre verwirrten Freunde über die gestiegene Aufmerksamkeit freuen können. Schließlich plätschert die Erfurter Montagswahnmache seit Monaten vor sich hin. Die immer gleichen Leute bespaßen sich dort mit ihren eigentümlichen „Recherchen“ und Handlungsanweisungen für eine bessere Welt. Auch bei der gestrigen Veranstaltung gab Stößel wieder den ewigen Dauerbrenner seiner Konsum- und Demokratie“kritik“ zum besten. Der Verzichtsprediger regt regelmäßig seine Fans dazu an, sich Akkubohrer zu teilen, regionale Produkte zu kaufen und auf den für die Subsistenz unnötigen Luxus zu verzichten. Ein vorbeilaufender, der Punksubkultur nahestehender Passant rief ihm entgegen: „Schwachsinn, das mache ich schon seit Jahren, das ändert gar nichts.“ Recht hat er. Stößel will mit den negativen Auswirkungen der Globalisierung auch ihre Möglichkeiten und Errungenschaften herschenken, will die anonyme Marktgesellschaft in die Blutsurenge des Mittelalters zurückwerfen. Für den 3. Oktober rief Stößel einen „Tag des deutschen Ungehorsams“ aus. Dann wollen Querfrontler in verschiedenen deutschen Städten aufmarschieren.

Nach langwierigen Diskussionen mit der Polizei wichen die Gegendemonstranten ein paar Meter zurück. Gegen 21 Uhr war der Spuk dann vorbei. Am kommenden Montag werden die Querfrontler dann wieder damit beschäftigt sein, sich gegenseitig ihrer einwandfreien Gesinnung zu versichern und die Wunden zu lecken, die der Protest der Antifa ihrem Ego zufügte. Dann wird aus dem Aufmarsch der Verwirrten wieder eine unter freiem Himmel tagende Selbsthilfegruppe für Kapitalismusgeschädigte.


Auf dem Plakat steht: „Frieden jetzt und immer ? Revolution ? Und einen schnellen sanften Tod allen Politikern und Spekulanten“; Im Hintergrund Konstantin Stößel, Anmelder der strafwütigen Friedensaktivisten


Antifaschistischer Protest


Not amused: Die Ilmenauer Fraktion der Montagsquerfront


Schlagerschmusi Marcel Wojnarowicz kann laut eindringlichem Bekenntnis gar kein Antisemit sein, denn immerhin seien einige seiner besten Freunde Juden


Mit Hilfe des ungewohnt umgänglichen BFEs wurden die Antifas einige Meter zurückgedrängt

Von Ox Y. Moron