Jena: Sonntagsspaziergang am 3. Oktober


Rund 200 Menschen folgten am 3. Oktober dem Aufruf „Schwarz.Rot.Gold. …sind nicht mal alles Farben.“ zur antinationalistischen Demonstration in Jena.

„Gegen Deutschland, Nation und Kapital“ lautete der Slogan auf dem Fronttransparent. In verschiedenen Redebeiträgen wurde entsprechend der deutsche Wahn in seinen verschiedenen Ausprägungen und Erscheinungsformen kritisiert: im Umgang mit Migrant_innen, in der Ideologie des Ethnischen, im klassischen Rassismus. Einige Beiträge wurden aktualisiert und erneut verlesen, etwa „Zum Stand antifaschistischer Bündnispolitik“ (Original hier). Israel war wieder ein wichtiger Bezugspunkt, mehrere Redner_innen erklärten ihre Solidarität.

Die Route führte an verschiedenen Orten finsterer deutscher Geschichte vorbei, etwa am Grundstück der „Grünen Tanne“, dem Gründungsort der Urburschenschaft. Aus der Vereinigung von 1812 sollte sich in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten eine antisemitische, männerbündlerische, militaristische… u.s.w. Bewegung in allen deutschen und vielen österreichischen Hochschulstandorten entwickeln. Zum 200jährigen in zwei Jahren dürfte sich ein erneuter Besuch lohnen.

Dort kam der Demo der schlechte Wartungszustand öffentlicher Güter in die Quere: Ein Teil der Straßenbahnoberleitung hatte sich gelöst und verhinderte, dass die Route auf der vorgesehenen Strecke begangen werden konnte. Die Polizei hingegen verhinderte, dass die Demo am Weinfest in der „Grünen Tanne“ vorbei führte und sorgte für einen Spaziergang durch von Demonstrationen ansonsten ungestörte Stadtteile. Leider ließ man dies unwidersprochen und nutzte auch nicht den neuen Weg zu spontanen Redebeiträgen. So erfuhren nur aufmerksame Beobachter_innen, dass die sich auf der Strecke der durch Jena führenden Todesmärsche befanden und am Denkmal für die Geschwister Scholl und am Wohnhaus Magnus Posers vorbeiliefen.


Randbegrünung: der Jenzig

Ansonsten befand sich, bedingt durch die Routenänderung, ein großer Teil in landschaftlich interessantem Gebiet.

So kam die Demonstration mit einiger Verspätung erst zu ihrem Besuch auf dem Markt, wo erwartungsgemäß wenige Menschen den „Tag der deutschen Einheit“ feierten oder zumindest das Angebot an Bier und Bratwürsten als Zwischenstopp für ihren Sonntagsspaziergang nutzten. Trotz schlechter Musik aus großen Anlagen konnten sie wohl einen Teil der Reden hören, die u.a. an die rassistischen Angriffe auf Migrant_innen im Zuge des Vereinigungstaumels erinnerten.

An dieser Stelle hat sich die Demonstration stark an unseren Tipps dazu, wie man nicht an geschützte Orte kommt orientiert. Angesichts dessen erschien das an die Feiernden gerichtete „Wir kriegen euch alle“ ein wenig großkotzig. Aber man kann ja noch üben.

Noch ein paar Bilder:


Polizeibegleitung


Nationbusters


Wenn das St. Teddy wüsste