Starker Anstieg rechter und rassistischer Gewalt in Thüringen

Wie die mobile Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt berichtet, ist die Zahl rechter Übergriffe in Thüringen erneut stark angestiegen:

Rechte und rassistisch motivierte Gewalt haben in Thüringen im ersten Halbjahr 2016 erneut deutlich zugenommen. Ezra, die mobile Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen, registrierte in den ersten sechs Monaten 72 Fälle. Im Vergleichszeitraum 2015 waren es 39 Fälle. Direkt betroffen von diesen Übergriffen sind bisher mehr als 130 Menschen. Häufigstes Tatmotiv ist Rassismus. In mehr als der Hälfte der Fälle wurden Menschen aus rassistischen Motiven angegriffen. 29 Mal kam es zu Übergriffen auf politische Gegner.

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Neuer Verhandlungstermin gegen Blockupy-Polizisten

Es kommt wieder Bewegung in den sich schon länger hinziehenden Prozess rund um die Verhandlung eines Polizisten wegen Beschädigung der Filmpirat*innen-Kamera.
Folgende Pressemitteilung haben wir der Filmpiraten-Homepage entnommen filmpiraten.org:

Nach knapp 3 Jahren beginnt die Verhandlung gegen einen Chemnitzer Bereitschaftspolizisten vor dem Frankfurter Amtsgericht. Ihm wird vorgeworfen während der Blockupy-Aktionstage 2013 die Kamera einer Pressevertreterin beschädigt zu haben. Diese war damals für das Medienkollektiv Filmpiratinnen und Filmpiraten aus Erfurt im Einsatz. Für die Verhandlung sind zwei Mitglieder des Filmpiratinnen und Filmpiraten e.V. geladen. Gegenstand des Verfahrend sind auch zwei Videos, die das Geschehen zeigen.

Bereits im März sollte die Verhandlung in Frankfurt beginnen. Kurzfristig meldete sich der Anwalt des Polizisten krank, sodass nun ein neuer Verhandlungstermin festgesetzt wurde.

Der Polizist war bei der Blockupy-Demonstration am 1. Juni 2013 eingesetzt. Während des umstrittenen Polizeikessels beschädigte er die Kamera. Das Video aus der Sicht der beschädigten Kamera sorgte damals im Internet für Aufmerksamkeit. Die Kamera wurde jahrelang für zahlreiche Filmpiraten-Dokumentationen verwendet. Durch die Beschädigung waren die Filmpiratinnen und Filmpiraten zeitweilig in ihrer Arbeit sehr eingeschränkt. Die Filmpiratinnen und Filmpiraten e.V. sind ein Videokollektiv aus Erfurt. In erster Linie entstehen durch Graswurzeljournalismus Dokumentationen mit alternativen Sichtweisen.

NPD Thüringen zerlegt sich weiter selbst: Biczysko wechselt zur Partei „Die Rechte“

Am 17. Juni 2016 verkündete die Neonazi-Partei „Die Rechte“ (DR) den Wechsel des ehemaligen NPD-Mitglieds und NPD-Stadtrates Enrico Biczysko in den DR-Kreisverband Mittelthüringen. Illustriert wurde der Artikel zum Parteiübertritt mit einem Bild von Michel Fischer, dem Landesorganisationsleiter und seit kurzem Beisitzer im DR-Bundesvorstand, und Biczysko selbst.

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Jena: CATI Labour Struggle

Beschäftigte des universitären CATI-Labors sind an die Freie Arbeiter- und Arbeiterinnen Union (FAU) Erfurt/Jena herangetreten um gegen ihre Arbeitsbedingungen zu protestieren. Im CATI (Computer-assisted telephone interviewing)-Labor werden telefonische Umfragen und Interviews für universitätsinterne, wirtschaftliche und politische Auftraggeber durchgeführt. Betrieben wird das CATI-Labor vom Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Werkverträge zwingen die Beschäftigten in die Scheinselbstständigkeit und unterwandern den Tarifvertrag der Länder (TV-L) sowie grundlegende arbeitsrechtliche Mindeststandards. Vertraglich soll das Werk, geführte Interviews, bezahlt werden, während faktisch die Arbeitszeit nach Mindestlohn bezahlt wird.

Mit der Unterstützung der FAU Erfurt/Jena fordern die organisierten Beschäftigten reguläre Arbeitsverträge anstatt der Werkverträge und damit die Umsetzung geltender Arbeitsgesetze und der Bildschirmarbeitsverordnung. Außerdem fordern sie eine an Tarifvertrag orientierte Vergütung von 13 Euro und die zuverlässige, zeitnahe Überweisung der Löhne.

Das Institut für Soziologie der Universität Jena ist deutschlandweit bekannt für seine enorme akademische Produktivität und gewerkschaftsnahe Forschungsausrichtung. Umso mehr erstaunt es, dass das Institut im CATI-Labor die gewerkschaftlich erkämpften Errungenschaften unterläuft.

Die prekäre Finanzierung der Universität führt immer mehr dazu, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse durch billige studentische Arbeitskraft ersetzt werden, sei es im CATI-Labor, in der EDV oder den universitären Bibliotheken. Dieser Praxis stellt sich die FAU gemeinsam mit den Beschäftigten entgegen.

Alle Infos dazu gibt es bei catilabourstruggle.blackblogs.org.

Jena: Schellen, Hausbesuch und Sponti nach Naziübergriff

Am Abend des 11.6. kam es am Containerlager für Geflüchtete am Grießparkplatz in Jena-Ost zu einem Naziübergriff. Die Polizei stellte zwei der Angreifer. In derselben Nacht wurden die Nazis noch von einer Gruppe Vermummter angegriffen und verletzt. Am nächsten Tag (12.6.) stand eine Antifa-Sponti von 140 Leuten bei einem der Faschos vor der Haustür und demonstrierte danach unangemeldet durch die Stadt.

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Nadelstiche gehen Panzer-Echse — Tag der Bundeswehr in Erfurt

Nein zur BRD Und ihrer Armee beim Tag der Bundeswehr in Erfurt
Als vor 20 Jahren die Bundeswehr ein öffentliches Gelöbnis auf dem Erfurter Domplatz feiern wollte, gab es breiten Widerstand gegen das Militärspektakel. Autonome, Teile der evangelischen Kirche, die Friedensbewegung und Andere im Clinch mit Feldjägern und Polizei haben die Stadt in ein Chaos versetzt. Die Erfahrung, dass der Platz, auf dem das Aufbegehren gegen die DDR-Autoritäten begann, von nicht minder autoritären und zudem hochgradig aggressiven Polizeieinheiten geschützt wurde, war prägend für viele Menschen: Unter dem Polizeiknüppel der BRD-Einheiten wurde klar, was von der neu gewonnenen Freiheit zu halten war.

2016 sind die Rahmenbedingungen gänzlich andere. Und so ergibt sich auch ein völlig anderes Bild, wenn die Bundeswehr unter dem Motto „Panzer statt Riesenrad“ ein Kinderfest auf dem Erfurter Domplatz feiert. Da ist zum einen das Protestspektrum: Waren 2006 die Gewerkschaften, die Autonomen, die Kirche und andere mit vielen Leuten und kreativen Aktionen dabei, finden sich heute vielleicht 40, um gegen die Bundeswehr zu demonstrieren. Der DGB hat keine Beschlusslage zum Thema und muss Rücksicht auf die abhängig Beschäftigten nehmen, die GRÜNEN sind mittlerweile der Ansicht, dass die Bundeswehr zur Gesellschaft dazu gehört und die Autonomen sind vermutlich alle im Urlaub oder in ihrem Hausprojekt am bauen. So ist bis 14 Uhr wenig kraftvoller und kreativer Protest zu sehen.

Aber auch der Umgang mit Protest hat sich geändert. Ein Gutteil der Wirkung des Widerstands von 2006 ergab sich aus dem massiven Auftreten der Sicherheitskräfte gegen die Protestierenden. Hält man heute ein Transparent „Gegen die BRD und ihre Armee“ vor einen Panzer, gucken die Feldjäger nur mal interessiert und belassen es weiter dabei, rumzustehen. So war es heute dann auch möglich, mit vielen kleinen Aktionen zu zeigen, dass man nicht einverstanden ist: Das besagte anti-BRD-Transparent der FDJ war lange direkt auf dem Domplatz präsent, das Umfeld der Offenen Arbeit Erfurt zeigte „Die Waffen nieder“ auf den Domstufen, aus einem Fenster hing „Schwerter zu Pflugscharen“ und die PARTEI bot an, das Gerät der Bundeswehr gleich vor Ort zu zerlegen. Am Nachmittag kam es noch zu einer Die-In-Aktion: 20 Menschen brachen vor dem zentral ausgestellten Kampfpanzer blutig zusammen.

Die Strategie der Bundeswehr, diese kleinen Nadelstiche einfach zu ignorieren, ist wunderbar aufgegangen. Zwischen Panzer-Besichtigen, Nahkampf-Werbevideo und Bundeswehr-Sozialverband waren die kritischen Statements zwar zu sehen, gestört haben sie nicht. Am Ende hat die Bundeswehr bewiesen, dass man an der Heimatfront sogar ein bisschen dagegen sein darf, so lange man die tödliche Maschinerie nur kritisch begleitet. Allein die Erfurter CDU empörte sich im Vorfeld darüber, dass die bärtigen Hippies, die man als Blockpartei schon Scheiße fand, tatsächlich immer noch gegen die Armee sind und nicht einsehen wollen, dass die Panzer von der Bundeswehr nun aber wirklich Friedenspanzer sind.

Alles in Allem bleibt aber leider festzuhalten, dass wir von einer antimilitaristischen Bewegung, die wirklich dazu in der Lage ist, Trouble an der Heimatfront zu machen und damit das tödliche Geschäft der Bundeswehr zu sabotieren, weit entfernt sind.

Schon am Vorabend waren viele Ortseingangsschilder von Erfurt mit dem Zusatz „Stadt der Mordlogistik“ versehen worden — ein Hinweis auf das Heereslogistikzentrum, dass seit 2013 in der Erfurter Löberfeldkaserne stationiert ist.

Die Waffen nieder. Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt
Die Waffen nieder auf den Domstufen

Was sind schon 1000 Tote gegen ein eisernes Kreuz. Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt.
Was sind schon 1000 Tote gegen ein eisernes Kreuz?

General vor Transparent. Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt.
Was sind schon 1000 Tote für eine schicke Uniform?

Die Bundeswehr legt Kindern nahe, in den Krieg zu ziehen - Tag der Bundeswehr in Erfurt
„Welche von den Kindern schicken wir jetzt in den Krieg?“ — „Alle!“

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland. Hier posiert er vor einem Leopard Kampfpanzer. Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland. Hier posiert er vor einem Leopard Kampfpanzer.

Großvater in Verdun, Vater in Stalingrad, wie geht's weiter? Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt
Protest direkt vor der Bühne

Die Waffen nieder oder Panzer zerlegen. Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt
Im Hintergrund: Die Waffen nieder! Davor: Die PARTEI bietet an, das Kriegsgerät zu zerlegen.

Anwohner_innen protestieren gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt: Schwerter zu Pflugscharen
Anwohner_innen protestieren: Schwerter zu Pflugscharen!

Gegen das Logistikzentrum der Bundeswehr in der Erfurter Löberfeldkaserne: Erfurt -- Stadt der Mordlogistik
War schon am Vorabend zu sehen: Erfurt — Stadt der Mordlogistik

Die-In vor dem Leopard Kampfpanzer beim Protest gegen den Tag der Bundeswehr in Erfurt
Die-In vor dem Kampfpanzer

WE WILL RISE in Erfurt: Kleine Antira-Demo zur Ausstellungseröffnung

60 Menschen haben am vergangenen Donnerstag in Erfurt anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „WE WILL RISE“ gegen Rassismus und Abschiebungen und für globale Bewegungsfreiheit demonstriert. Die Ausstellung kann bis zum 30. Juni 2016 in der Michaleliskirche besichtigt werden und zeigt die Kämpfe von Geflüchteten ausgehend vom Refugee March for Freedom im Jahr 2012 bis zur Besetzung des Oranienplatzes und der Gerhard-Hauptmann-Schule in Berlin.

Vor der Staatskanzlei begrüßte das Bildungskollektiv die Bewegung der Flüchtlinge im Rückgriff auf Angela Davis als Bewegung des 21. Jahrhunderts, die die Regeln der nationalen Ordnung nicht anerkennt und sich mit dem Grenzübertritt ein basales Recht nimmt, für dessen Geltung es zu kämpfen gilt. Die Ausstellungsgruppe machte deutlich, dass die Bewegung u.A. in Erfurt mit dem Break-Isolation-Camp ihren Ausgang genommen hat und nun zurück ist, um weiter für die Rechte und die Würde der Geflüchteten zu kämpfen. Auf dem Anger traf die Demonstration auf die Kundgebung gegen Sozialabbau und wurde von einer Sprecherin begrüßt: „Es gibt in Deutschland auch Armut und Not. Aber was wir auf keinen Fall zulassen dürfen ist, dass sich die Armen dieser Welt gegeneinander ausspielen lassen“. Stattdessen gelte es internationale Solidarität zu zeigen. Das Grenzen-Abschaffen-Bündnis sprach anschließend und betonte nochmals, dass es wichtig ist, gemeinsame Kämpfe zu führen (siehe unten). Jose Paca, Vorsitzender des Erfurter Ausländerbeirats führte zum Abschluss ausführlich aus, dass die Würde des Menschen für Alle zu gelten habe und daher jede Pöbelei, jeder rassistisch motivierte Angriff und auch jede Abschiebung ein Verbrechen sei.

In der Michaeliskirche gab es anschließend die Möglichkeit, die Ausstellung anzusehen. In 28 Bildtafeln, zahllosen Originaldokumenten und vielen Video- und Audiostationen bietet sie einen vielfältigen, subjektiven und kämpferischen Blick auf die Kämpfe der Jahre 2012-2015. Als interaktive Ausstellung bietet sie die Möglichkeit, den Zeitstrahl zu ergänzen und zu kommentieren.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni zu sehen und ist Montag-Freitag von 11 bis 16 Uhr geöffnet.


Formelle Eröffnung


Materialfülle


Angela Davis in der Kirche

Hier noch der Redebeitrag von Grenzen Abschaffen:

Dear Friends and Comrades,

In 2015, so many people decided to flee worldwide, as hadn’t been the case since the Second World War. A lot of people reached Europe, and for a short moment, they succeeded in breaking through Fortress Europe. Last summer, Germany celebrated itself as ‚Welcoming-Champion’. At the same time, there was a new wave of open racism and nationalism. Half of the Thuringian population and a big part of Germans, who usually stay at home and quietly think to themselves, that there are too many migrants in Germany, went to the streets and put their racism into action. This showed results on different levels: closed borders, people who got hurt, burning Lager, and racist mass mobilizations with regionally different results. Weiterlesen

Samstag: Naziaufmarsch verhindern!


Am Samstag gilt es den Naziaufmarsch von „PEsN“ in Erfurt zu verhindern. Hintergrundinfos zu dieser merkwürdigen Gruppierung gibt es von der AKE.

Die Nazis wollen um 12 Uhr am Bahnhofsvorplatz mir ihrer Demo beginnen und werden nach bisherigem Kenntnisstand an einer Geflüchtetenunterkunft vorbei laufen. Die genaue Route findet ihr in der Aktionskarte.

Eine Angemeldete Gegendemo beginnt um 11 Uhr am Anger in Erfurt. Einen Ticker gibt es bei Twitter.


Aktionskarte: Klick für Download als PDF

Wir sehen und auf der Straße!

Donnerstag: Demo und Ausstellung für globale Bewegungsfreiheit

english version here

Wir wollen noch mal darauf hinweisen: Am Donnerstag wird die Ausstellung „We will rise“ mit einer Demo für globale Bewegungsfreiheit eröffnet. Der Auftakt ist um 16.30 Uhr an der Staatskanzlei in Erfurt. Die Türen zur Ausstellung werden anschließend um 18.30 Uhr in der Michaeliskirche geöffnet.

Die Ausstellung „We will rise“ zeigt und dokumentiert die Kämpfe von Geflüchteten und wurde von Geflüchteten mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung erstellt. Eine Ausstellung, die zeigt, wie sich Geflüchtete in Bewegung setzen und kämpfen — gegen die Bedingungen, unter denen sie in Deutschland leben müssen, gegen Abschiebungen, gegen die mörderischen Außengrenzen der Festung Europa und gegen die Weltordnung, die seit Jahrhunderten Reichtum und Macht im globalen Norden konzentriert.

Macht noch mal kräftig Werbung und kommt vorbei! Für globale Bewegungsfreiheit und ein bedingungsloses Bleiberecht für alle!

Care am Boden beim care-revolutionären Stadtrundgang


Etwas verspätet hier ein Bericht vom care-revolutionären Stadtrungang am vorletzten Wochenende.

Der Stadtrundgang war eine Aktion des lokalen Auslegers des bundesweiten Netzwerk Care-Revolution, dass seit einiger Zeit versucht, die bezahlte und unbezahlten Tätigkeiten, bei denen direkte menschliche Bedürfnisse im Zentrum stehen — Pflege, Erziehung, Bildung, Hausarbeit und vieles mehr — auf die politische Agenda zu setzen. Weil für uns ein Feminismus ein notwendiger Baustein einer umfassenden Gesellschaftskritik ist, beteiligen wir uns am Netzwerk und waren beim Stadtrundgang dabei.

Das Netzwerk argumentiert, dass es neben der gewöhnlichen Ökonomie, um die sich ständig alle sorgen, eine unsichtbare Ökonomie gibt, die oftmals kostenlos oder unterbezahlt von Frauen erledigt wird. Während z.B. Banken gerettet werden, lagert der Kapitalismus unzählbar viele Stunden notwendiger Care in den privaten und prekären Bereich aus. Diese Tätigkeiten sind für das menschliche Wohlbefinden viel unmittelbarer wichtig als die meisten Dinge, die am Fließband oder am Schreibtisch produziert werden. Deswegen will das Netzwerk die Erfüllung von Care-Bedürfnisse in den Mittelpunkt des politischen Handelns stellen, um damit eine Transformation in Gang zu setzen, an deren Ende eine bedürfnisorientiert(ere) Gesellschaft stehen soll — die Care-Revolution!

Angeführt von einer Care-Kali, die mit acht Armen allerlei erledigt und der die Anstrengung schon ins Gesicht geschrieben steht, hat der Rundgang Orte aufgesucht, an denen unsichtbare Reproduktionsarbeit geleistet wird und dies in Redebeiträgen zum Thema gemacht: Maus und Elefant auf dem Anger haben gehört, wie die Doppelbelastung in der Medienbranche dazu führt, dass Frauen in der Leitungsebene und bei den „harten“ Themen wie Politik außen vor stehen. Viel Aufmerksamkeit erhielt ein Beitrag über die Zustände in der Altenpflege in der Nähe eines Pflegeheims. In der Michaelisstraße vor dem Collegium Maius wurde über die Schwierigkeiten berichtet, die Bestrebungen einer akademischen Laufbahn und dem (Allein-)Erziehen von Kindern mit sich bringen. Vor der Allerheiligenkirche ging es um die Arbeitsbedingungen bei kirchlichen Trägern und auf dem Fischmarkt wurde deutlich, welche systematische Lücken in der Unterbringung dazu führen, dass die Care-Bedürfnisse von Geflüchteten ganz besonders wenig beachtet werden. Den Abschluss machte ein Die-In, bei dem die Teilnehmer_innen nach und nach umgefallen sind, um symbolisch zu zeigen, dass die Care in vielen Bereichen derzeit am Boden ist.

Die regionale Care-Vernetzung plant derzeit, die überarbeiteten Redebeiträge zu veröffentlichen. Wir halten euch darüber auf dem Laufenden. Bei Interesse an einer feministischen Vernetzung in Thüringen wendet euch an die Regionalgruppe.


Der Rundgang


Care am Boden

Schatten des 1./2. Mai 2015: Soliparty im Retronom!

Am kommenden Samstag, den 28. Mai, findet ab 19 Uhr eine Soliparty in Erfurt statt, um sich kollektiv an den Repressionskosten nach den antifaschistischen Protesten am 1. und 2. Mai vergangenen Jahres in Erfurt zu beteiligen und die Betroffenen zu unterstützen.

Musik? Rana Esculenta, Borni & 2.1 Jamsystem
Wann? Sa, 28.05.2016, 19 Uhr
Wo? Retronom, Johannesstraße 17a

Razzia nach Angriff auf AJZ

Wie lokale Medien berichten, durchsuchte die Polizei am gestrigen Donnerstag mehrere Wohnungen in Erfurt, im Kreis Saalfeld-Rudolstadt und Hannover. Neun verdächtigen aus der „rechtsextremen und Hooligan-Szene“ wird vorgeworfen zu Himmelfahrt das Autonome Jugendzentrum in Erfurt angegriffen zu haben.

Bei dem Überfall setzten die Nazis Steine, Flaschen und Reizgas ein und riefen „Heil Hitler“. Verletz wurden vier Personen im Hof und Gebäude des AJZ. Anschließend flüchteten die Nazis in eine Straßenbahn, die durch eine weitere Gruppe Nazis aufgehalten wurde.

Naziaufmarsch am 4. Juni verhindern!

Am 4. Juni findet nicht nur Kultur flaniert (Facebook) und das Magdeburger Allee Fest statt. Auch die Nazis von „PEsN“ (Patriotische Europäer sagen Nein) haben einen Aufmarsch in Erfurt angekündigt und wollen gegen den von ihnen enttarnten „Plan ganz Europa zu vermischen“ demonstrieren.

Egal ob vom Staat, AfD, Thügida oder PEsN: Rassismus, Nationalismus und Volksgemeinschaft werden wir entschlossen entgegentreten. Deshalb kommt am 4. Juni um 11 Uhr auf den Anger in Erfurt. Achtet auf weitere Ankündigungen!

Neonazi Hannjo Wegmann versucht sich als Kleinunternehmer

Der lange bekannte, in Erfurt aktive Neonazikader, Hannjo Wegmann versucht sich seit einigen Monaten in der Selbstständigkeit. Mit einem „Schnelltransportservice“ möchte sich der NPD- und ThüGIDA-Aktivist ein paar Groschen dazu verdienen. Dass Wegmann eben nicht nur der unsympathische Möbelpacker von nebenan ist, wollen wir im folgenden Artikel aufzeigen.

Weiterlesen bei Indymedia Linksunten.

In eigener Sache

Die Zeit bis wir unsere neuen Räumlichkeiten beziehen können haben wir genutzt um unser Onlineangebot etwas aufzufrischen. Unseren Blog gibt es jetzt im neuen Schick. Doch darüber hinaus haben wir auch unsere Selbstdarstellung aktualisiert und den Tab „Projekte“ eingefügt. Dort findet ihr ab jetzt immer was wir als politische Gruppe gerade machen. An unserer Blogpolitik auf der Startseite und der Sammlung linker Termine für Erfurt und darüber hinaus hat sich aber nichts geändert. Wir hoffen es gefällt und machen jetzt schnell weiter mit den Kämpfen die gerade anstehen.

Über uns

Der Infoladen Sabotnik ist ein klassischer Infoladen und eine linksradikale politische Gruppe aus Erfurt. Einerseits könnt ihr in unseren Räumlichkeiten vorbeischauen. Dort gibt es offene Computer, eine Bibliothek mit Archiv, aktuelle linke/linksradikale Zeitungen und Zeitschriften, Flyer, Sticker und Plakate. Dazu gehören auch Infos und Materialien zu kommenden Veranstaltungen und Aktionen in Erfurt, mit regionalem Bezug und bundesweit. Ihr könnt hier Leute treffen, Kaffee oder Sterni trinken, lesen, die neuesten Infos abgreifen oder einfach nur abhängen.

Andererseits versteht sich der Infoladen als eine linksradikale Gruppe. Wir wollen durch linke Theorie und Praxis emanzipatorische Inhalte in die Breite tragen. Dazu organisieren wir Aktionen, Infoveranstaltungen und Lesungen, mobilisieren und mischen uns mittels Texten oder Aktionen in verschiedenste Themenfelder ein.

Antifa Café: No Border Camp in Griechenland

Grenzen Abschaffen lädt für diesen Freitag Abend zum offenen Antifa Café ein:

27. Mai | 18 Uhr | Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstr. 9 Hinterhaus)

In nahezu allen Regionen erstarken reaktionäre Kräfte, die Grenzen und Mauern werden wieder hochgezogen und zunehmend militarisiert. Vor allem an den Außengrenzen stauen sich in einem neuen Ausmaß immer mehr Geflüchtete aus aller Welt, deren Leid in ihren Heimatländern nicht zuletzt auf die Politik der europäischen Staaten zurückgeht. In dieser Situation wollen wir weder bloße Kommentartor*innen sein, noch in die Charity-Falle tappen, die ihre Erfüllung in der Hilfe von “Opfern” findet. Wir wollen kämpfen – nicht für Geflüchtete und ihre Bewegungsfreiheit, sondern Seite an Seite mit ihnen, in einem gemeinsamen Kampf für ein besseres Leben für uns alle. Aus diesen und vielen weiteren Gründen findet vom 15. bis 24. Juli 2016 in Thessaloniki (Griechenland) das internationale No Border Camp statt.

Auf der Infoveranstaltung wollen wir über das Camp informieren, Möglichkeiten der lokalen antirassistischen Vernetzung und Vorbereitung für das Camp sowie langfristige Perspektiven antirassistischer Politik diskutieren. Für alle, die sich bereits dazu entschieden haben zum Camp zu fahren gibt es außerdem die Möglichkeit andere, die fahren, kennen zu lernen und konktrete Absprachen zu treffen.

Kommt mit uns zu einer Reise der Solidarität, einer Reise voller Aktion, einer Reise beyond europe.

Infos zum Camp findet ihr unter noborder2016.espivblogs.net und noborder.beyondeurope.net.

WE WILL RISE! Ausstellung und Demo / Exhibition and Demonstration

-english version below-

Wir sind sehr erfreut, dass das Bildungskollektiv Biko die Ausstellung „WE WILL RISE!“ für den Juni nach Erfurt eingeladen hat:

WE WILL RISE ist ein Archiv und eine Ausstellung, gewidmet den Kämpfen von Geflüchteten. Eine Ausstellung, die zeigt, wie sich Geflüchtete in Bewegung setzen und kämpfen — gegen die Bedingungen, unter denen sie in Deutschland leben müssen, gegen Abschiebungen, gegen die mörderischen Außengrenzen der Festung Europa und gegen die Weltordnung, die seit Jahrhunderten Reichtum und Macht im globalen Norden konzentriert. Die Ausstellung zeigt die Perspektive der Protagonist_innen dieser Kämpfe. Sie ist entstanden nach der Räumung des besetzten Oranienplatz in Berlin 2014. Sie schafft einen Reflexionsraum für die Menschen der Bewegung und bietet gleichzeitig Austausch mit Menschen, die (noch) nicht Teil der Bewegung sind.

Eine solche Ausstellung wird nicht leise und vornehm mit einer Vernissage eröffnet. Statt dessen wollen wir mit den Ausstellungsmacher_innen, mit Thüringer Geflüchteten und vielen weiteren Gegner_innen des unmenschlichen Grenzregimes auf die Straße gehen und zeigen, dass die Kämpfe weitergehen. „We will rise!“ ist in diesem Sinne ein Versprechen und die Verpflichtung, nicht locker zu lassen und weiter gegen die unwürdigen Verhältnisse und für globale Bewegungsfreiheit einzutreten.

Auftaktkundgebung: Donnerstag, 2.6.2016, 16:30, Staatskanzlei Erfurt.
Eröffnung: Donnerstag, 2.6.2016, 18.30, Michaeliskirche

WE WILL RISE! Exhibition and Demonstration

We’re very pleased that the Educational Collective Biko has invited the exhibition „WE WILL RISE!“ to Erfurt. It will be shown in June in the church „Michaeliskirche“.

WE WILL RISE is both an archive and an exhibition, dedicated to the refugees‘ struggle. An exhibition that shows refugees‘ movement and their struggle against living conditions in Germany, against Deportations, against the deadly borders of Fortress Europe, against a world order that has accumulated wealth and power in the global north for hundreds of years. The exhibition shows the protagonists of these struggles. It was created after the eviction of the squatted Oranienplatz in Berlin in 2014. It creates a room for reflection for people on the move and for those who are not (yet) part of the movement.

An exhibition of that kind will not be opened with a nice and distinguished vernissage. Instead we’d like to demonstrate on the streets — together with the creators of the exhibition, with thuringian refugees, with many other opponents of the inhumane border regime. We’d like to express that the struggle will continue. With that in mind „We will rise“ shows the commitment to keep on fighting against unworthily living conditions and for global freedom of movement.

Opening: Thursday, June 2, 2016, 4:30pm, Staatskanzlei Erfurt
Vernissage: Thursday, June 2, 2016, 6:30pm, Michaeliskirche

VVN-BdA verurteilt Vertreibung der Roma aus dem Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma

Der Verband der Verfolgten des Naziregimes (Bund der Antifaschisten) verurteilt die in der Nacht auf Montag erfolgte Räumung des am Sonntag besetzten Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma:

Gestern Vorgestern hat eine Gruppe von Abschiebung bedrohter Roma das Denkmal besetzt, um auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen.

Seit die ethnisch konstruierten Nachfolgestaaten Jugoslawiens zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt wurden, haben sie als „Balkanflüchtlinge“ keine Chance mehr, in Deutschland Asyl zu finden. Was dabei nicht berücksichtigt wird: Serbien, Kroatien oder Kosovo mögen für Serben, Kroaten oder Albaner sichere Herkunftsländer sein, für Roma nicht! Sie fliehen vor Diskriminierung, Ausgrenzung und Entrechtung. Zu Wohnung, Bildung, Gesundheitsfürsorge – also zu den minimalsten Voraussetzungen eines menschenwürdigen Lebens – haben sie oft keinen Zugang.

Bereits am 14. September 2012, dem Tag der Einweihung des Denkmals, hatte dort eine Gruppe junger Sinti und Roma Jutetaschen umgehängt, auf denen geschrieben stand: „67 Jahre zu spät“. [weiter beim VVN-BdA]

Auf nach Annaberg-Buchholz!

Am 06. Juni versammeln sich christlich fundamentalistische Gegner_innen von Schwangerschaftsabbrüchen in Annaberg-Buchholz zu einem (jährlich stattfindenden) Schweigemarsch gegen Abtreibungen.

Das Bündnis Schweigemarsch Stoppen ruft zu Gegenprotesten auf (Start: 17 Uhr). Eine gemeinsame Anreise aus Jena wird organisiert.

Der Bus fährt um 13:45 Uhr in Jena los und kommen noch am selben Abend wieder zurück. Für mehr Infos und Tickets könnt ihr entweder an emanzipation-jena@riseup.net schreiben oder ihr kommt zur Infoveranstaltung am 30.05. bei der Montags-Sokü in Jena. Zudem könnt ihr jeden Freitag beim Infocafe Tickets ergattern.

Mehr Hintergrund-Infos findet ihr unter Schweigemarsch Stoppen.

Patriarchale Strukturen zerschlagen! Für die ersatzlose Streichung des Paragraphen 218!

Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti besetzt

Von Abschiebung bedrohte Roma haben heute das Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma zwischen Reichstag und Brandenburger Tor in Berlin besetzt.

Die Besetzer_innen erklären dazu:

Wir sind hier – Berlin Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma

Einigen von uns droht die Abschiebung. Andere sollten abgeschoben werden. Mit den Gesetzesänderungen der letzten Monate ist die Situation für uns sehr schlecht geworden.

Denjenigen, die in dieser Zeit neu nach Deutschland kommt, um hier Schutz zu suchen gelingt es oft gar nicht mehr, überhaupt hier anzukommen: kaserniert in Sonderlagern für u.a. Balkanflüchtlinge müssen sie eine Bearbeitung der Schutzgesuche abwarten, nahezu hundert Prozent davon Ablehnungen. Eine Bleibeperspektive wird von vornherein ausgeschlossen und gesetzlich verhindert. Ob organisierte Sammelabschiebungen oder die unmissverständlichen Aufforderung zur »freiwilligen Rückkehr« – abgespalten von den Flüchtlingen, deren Fluchtgründe als legitim gelten wird uns eine nur »geringe Bleibeperspektive« zugeordnet, dementsprechend werden uns Wege zu einem gleichberechtigten Leben hier versperrt. [weiter bei oplatz.net]

Alle Roma müssen gehen – die Konsequenzen der Asylrechtsverschärfungen

Wir veröffentlichen hier eine Pressemitteilung von Roma Thüringen. Eine betroffene Roma Familie aus Erfurt berichtet über den Zwang zur Ausreise und die Behandlung durch deutsche Behörden aber auch vom Rest der Gesellschaft im Mai 2016

„In der Ausländerbehörde (ABH) Erfurt haben sie uns Ende April gesagt, wir müssen gehen, da gebe es keinen Spielraum. Die Angestellte der ABH hat uns vor der Wahl gestellt, jetzt die sog.„freiwilligen Ausreise“ zu
unterschreiben, ansonsten komme innerhalb von 3 Tagen die Polizei zu uns nach Hause, um uns abzuschieben. Das hat sie gesagt, obwohl für die jüngste Tochter noch keinen Negativbescheid vom Bundesamt da ist, das
Asylverfahren in dem Fall also noch nicht abgeschlossen ist.
Alle Ausweisdokumente hat die ABH einbehalten, wir haben von der ABH nur noch ein Blatt Papier, die sog. Grenzübertrittsbescheinigung, bekommen. Manchmal habe sie Angst raus zu gehen, so die Mutter der Familie, weil wir keine Dokumente haben, falls die Polizei kommt und uns nach dem Ausweis fragt. In Mazedonien haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Polizei Rom_nja ohne Grund schlägt, wenn sie sie auf der Straße anhält.
Obwohl die jüngste Tochter (6 Monate) Bronchitis hat und Probleme am Herzen, wegen derer sie aus ärztlicher Sicht regelmäßige Kontrollen brauche, hat die Angestellte der ABH gesagt, sie sei nicht wirklich krank, das sei nicht so schlimm.
In Mazedonien haben wir keinen Wohnraum für die 5 Kinder und 2 Erwachsenen. Als Rom_nja, die Asyl in der BRD beantragt haben, werden wir in Mazedonien für 2 Jahre keine Hilfe vom Sozialamt oder einer Krankenkasse erhalten.

Das Sozialamt Erfurt hat uns für den Monat Mai nur die Hälfte des Geldes gegeben, da sie davon ausgehen, dass wir ab Mitte des Monats nicht mehr hier sind. Außerdem haben sie schon Anfang Mai aufgehört, das Essensgeld für unsere Kinder in der Schule zu bezahlen. In der Schule wissen alle, dass wir gehen müssen und daher keine Unterstützung mehr durch das Sozialamt bekommen. Wir haben daraufhin in der Schule gefragt, ob sie etwas für die Kinder schreiben können, damit sie hier weiter in die Schule gehen können, aber sie sagen, sie können nicht helfen, da sowieso alle Kinder aus dem Balkan weg müssen. Das ist für sie Grund genug uns nicht zu unterstützen und nichts zu tun.
In Mazedonien werden die Kinder in der Schule als Rom_nja diskriminiert und nicht gefördert, die Lehrer_innen grenzen sie aus und wollen sie nicht haben und die Eltern der anderen Kinder verbieten ihren Kindern,etwas mit ihnen zu tun zu haben. Viele Kinder gehen daher nicht in die Schule und arbeiten als Müll- und Schrottsammler_innen, genau wie die Erwachsenen, denn obwohl es Jobs gibt, bekommen Rom_nja keine Arbeit, weil niemand sie in der Firma haben will.

Die Mutter der Familie hat eine wachsende Zyste im Gehirn und Migräne, die Ärzt_innen empfehlen dringende regelmäßige Kontrollen und evtl. eine Operation der Zyste. Aber das Sozialamt hat Anfang Mai den Ärzt_innen
Bescheid gegeben, dass sie keinerlei ärztliche Hilfen mehr für unsere Familie bewilligt, auch nicht für das Baby. Alle Medikamente müssen wir in der Apotheke selbst kaufen. In der Apotheke hat die Angestellte gesagt, ich muss dringend mit dem Baby zum Arzt, aber das geht nicht, weil das Sozialamt nicht dafür bezahlt – so haben sich die Ärzte geweigert, nicht mal im Krankenhaus haben sie etwas gemacht, nur ein Rezept für ein Medikamentt gegen Bronchitis ausgestellt, aber auch das mussten wir komplett selbst bezahlen. Jetzt schlägt es nicht an und wir
machen uns große Sorgen.

Zu Beginn der zweiten Maiwoche haben wir dann unsere Tickets für Mitte Mai nach Skopje von der ABH erhalten und auch unser Pässe wieder bekommen. Dass unsere jüngste Tochter krank ist, hat die Mitarbeiterin der ABH dabei nicht interessiert.

In der Woche vor der Zwangsausreise haben wir noch mal bei unserem Kinderarzt vorgesprochen und er hat sich unsere Tochter angeschaut. Als er hörte, dass wir in ein paar Tagen ausreisen müsse, war er dann auch sehr besorgt um die Gesundheit unseres kleinsten Kindes. Der Arzt rief in der Ausländerbehörde und im Sozialamt an, um mit der zuständigen Sachbearbeiterin der ABH und denjenigen aus dem Sozialamt zu sprechen und noch mal auf die gesundheitsgefährdende Reise hinzuweisen und die Ausländerbehörde davon zu überzeugen, dass das Baby nicht reisefähig ist. Daraufhin zogen die Mitarbeiterinnen der ABH ihren Chef hinzu und das Gesundheitsamt wurde ebenfalls eingeschaltet. Obwohl der Kinderarzt ganz anderer Meinung war, hat die Ärztin des Gesundheitsamtes unsere jüngste Tochter für reisefähig erklärt. Sie hat sie nur kurz gesehen und gar nicht richtig untersucht.
Was mich als Mutter sehr schockiert hat, war, dass laut dem Kinderarzt die zuständige Sachbearbeiterin der ABH Erfurt ihm gesagt hat, er solle doch einfach bestätigen, dass das kleine Kind gesund ist. Dies hat der Kinderarzt verweigert, da unser Baby sehr krank ist.

Wir hatten in dieser letzten Woche vor der erzwungenen Ausreise mehrere Termine in der ABH. Zwischenzeitlich war uns angeboten worden, dass wir noch eine Woche länger bleiben können, damit unsere Tochter wieder etwas gesund werden kann. Dann wieder hieß es, nur die Mutter und das Baby könnten noch bleiben und der Vater und die anderen Kinder müsstenin jedem Fall sofort gehen. Wir fragen uns, wie wichtig das Kindeswohl unserer Kinder für die Ausländerbehörde ist, wenn sie sagt, dass unsere Familie sich trennen soll.

Einen Tag vor dem Ausreisetermin war dann wieder alles anders. Wir haben wieder Tickets für alle für den nächsten Tag bekommen und uns wurde wieder gedroht, dass, wenn wir länger bleiben, die Polizei kommen würde. Außerdem haben sie angekündigt, dass wir keine Sozialleistungen o.Ä. mehr erhalten würden. Wir sind deshalb völlig geschockt und müssen nun ganz schnell alles packen. Wir sorgen uns sehr um die Zukunft unserer Kinder, besonders um das kranke jüngste Kind. Am Nachmittag vor unserer Ausreise war die Sachbearbeiterin aus der
Ausländerbehörde noch mal bei uns zu Hause im Lager. Sie ließ sich verschiedene Dokumente von uns unterschreiben. Wir wissen nicht, warum sie bei uns zu Hause war und was sie von uns wollte. Es war sehr komisch, dass sie extra noch mal zu uns nach Hause kam. Auch der Hausmeister kam noch mal, um die Wohnung zu kontrollieren.

Wir haben keine Wahl, wir müssen sofort ausreisen. Wir haben schon mehrere Familien bei der Abschiebung gesehen, das macht uns sehr viel Angst und Stress. Erst Mitte April wurde aus unserer Unterkunft ein Mann in den Kosovo abgeschoben. Er muss regelmäßige Psychopharmaka nehmen und war mehrmals wegen schwerer Traumata in der Psychiatrie. Er hatte ein Attest, dass er nicht reisefähig ist und sein Anwalt sagte ihm, er kann deshalb nicht abgeschoben werden, er brauche keine Angst haben. Ein paar Tage später kam die Polizei früh zwischen 4 und 5 Uhr
und sie haben ihn so wie er war mitgenommen, nur mit seinen Klamotten. Er hatte keine Zeit irgendetwas etwas zu packen, sollte nur Schuhe und Jacke anziehen.

In Deutschland habe ich viel Sress und viel Angst wegen der Ämter und der Polizei aber auch wegen der vielen Nazis, so die Mutter der Familie. Plötzlich geht alles so schnell und alle wollen uns nur noch weg haben. Niemand tut etwas dagegen oder hilft uns. Nur der Kinderarzt hat es versucht aber nicht mal das hat geholfen. Das ist nicht normal, so dürfen sie nicht mit uns umgehen. Mein jüngstes Kind ist in Deutschland geboren und sehr klein und krank, warum wollen sie nicht ein mal ihr helfen? Unser Leben ist ihnen egal, aber das geht nicht. Wir sind auch
Menschen und wir müssen die Möglichkeit haben, gesund zu sein und ohne Angst zu leben!“

Die Care-Revolution lädt zum Tanz

Das Netzwerk Care-Revolution will am Freitag und Samstag die Care-Revolution ins Rollen bringen. Am Freitag, 20.5. spricht Jette Hausotter ab 19 Uhr auf der Freifläche (Gotthardtstr., Erfurt) über die inhaltlichen Eckpunkte der Care-Revolution. Danach stellt sich das Thüringer Netzwerk vor.

Ab 21 Uhr spielt Bernadette La Hengst, danach legen diverse DJs auf.

Am Samstag, 21.5., findet ab 15 Uhr ein care-revolutionärer Stadtrundgang statt. Zusammen wollen wir die Orte besuchen, an denen sich die Krise der Reproduktion zeigt — z. B. in der häuslichen Pflege, wenn man mit Kind studieren will oder im Umgang mit Geflüchteten.

Nächstes Wochenende, am 28.5., findet von 11:00 bis 17:00 Uhr im Filler ein Workshop statt, bei dem Eckpunkte einer künftigen Zusammenarbeit am Thema Care diskutiert und konkrete Schritte entwickelt werden sollen.

Wir finden: Es braucht einen materialistischen Feminismus, um die Verhältnisse angemessen zu kritisieren und dagegen in Bewegung zu kommen. Deswegen wünschen wir uns eine breite care-revolutionäre Strömung und hoffen auf ein kraftvolles und motivierendes Treffen!

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