Arnstadt: Spontandemo nach Räumung der Liebig 14 in Berlin

Wie die AGST und Indymedia schreiben, gab es auch in Arnstadt eine Sponti anlässlich der Räumung der Liebig 14:

In den Abendstunden des vergangenen Samstag, dem 5. Februar 2011, demonstrierten ca. 30 Menschen spontan und daher unangemeldet durch die Arnstädter Innenstadt. Dabei wurde mit Sprechchören, Pyrotechnik, Transparenten und Flugblättern auf die Räumung der Liebig 14 aufmerksam gemacht. Nach etwa einer halben Stunde kamen auch schon die ersten Staatsschützer und im Laufe des Abends wurden es noch einige mehr. Die Demonstration löste sich auf und die Aktivist_innen verschwanden in verschiedene Richtung. Das hinderte die Polizei natürlich nicht daran willkürlich neun Personen im Stadtgebiet festzusetzen, die sie den Demonstrant_innen zurechnete. Was das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wert ist, das auch spontane Versammlungen schützt, bekamen die neun Festgesetzten gleich demonstriert. Sie wurden in Gewahrsam genommen und erkennungsdienstlich behandelt. Wer hier auf Missstände aufmerksam macht, muss eben damit rechnen, dass ihm Fingerabdrücke und Lichtbild abgenommen werden: Democracy, made in Germany.

Für die Betroffenen gilt, wie immer und überall, konsequent jede Aussage verweigern, Vorladungen der Polizei ignorieren und sich in diesem Falle bei der Roten Hilfe Südthüringen melden (http://rotehilfesth.blogsport.de). Außerdem ist es immer ratsam Gedächtnisprotokolle anzufertigen. Dort schreibt ihr nicht hinein, was ihr gemacht habt, sondern wie und warum euch die Polizei aufgegriffen hat und wie ihr behandelt wurdet. In Berlin, Arnstadt und überall gilt: Solidarität ist eine Waffe!

Das verteilte Flugblatt:

Freiräume sind vor allem FREI

Am 2. Februar wurde in Berlin das ehemals bestetzte Haus „Liebigstraße 14“ von einem martialischen Polizeiaufgebot mit massiver Gewalt geräumt. Damit ist eines der wenigen noch in Berlin verbliebenen Freiräume, in denen vielfältige alternative Kultur und Lebensformen ihren Platz hatten, vernichtet worden. Die Bewohner der Liebigstraße hatten Mietverträge, welche nach dem Wechsel des Besitzers aus fadenscheinigen Gründen gekündigt wurden.
Die Räumung reiht sich in einen langen Prozess der „Umgestaltung“ Berliner Innenstadtbezirke und zeigt eine klare Botschaft in wessen Interessen Berliner Stadtpolitik betrieben wird. Der Prozess der Gentrifizierung bedeutet für die Anwohner dieser Bezirke vor allem steigende Mieten und Verdrängung in die Außenbezirke. Durch Sanierung und Mieterhöhungen wird in als hipp & alternativ angesehenen Stadtvierteln nach und nach die Bevölkerung ausgetauscht. Der ehemals von einzigartigem Leben und Kultur geprägte Stadtteil wird zu einem durchkommerzialisierten Einheitsbrei, ohne Alleinstellungsmerkmal, wie er in vielen Städten & Vierteln anzutreffen ist. Das Ziel dieses Prozesses ist dabei so klar, wie abstoßend: Profit auf Kosten der ansässigen Bewohner. Rücksicht, Verständnis, Mitgefühl – Fehl am Platz.
Die Liebigstraße 14, in Reiseführern und bei Stadtführungen ein äußerst beliebtes Touristenziel, war einer der Orte, die für den Charme und die Anziehungskraft von Berlin standen und sich aktiv gegen den Verdrängungsprozess eingesetzt hat. Im Haus selbst wurden andere Formen des Zusammenlebens praktiziert. Es war Anlaufpunkt für viele Menschen, die einen Leben jenseits des kaptitalistischen Normalzustand, jenseits von Konsumzwang und weichgespülter Kulturindustrie gesucht haben. Das erhaltenswerteste an Freiräumen ist, dass diese in allererster Linie frei sind, frei von vielen Zwängen des alltäglichen Lebens, freier als einen Leben in Betonblocks und Mietkassernen es jemals sein könnte. Nur in einer solchen Umgebung können neue Ideen in Kunst, Kultur & Lebensart entstehen und ausprobiert werden.
Wie wertvoll ein solches Projekt ist, lässt sich nicht in kalten Zahlen wiedergeben, man kann diesen Wert nicht berechnen, nicht in Profit angeben.
Genau dieser Zustand führte letztendlich dazu, dass die Besitzer des Hauses eine Räumung und eine erst damit mögliche profitorientierte Verwertung des Hauses vorzogen. Für die Profite weniger wurden die Lebens- & Freiräume vieler zerstört.
Diesen Zustand werden wir nicht hinnehmen und dafür sind wir heute auf der Straße um unser Wut und Entschlossenheit zum Ausdruck zu bringen.