Unsicher chatten mit OTR

Wenn es um Sicherheit beim Chatten geht, schwören viele auf OTR – oft allerdings, ohne den OTR-Fingerprint zu überprüfen, wodurch das ganze technologische Zauberschloss durch eine kleine Nachlässigkeit in sich zusammenfällt.

OTR („off-the-record“) ist ein Verschlüsselungsprotokoll, das mehrerlei sicherstellt:
a) Verschlüsselung – niemand kann mitlesen
b) Signierung – d.h. die Identität der KommunikationspartnerInnen wird sichergestellt
c) Bestreitbarkeit und Verfall

Der Sinn der Verschlüsselung liegt auf der Hand — wenn Anna eine Nachricht an Christoph senden will, die Bert (der Netzwerkadministrator) nicht mitlesen soll, wird halt verschlüsselt.

Die Bestreitbarkeit und der Verfall unterscheided OTR von PGP. PGP-verschlüsselte Nachrichten kann man aufbewahren und auch Jahre später noch entschlüsseln. Wenn also durch eine Hausdurchsuchung ein PGP-Schlüssel an die Behörden fällt, können sie damit mitgeschnittene alte Nachrichten entschlüsseln und die beteiligten KommunikationspartnerInnen identifizieren. Das ist bei OTR nicht der Fall.

Die Signierung von Nachrichten stellt sicher, dass die Nachricht wirklich vom erwarteten Gegenüber kommt. Im obigen Beispiel signiert der OTR-Client von Anna automatisch die Nachricht. Der OTR-Client von Christoph überprüft die Signatur und gibt eine Warnung aus, wenn nicht sichergestellt ist, daß sie wirklich von Anna kommt: „Nicht verifizierte Unterhaltung mit Anna“. Christoph versteht nur halb, was das bedeutet und fängt an zu chatten. Denn er ist sicher, er würde sofort merken, wenn Bert sich als Anna ausgeben würde, schon allein wegen der Rechtschreibefehler.

Nunja, Bert ist gewitzt. Er gibt sich nicht einfach „von Hand“ als Anna aus, sondern er schneidet die Kommunikation mit. Wenn Annas OTR sich mit Christoph verbinden will, hakt er ein und verbindet sich mit Anna. Er entschlüsselt Annas Nachricht, verschlüsselt sie mit seinem OTR und leitet sie weiter zu Christoph. Der erhält die Nachricht von Anna, signiert mit dem OTR-Schlüssel von Bert. Da er nicht auf Signaturen achtet, chattet er munter drauflos und erzäht, was Bert wieder für einen Mist gebaut hat… Der Man-In-The-Middle-Angriff auf OTR war erfolgreich:

Zu aufwändig? Weit hergeholt? Hier gibt es den Quellcode für einen solchen Angriff zum Download. Wer Zugriff auf einen Jabber-Server hat, hat in einer halben Stunde die Kommunikation lesbar auf dem Schirm — trotz OTR. Wer nur auf den Datenverkehr zugreifen kann (wie z.B. der Internetprovider, die MitbewohnerInnen, die MitnutzerInnen des gemeinsamen WLAN, die Dienste, …) muss den Code noch anpassen. Aber ein paar Stunden Programmierarbeit kann sich auch das LKA in der Provinz leisten, insofern ist ein Man-In-The-Middle-Angriff auf OTR eine durchaus plausible Angriffsmöglichkeit.

Umgehen lässt sich das gesammte Szenario, wenn der OTR-Fingerprint des Gegenüber überprüft wird. Der Fingerprint stellt kryptographisch sicher, daß die Nachricht wirklich von der erwarteten Gegenstelle kommt. Dazu muss der Fingerprint über eine sichere Verbindung übertragen werden. Und nein: Der Chat selbst ist keine sichere Verbindung, so lange der Fingerprint nicht überprüft ist.

Zum Teil lässt sich die hohe Verbreitung von OTR dadurch erklären, daß es so einfach ist. Während PGP die NutzerInnen penetrant an die Wichtigkeit von Fingerprints erinnert, macht OTR alles automatisch. Installieren, auf „Privat“ klicken und schon scheint alles OK. Diese vermeindliche Sicherheit ist gefährlicher als die Unsicherheit unverschlüsselter Kommunikation — dabei wissen mittlerweile wenigstens die meisten, daß mitgelesen werden kann. Wer sich aber in Sicherheit wiegt, die keine ist, bringt sich und andere in Gefahr.

Schreibt es auch also auf die gelben Klebezettel neben dem Monitor (streicht das Passwort, das dort steht durch oder nehmt besser einen neuen Zettel und verbrennt den alten):

KEIN OTR OHNE FINGERPRINT-CHECK!

Noch eine kleine Anmerkung zu Bestreitbarkeit und Verfall: Wenn das Chatprogramm sich die Kommunikation unverschlüsselt merkt (was z.B. als „Benutzermitschnitt“ oder „Chatlog“ oft voreingestellt ist) ist es natürlich Essig mit dem Verfall.

Sozialwohnungen auf dem Topf&Söhne-Gelände bald bezugsfertig


Vor zwei Jahren, als in Erfurt debattiert wurde, ob es nötig sei, das ehemalige Topf&Söhne-Gelände platt zu machen und neu zu entwickeln, lautete eines der Argumente der Stadtspitze, es würden dort dringend benötigte Sozialwohnungen entstehen. Irgendwie wusste man damals schon, dass das gelogen ist. Immerhin steht in Erfurt einiges leer und wenn etwas den Zugang zu billigem Wohnraum beschränkt, dann die Zurückhaltung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft bei der Vermietung von Altbauten.
Seit ein paar Tagen kann man nun in der Rudolstädter Straße sehen, was bald auf dem Gelände entstehen wird (rechts) und wie es früher einmal dort ausgesehen hat (links). So werden denn bald Eigentumswohnungen zum Verlieben auf den Trümmern von Montagehallen und Zwangsarbeiterbarracken gebaut. Da freut man sich sich doch auf’s Sektchen in der Badewanne.

Ergänzung/Korrektur: Es war nicht die Stadtspitze, sondern der Investor, der zuerst von Sozialwohnungen gesprochen hatte.

Indymedia: Erinnerungsort Topf & Söhne

Ehemaliges Besetztes Haus auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände in ErfurtIn Erfurt wurde am 27. Januar 2011 der Erinnerungsort Topf & Söhne auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände eingeweiht. Mit dabei war die große Polit-Prominenz aus Thüringen. Keiner will mehr fehlen, wenn die neue deutsche Gedenkkultur zelebriert wird; wo man sich zur Vergangenheit bekennt, natürlich ohne zu verstehen, dass die Vergangenheit in dieser Gesellschaft noch eine große Zukunft haben kann. Vergessen ist auch, dass es ohne das ehemalige Besetze Haus auf dem Topf & Söhne-Gelände nie einen solchen Erinnerungsort gegeben hätte. Ein Kommentar gegen die Ohnmacht.

Weiterlesen auf Indymedia…

Hände weg von unserem Fahrer! – Ein Herz für Thomas – Kundgebung am 14.2.

PM: Unterstützer_innen Gruppe ruft dazu auf den Prozess gegen Thomas kritisch zu begleiten – Kundgebung am 14. Februar 2011 um 12.30 Uhr vor dem Amtsgericht in Erfurt

Am 16. April 2009 wurde das besetzte Haus auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände in Erfurt brutal von der Polizei geräumt. Dies veranlasste zahlreiche Unterstützer_innen der 8 Jahre währenden Besetzung dazu, bundesweit an Solidaritätsaktionen teilzunehmen oder eigene zu organisieren. Auch Thomas beteiligte sich durch Fahren des Lautsprecherwagens auf einer Demonstration nach der Räumung in Erfurt. Als sich der Demonstrationszug vom Anger aus in Richtung Fischmarkt bewegen wollte, stürmte die Polizei plötzlich den Lautsprecherwagen. Sie zerrten Thomas mit Hilfe von Pfefferspray aus dem Wagen und verhafteten ihn.

Knapp 2 Jahre später, am 14. Februar 2011, beginnt nun der Gerichtsprozess gegen ihn. Die Tatvorwürfe laut Anklageschrift lauten: „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz jeweils in Tatmehrheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung“.

Unter dem Motto „Angeklagt bin ich allein – gemeint sind wir alle“ hat sich eine Unterstützer_innen Gruppe gegründet. „Wir werden den Prozess kritisch begleiten und rufen zu solidarischer Unterstützung auf!“ sagte Vera Grone, eine Sprecherin der Gruppe. „Es scheint als habe die Polizei politisch agiert und versucht, jeden kleinsten Vorwand zu nutzen um die Demonstration aufzuhalten. Mit dem bevorstehenden Prozess soll ein Unterstützer der Besetzer_innen kriminalisiert, sowie der gesamte Polizeieinsatz legitimiert werden.“ so Grone weiter. Wir Laden ein zur Kundgebung am 14. Februar 2011 unter dem Motto „Hände weg von unserem Fahrer!- ein Herz für Thomas“ um 12.30 Uhr vor das Amtsgericht in Erfurt. Der Prozess beginnt am selben Tag um 13.15 Uhr im Sitzungssaal 8.

Kontakt: ugruppe.thomas(ät>googlemail.com

Nächster Castor kommt Mitte Februar

via http://wartegleis.blogsport.de:

Zwischen dem 15. und 18. Februar sollen weitere Behälter mit hochradioaktiven Abfällen in das Zwischenlager Nord bei Greifswald-Lubmin transportiert werden. Erwartet werden fünf Castoren aus der ehemaligen Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe und massiver Widerstand gegen die Pläane, aus Lubmin eine der Atommüllkippen zu machen!

Bereits im Dezember war Lubmin Schauplatz eines Castortransportes gewesen: vier Behälter mit deutschem Forschungsabfall wurden aus Frankreich kommend unter dem Protest von Tausenden in das Lager an der Ostseeküste gebracht.

Recherchen vor Ort haben nun ergeben, dass die Polizei ab dem 15. Februar wieder anrücken wird: Es gäbe zahlreiche Vorreservierungen für Hotels und Unterkünfte.
(Übernahme von: www.contratom.de)

Mobilisierungsveranstaltung zu Dresden

Am 13. Februar 2011 werden sich an verschiedenen Orten in Dresden Geschichtsrevisionisten versammeln, Nazis aber auch „ehrbare Bürger“, um an die Opfer der alliierten Bombardierung zu erinnern und ihre „Trauer“ zu zelebrieren. Bürgerliches Gedenken und Nazitrauermärsche sind nicht dasselbe. Sie unterscheiden sich in ihren Motiven, in ihren Worten und Taten. Aber gleichsam verdrehen sie die Geschichte. Wir rufen dazu auf, sich am 13. Februar jedem Geschichtsrevisionismus entgegenzustellen.

Licht aus! Destroy the spirit of Dresden!
Gegen jeden Geschichtsrevisionismus – kein Friede mit Deutschland

WAS: Mobi-VA
WANN: 01.02.2011, ab ca 20:00 Uhr
WO: „Offene Arbeit“ Allerheiligenstrasse 9 (Hinterhaus), Erfurt

Die Veranstaltung findet im Rahmen der „Küche für Alle“ des Hausplenum des ehem. besetzten Topf und Söhne – Geländes statt. Also erst mampfen, dann informieren. Unser Ziel an dem Abend ist es, unser Konzept vorzustellen, über den 13.02. in Dresden zu informieren. Reservierungen für Busplätze etc. sind auch möglich und erwünscht.

ag17.afaction.us

Schienenaktion Ingersleben 15.12.2010

Anbei ein Erfahrungsbericht von der letzten Castor-Aktion im Dezember. Der Termin für den nächsten Zug steht: Ab dem 17. Februar können wir mit einem neuen Castor rechnen. Wir halten euch dazu auf dem laufenden und hoffen schwer, daß was läuft.
Am Mittwoch, dem 15. Dezember 2010 gegen 22:15 Uhr wird es in Molsdorf, einem kleinen Ort bei Erfurt, auf einmal ganz belebt. Zuerst ist es nur ein PKW, aus dem eine Hand voll Menschen entstiegen. Doch dann kommen auf einmal immer mehr. Nach etwa 20 Minuten stehen am verabredeten Treffpunkt, dem Schlossparkplatz, plötzlich an die 80 AktivistInnen. Es ist eine bunte Truppe aus Umweltverbänden, Parteien, Gewerkschaften und anderen Gruppen. Auch zahlreiche „Einzelkämpfer“ sind gekommen. Aber auch die Polizei ist schon vertreten und beäugt das Treffen äußerst misstrauisch. Es dauert nun nicht mehr lange und es sind zwei Gruppen gebildet, die sich jetzt in unterschiedliche Richtungen aufmachen, gefolgt von einer Schar Presse- und Fernsehteams, denen wir den Treffpunkt zuvor mitgeteilt hatten. Doch in einer (meiner) Gruppe befanden sich auf einmal nur noch etwa 13 Menschen, die anderen waren der größeren Gruppe hinterhergefahren.

Nach etwa fünfzehn Minuten hatten wir unseren Standort Ingersleben erreicht. Wir parkten das Auto und machten uns die letzten Meter zu Fuß auf den Weg an die Gleise. Wir merkten schnell, dass unsere Idee, den Castor mit dem Herantreten an die Gleise und dem Schwenken von Fackeln, Lampen o. ä. zu stoppen, die einzige realistische Variante war. Bis etwa zehn Minuten vor Eintreffen rauschten noch ICE, RB, Güterzug und Co. an uns vorbei, so dass ein Betreten der Gleise zu gefährlich gewesen wäre.

Nach dem Herantreten an die Gleise, auf etwa fünf Meter, unweit des Ortes Ingersleben, verhielten wir uns ruhig. Wir befanden uns an einem Gleisabschnitt, der in beide Richtungen gut einsehbar war, um herannahende Züge rechtzeitig wahrnehmen zu können. Von Zeit zu Zeit mussten wir durch die vorbeirauschenden Züge mehrere Meter zurücktreten. Doch nach etwa zehn Minuten hatte uns auch schon die Polizei entdeckt. Sie verstärkte sofort ihr Team von zwei Streifenwagen auf etwa zehn und rückte nach wenigen Augenblicken bei uns an den Gleisen an. Sofort wurden wir aufgefordert den Bereich zu verlassen. Wir versuchten das ganze so gut wie möglich in die Länge zu ziehen. Nach etwa fünf Minuten, die einem wie eine halbe Ewigkeit vorkamen rief eine Polizistin auf einmal von der Straße, wo die Streifenwagen geparkt waren, der Castor komme jeden Augenblick. Sofort wurden die Polizisten unruhig. Sie fingen an uns noch intensiver in Kenntnis setzen zu wollen, man müsse das Gelände nun auf alle Fälle verlassen. Doch daran wollte sich spätestens nach der Mitteilung der Polizistin keiner mehr halten. Man stolperte und fiel nun umso häufiger, nur um das Gelände nicht so schnell verlassen zu müssen (können).

Und tatsächlich. Auf einmal nahmen wir alle ein helles Licht ganz weit entfernt wahr, das sehr schnell näher kam. Und schneller als wir alle letztendlich gucken konnten rauschten die Castoren heran. Sofort wurden sämtliche Fackeln, Taschenlampen, Regenschirme und andere Strahlobjekte wie wild in der Luft gekreist. Und tatsächlich bremste der Castor ab und kam sogar zum Stehen! Jetzt allerspätestens wurde die Polizei ungemütlich. Die letzten, sich noch auf dem Damm befindenden AktivistInnen, wurden unsanft nach unten geschubst. Nun aber stand der Castor immer noch. Man hatte so die Gelegenheit ihn sich mal etwas genauer anzusehen. Zuerst waren da zwei Loks. Es folgten fünf Personenwagen, voll mit Sicherheitspersonal. Dann kamen die zwei Castoren und zum Schluss noch einmal zwei Personenwagen und eine Lok. Nach etwa zweieinhalb Minuten Standzeit setze sich der Zug wieder in Bewegung. Diesmal mit deutlich geringerem Tempo.

Jetzt nach getaner Arbeit wurden wir noch für etwa eine halbe Stunde festgehalten und unsere Personalien aufgenommen. Fotos wurden von uns nicht gemacht. Man kündigte uns aber an es könne eine Strafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr auf uns zukommen. So gegen 1 Uhr war der Spuk dann vorbei und Ingersleben ruhte wieder ruhig und sanft, wie eh und je.

Adrian (Erfurt)

„Freie Kräfte Erfurt “ wollen wieder demonstrieren

Am 22.01.2011 ist auf Erfurts Straßen wieder mit einer geballten Ladung völkischer Dummheit zu rechnen. Die „Freien Kräfte Erfurt“ gehen mit dem „Kampf gegen Kindesmissbrauch“ mal wieder auf Dummenfang. Eines der letzten Themen, mit denen sich noch öffentliche Hysterie herstellen lässt, soll als Meinungsvehikel durch die Straßen gezerrt werden. Der Geistige Tiefgang der Nazis kann wieder irgendwo zwischen Bild-Zeitung und Landserheftchen verortet werden.

Es ist mal wieder Zeit, unseren braunen „Aktivisten“ etwas entgegen zu setzen. Achtet auf Ankündigungen, bildet Bezugsgruppen, macht euch Gedanken. Wir werden bei Gelegenheit informieren.

www.ag17.afaction.us

Löcher in der Firewall

Update: Die Selbstbezichtigungs-E-Mail, auf die sich diese Meldung bezieht, hat sich als falsch herausgestellt!

Beim Surfen im Internet verlässt man sich in der Regel auf einen ganzen Sack voll Komponenten: Man hofft, das Betriebssystem ist einigermaßen sicher, die Leitung wird nicht abgehört, die Programme enthalten keine Schwachstellen und so weiter. Eine dieser Komponenten ist der DSL-Router — das Teil, dass per W-LAN oder Kabel den zuhause angeschlossenen Geräten eine Internetverbindung zur Verfügung stellt. Unter Umständen sind viele handelsübliche Router von einer Sicherheitslücke betroffen — weil im Auftrag des FBI vor 10 Jahren mehrere Hintertüren in die Netzwerk-Software des freien Betriebssystems OpenBSD eingebaut wurden.

Einer der beteiligten Programmierer_innen hat sich in einer jetzt öffentlich gewordenen Mail an den OpenBSD-Entwickler Theo de Raadt selbst bezichtigt, vor 10 Jahren im Auftrag des FBI mehrere Hintertüren in das freie Betriebssystems eingebaut zu haben. Betroffen war der sogenannte IPSEC-Stack, der für einen Teil der Sicherheit im Netzwerk verantwortlich ist. Noch heute relevant ist diese Enthüllung, weil es bei Open-Source-Software durchaus üblich ist, dass der Code von anderen Produkten aufgegriffen und weiterverwendet wird. Aus diesem Grund ist es nicht unwahrscheinlich, dass der damals manipulierte Code auch heute noch in Netzwerkkomponenten — wie z.B. handelsüblichen DSL-Routern — steckt.

Brisant ist an der Enthüllung weiterhin, dass die Manipulationen nicht aufgefallen sind. Ein starkes Argument für die Verwendung freier Software ist, dass der Code für jedermensch einsehbar ist und Fehler und Manipulationen deswegen schneller auffallen als bei nicht-offenern Programmen. Möglicherweise zeigt der Vorfall, daß die Möglichkeit, den Code zu überprüfen, nicht ausreicht, um Sicherheit zu gewährleisten — weil die Überprüfung eben nicht stattfindet.

Ob die Mail wirklich der Wahrheit entspricht, wird die jetzt anstehende Überprüfung des Codes zeigen. Auf jeden Fall macht der Vorfall deutlich, wie schwer einzuschätzen ist, ob man sich sicher im Internet bewegt. Wäre es also nicht wieder mal Zeit, zu überdenken, welche Information durch die Leitung geschickt werden muss.

Castor in Ingersleben (bei Erfurt) gestoppt

Mehrere Kleingruppen sind in der Nacht vom 15. auf den 16.12. durch die Thüringer Provinz rund um Erfurt gefahren, haben gefroren und Katz und Maus mit der Polizei gespielt. Am Ende standen 15 unmittelbar neben den Gleisen, wodurch der Zug für wenige Minuten gestoppt wurde. An einer anderen Stelle musste er zumindest bremsen. Die Initiative Wartegleis erklärte dazu:

Castor erfolgreich gestoppt!

„An die Gleise! Auf die Nerven!“- das war heute am 15.12.2010 um 23.30 Uhr das erfolgreiche Motto der Aktionsgruppen in Thüringen, die sich in der Aktion „Wartegleis“ zusammengeschlossen haben, um gegen den Castortransport von radioaktivem Atommüll zu protestieren. Erklärtes Ziel der Aktion war mittels Zivilen Ungehorsam „an — aber nicht auf — die Strecke gehen und versuchen den Castor mindestens zum Abbremsen zu bewegen.“

Die 80 bis 100 Leute haben dieses Ziel heute mehr als erreicht, denn einer der Gruppen von 15 Aktivist_innen gelang es in Ingersleben (kurz vor Erfurt) den Castor für mehrere Minuten zum stehen zu bringen. Andere Gruppen brachten den Castor mindestens zum abbremsen. So tauchten immer wieder unabhängige Aktionsgruppen an den Schienen auf, um mittels Warnwesten, Fackeln und Lampen auf sich aufmerksam zu machen.

„Die Polizei war offensichtlich überfordert mit den vielen Menschen, die sich an mehreren Stellen vor und nach Erfurt an die Schiene begeben haben“, so eine Teilnehmerin der Aktion. Das zeige einmal mehr, dass sich mit kreativen und phantasievollen Übertretungen von Gesetzen auch Einfluss nehmen lässt auf eine desaströse Energiepolitik. „Entscheidend für den Erfolg der Aktion war, dass alle autonom, mobil und nicht nach einer Logik, die einzelne Menschen und Gruppen vorgeben, gehandelt haben“, resümiert ein anderer Aktivist.

Somit wurde durch die Aktion „Wartegleis“ der Castortransport behindert und damit ein klares Signal hinsichtlich der Diskussion um die Abschaffung der Atompolitik gesetzt.

Das mit der Autonomie und Basisdemokratie lässt sich sicher noch optimieren. Aber der nächste Castor kommt bestimmt. Vielleicht schon im Februar.

Ergänzung: Auf http://wartegleis.blogsport.de/ gibt’s auch noch Bilder von der Aktion und der Anti-Castor-Demo am 15. in Erfurt.
Ergänzung: Das Abendblatt hat hier Bilder von den Protesten gegen den aktuellen Transport, darunter auch eines aus Ingersleben.

Mittelbau Dora – Die Gegenwart der Vergangenheit

Ein Reisebericht der AG17 zum Besuch der KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora in Nordhausen:

„linksextremistischer“ Gedenkstättenbesuch
Es scheint ein staatsgefährdender Akt zu sein, eine KZ-Gedenkstätte besuchen zu wollen. Durch „Ankündigungen auf linksextremistischen Internetseiten“ fühlte sich das Ordnungsamt Nordhausen gemüßigt, im Vorfeld die Gedenkstättenleitung „Mittelbau Dora“ vor uns zu warnen. Die Gedenkstättenleitung reagierte jedoch auf eine mögliche „Gefährdung“ durch Antifas gelassen. Schon ab Erfurt wurde unsere Reisegruppe durch die Polizei „intensiv bestreift“ (Fachjargon der Polizei). Das gleiche geschah in Nordhausen und direkt am Museumsgebäude der Gedenkstätte lungerten Zivilpolizisten mit Teleobjektiven herum.
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Erfurt: Diskussion über Erinnerung im Gewerbepark

Die Kampagne „Hände hoch-Haus her“ berichtet über eine Veranstaltung des Förderkreis Topf&Söhne zum Thema „Erinnerung im Gewerbepark“. Anlass waren Werbeanzeigen, auf denen mit „ofenfrischen Brötchen“ oder „Alles für die Grabgestaltung“ für Geschäfte „auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände“ geworben wurde. Daraufhin hatten Prominente aus Linkspartei, Gewerkschaften und VVN/BdA zusammen mit dem Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora erklärt, die Werbung sei nicht nur pietätlos, sondern auch eine Verunglimpfung der Opfer und ihrer Angehörigen. Die Kampagne „Hände hoch – Haus her“ hatte ergänzt, der unrflektierte und unsensibele Umgang mit dem Geschichtsgelände sei skandalös.

Die bei der Veranstaltung anwesenden Gewerbetreibenden haben die Kritik ohne Umschweife akzeptiert. Sie sind bereit, ihre Werbetexte zu ändern und nicht mehr mit dem Namen der Firma Topf & Söhne Werbung zu betreiben.

Anders der Förderkreis. Laut der zukünftigen Leiterin des Erinnerungsorts Topf&Söhne Dr. Schüle sei die Kritik an der Werbung nur ein weiterer Angriff von denjenigen, die auf dem Gelände lieber noch das Besetzte Haus sehen würden. Um das zu belegen, hatte Dr. Schüle in detektivischem Eifer die UnterzeichnerInnen der aktuellen Presseerklärung mit den UnterstützerInnen mehrerer Offener Briefe vergleichen, die 2008 den Erhalt der Besetzung gefordert hatten — drei der aktuellen KritikerInnen waren auch unter den 30 damaligen UnterstützerInnen.

Weiter heißt es bei haendehoch:

Dem Überlebenden von Buchenwald, der in dem offenen Brief zitiert wurde, seien seine Wort vielleicht nur in den Mund gelegt worden. Nicht ernst genommen zu werden, ist eine Erfahrung, die wir in Bezug auf den Förderkreis leider schon längst machen mussten. Positiv sieht der Förderkreis die Kontinuität, dass heute wie damals Topf & Söhne eingebettet sei in Handel und Alltag. Dies sei Teil einer „produktiven Irritation“ (was übrigens kein Fachbegriff ist). Bei soviel Kontinuität und Produktivität kann einr/m schon mal das Kotzen kommen…!

Dem können wir uns anschließen.

Darüber hinaus weist die Kampagne darauf hin, dass die Ausschließlichkeit, mit der der Förderkreis heute den Erinnerungsort gegen die früher selbst geforderten alternativen Formen der Auseinandersetzung auf dem besetzten Teil stelle, allein daraus resultire, daß sich der Förderkreis der Entscheidung der Stadt – kurz gesagt „Erinnerung nur mit Investor“ – ohne zu mucken untergeordnet habe.

Zu ergänzen gibt es noch, dass man der Berichterstattung in der Lokalpresse sehr gut ansieht, daß die Reporterin, die für beide Lokalzeitungen den Artikel geschrieben hat, die Veranstaltung nach 15 Minuten verlassen hat und sich den weiteren Verlauf auf die Auskunft der städtischen Erinnerungsbeauftragten Dr. Schüle verlassen hat.

Für Heiterkeit sorgte der Philosoph Bender indem er unmittelbar nach der Aufforderung, fair und sachlich miteinander umzugehen die BesetzerInnen in drei Sätzen mit gleich vier beleidigenden Attributen bedache — nachdem er zu Beginn der Veranstaltung durch elegante Redeleitung versucht hatte, die Beteiligung an der Diskussion auf die anwesenden FunktionsträgerInnen zu beschränken.

Das ist Pressefreiheit und Konsensgesellschaft in Kackstadt Erfurt.

Kreuzzügler auf dem Weg nach Erfurt

Auf Einladung des Bundespräsidenten Christian Wulff wird sich der sogenannte „Heilige Vater“, Papst Benedikt XVI., 2011 nach Deutschland begeben. Es wird der erste offizieller Staatsbesuch als Staatsoberhaupt der Vatikanstadt (44 ha und 543 Staatsbürger). Auf seiner Liste der heimzusuchenden Orte stehen Berlin, Freiburg i.Br. — und Erfurt.
Aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen war zu hören, dass der Besuch für September 2011 geplant ist.

Mit dem Papst steht ein eher unangenehmer Besucher vor den Stadttoren: Er hetzt gegen Homosexuelle, hält Verhütungsmittel für Teufelszeug und pflegt beste Beziehungen zur antisemitischen Piusbruderschaft.

Wenn ein umstrittenes Staatsoberhaupt kommt, gehört es eigentlich zum guten Ton, mindestens eine Gegendemo zu organisieren… Wer macht’s in Erfurt 2011?

Erfurt: Straßentheater gegen Repression

In Erfurt haben gestern insgesammt etwa 120 Leute gegen Repression demonstriert. Um visuell deutlich zu machen, wie eine repressive Auslegung des Demonstrationsrechts seine Intention ad Absurdum führt, hatten die OrganisatorInnen neben den 70 eigentlichen TeilnehmerInnen eine 50köpfige Laienspielgruppe engagiert, die in Polizeiuniformen rund um die Demonstration einen geschlossenen Kordon bildeten, so dass nach Außen wirklich nur die Repression und keine andere politische Botschaft sichtbar wurde. Nach der Hälfte der Route wurde die Demonstration aufgelöst. Viele Kleingruppen haben danach im ganzen Stadtgebiet mit Straßentheateraktionen die Absurdität von Repression gezeigt, indem einfach alle Leute unter 30 in dunkler Kleidung kontrolliert und durchsucht wurden.
Die hässliche Fratze der nach innen und außen aufgerüsteten BRD wurde damit für alle PassantInnen sehr deutlich demonstriert. Danke an alle Beteiligten.

Heute und Morgen: Haus- und Kegelaction in Erfurt


Heute schöne kleine Kundgebung in Erfurt auf dem Bahnhofsvorplatz. Singende Weihnachtsmenschen, drei Polizisten und ein Sack voll HausbesetzerInnen nebst SympathisantInnen. Keine Flugis, aber dafür nette kleine Redebeiträge. Es geht darum, daß ungefähr vor einem Jahr das besetzte Keglerheim in Erfurt geräumt wurde. Heute steht es leer und verfällt — man sieht mal wieder, wie Kapitalismus für eine optimale Verteilung von Ressourcen sorgt.
Nach Abschluss der Kundgebung setzt sich eine spontane Demonstration in Bewegung. Das geht auch sehr schön fix und gut koordiniert. An der nächsten Ecke beherzigt man dann leider wieder unsere Ratschläge darüber, wie man nicht an Polizeiketten vorbeikommt und lässt sich an einem kleinen Durchgang mit Reizgas und einfacher körperlicher Gewalt zurückdrängen. Herumschweifende Grüppchen machen danach noch hier und da — u.A. auf dem Weihnachtsmarkt — (verbal)revolutionäre Stimmung. Auch ein paar Häuser werden (schein)besetzt.
Auf der Seite der Kampagne http://haendehoch.blogsport.de gibt’s ein paar Meldungen dazu.
Morgen geht’s weiter mit einer Demo gegen Repression. Treffpunkt um 18 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz in Erfurt.

Mit der AG17 in die KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora bei Nordhausen

Am 11. Dezember organisiert die AG17 aus Erfurt eine Führung durch die KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora bei Nordhausen. Das Konzentrationslager war zur Zeit des Nationalsozialismus eine Außenstelle des KZ Buchenwald. Etwa 20.000 der hier inhaftierten 60.000 Häftlinge starben aufgrund der unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen.

Die Anreise wird mit dem Zug stattfinden. Treffpunkt ist 9.30 Uhr am Hauptbahnhof in Erfurt. Der Zug nach Nordhausen fährt 10.04 Uhr. Eingeladen sind alle Interessierten mit Ausnahme von Nazis und Verfechter_innen von Extremismustheorien. Einen Unkostenbeitrag gibt es lediglich auf freiwilliger Spendenbasis.

Aktuelle Infos bzw. kurzfristige Änderungen im Ablauf gibt’s hier: www.ag17.afaction.us

Kundgebung: 1 Jahr Räumung des Keglerheims

Wir kegeln zurück! Kundgebung 1 Jahr Räumung des Keglerheims„Wir kegeln zurück!“
Von August bis November 2009 war das ehemalige Keglerheim in Erfurt still besetzt. Am 22.11.2009 wurde die Besetzung öffentlich gemacht und der Versuch gestartet, ein neues selbstverwaltetes Zentrum aufzubauen. Stunden später wurde das Haus geräumt. Der Eigentümer stellte Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch. Seit der sinnlosen und brutalen Räumung steht das Keglerheim wieder leer und verfällt. Eingestürzte Decken, Löcher im Dach und nasse Wände machen das wieder offen stehende Haus unbewohnbar. Der Eigentümer zeigt bis heute kein Interesse am Objekt.
Hier wird deutlich, dass die kapitalistische Eigentumsordnung leerstehende Häuser lieber verfallen lässt, als sie Menschen zur Verfügung zu stellen, die diese sinnvoll nutzen würden. Die rechtlich und politisch vorhandenen Spielräume werden nicht genutzt, um emanzipatorische Projekte zu ermöglichen. Im Gegenteil: Hausbesetzer_innen werden öffentlich diffamiert, mit Repression überzogen und besetzte Häuser sofort geräumt.
Ein Jahr danach kegeln wir zurück! Noch immer haben wir kein selbstverwaltetes Zentrum – doch aufgeben kommt nicht in Frage. Kommt zur Kundgebung am 04.12.2010 um 12.00 Uhr auf dem Erfurter Bahnhofsvorplatz! Für ein selbstverwaltetes Zentrum in Erfurt!

haendehoch.blogsport.de

Erfurt: Rassistische Kontrollen und Sanktionen für Übertreten der Landkreisgrenze

Nach der Lebhaft-Abschluss-Veranstaltung vergangenen Samstag kam es am Erfurter Hauptbahnhof gezielt zu rassistischen Kontrollen gegen als „Ausländer“ stigmatisierte Menschen. Wir dokumentieren einen Beitrag von The Voice:

Nach einer Informations- und Kulturveranstaltung, die sich gegen die gesetzlich verordnete Diskriminierung von Flüchtlingen durch das Lagersystem und die Residenzpflicht wandte, wurden im Stadtbereich Erfurt und vor allem im Hauptbahnhof gezielt Personenkontrollen von Flüchtlingen durchgeführt.
Zu der Veranstaltung der Initiative „LebHaft“, die im August im Rahmen einer „NoLager-Tour“ vier Flüchtlingslager in Westthüringen besucht hatte, waren rund 60 Flüchtlinge aus acht verschiedenen Lagern nach Erfurt gereist. Um auf die Isolation und rassistische Diskriminierung von Flüchtlingen hinzuweisen, hatte unter anderem am Samstagmittag vor dem Erfurter Hauptbahnhof eine Polit-Performance stattgefunden, während der eine Gruppe von Flüchtlingen gemeinsam mit antirassistischen AtkivistInnen durch Improvisationstheater Thematiken wie Residenzpflicht, Abschiebung, Angst, Grenze oder Freiheit darstellte. Zwischendurch gab es kurze Abrisse zum zugrunde liegenden rassistischen Gesetzeswerk und zur aktuellen Praxis von Behörden und Polizei.
Der Nachmittag wurde in einer Saalveranstaltung mit persönlichen Berichten und politischen Einschätzungen von Flüchtlingen, mit einer Vorstellung der No-Lager-Tour und weiterer Information u.a. zur aktuellen Lage von Geduldeten gestaltet. Am Abend gab es Konzerte mit unter anderem Erfurter und Hamburger Punk- oder Elektrobands sowie einer Band iranischer Flüchtlinge, die teils Populärmusik spielten und teils einfach jammten.

Während die Veranstaltung ihrem Anspruch, die Isolation voneinander zu durchbrechen, mühelos gerecht werden konnte, setzten die Behörden auf Einschüchterung und öffentliche Stigmatisierung von Flüchtlingen und MigrantInnen: Polizeipatroullien in gepanzerter Uniform kontrollierten im Bereich des Hauptbahnhofs gezielt alle Menschen, die ihrem Begriff von „deutsch“ nicht entsprachen – die Maschinenpistole in der Hand. Unterstützt wurden die bewaffneten Beamten von Zivilpolizisten, die ebenfalls durch den Bahnhof striffen und Reisende festhielten. Auf den Grund der Kontrolle angesprochen, erwiderten die Beamten zunächst, es handele sich um „zufällig ausgewählte Personen“. Auf weiteren Protest der Gruppe hin wurde eingestanden: „Wir suchen Leute aus, bei denen wir hoffen, etwas zu finden.“ Dass es sich hierbei um eine eindeutig rassistische Maßnahme handele, wollten die Beamten nicht einmal bestreiten.

Einige der Flüchtlinge erwartet nun eine Geldstrafe von mindestens 40 Euro, weil sie von ihrem Grundrecht auf Bewegungs- und Meinungsfreiheit Gebrauch machen wollten.
Passanten im Bahnhof kommentierten die Kontrollen des Wochenendes als eine Folge der „Terror-“Panikmache des Bundesinnenministeriums und der Medien. Das einzige, was die jüngsten Schikanen aber von früheren unterschied, war die gesteigerte Zahl an Beamten und die schwere Bewaffnung. Anscheinend hat sich die Öffentlichkeit schon so sehr an die regelmäßigen Kontrollen von als „Ausländer“ stigmatisierten Menschen gewöhnt, dass nur noch die kürzlich aufgefrischte Konstruktion „Migranten-Muslime-Terrorismus“ zu ihrer erneuten Wahrnehmung führt.
Dass an jedem Tag in jedem Bundesland und egal an welchem Ort Menschen aufgrund ihres Aussehens von der Polizei schikaniert und rechtlich diskriminiert werden, wird konsequent ausgeblendet.

http://thevoiceforum.org/node/1864

Subversive Intervention auf Gewerkschaftsdemo

Am 13. November zogen mehr als 3.000 Gewerkschafter_Innen durch Erfurt, versammelten sich auf dem Anger und beschwerten sich über – was sonst – die „ungerechte Regierung“ und skandalisierten ein „Deutschland in Schieflage“.
Diese Versammlung nutzten nach unseren Informationen einige Genoss_Innen des KSK aus Jena, um ihren aktuellen Aufruf zu verteilen. Darin heisst es:

Tagtäglich hören wir von Exportpreisen, vom Wachsen und Schrumpfen „der Wirtschaft“ und von der Armee als deren Erfüllungsgehilfen.
Wir sollen unser Leben dem anpassen: in Lohnzurückhaltung, indem wir unsere Kinder in die Bomber und Panzer schicken, indem wir in unseren Nachbarn „Sozialschmarotzer“ sehen und sie denunzieren.

Damit ist jetzt Schluss.

Wir hören auf
… unsere Trennung voneinander zu vertiefen.
Gespalten sind wir schon genug: in zur Arbeit Hetzende und Menschen mit Ämterstress, menschen im „Normalarbeitsverhältnis“ und jenen in Minijobs und Leiharbeit, Männer und schlechter bezahlte Frauen, in jene, die für 25 Euro in der Stunde Kriegsgerät produzieren und jene, die ihnen für den gleichen Lohn im Monat die Kleidung nähen. Die Trennung beschwören all jene, denen vor unserer gesammelten Wut graut und die unsere Herkunft, unsere Liebe und unsere Sprache nutzen wollen, um uns zu trennen.
… und beginnen mit täglich gelebter Solidarität.
Wir geben unsere Krankenversicherungskarte an Freunde weiter, die sich die Versicherung gerade nicht leisten können. Wir nehmen erwerbslose Freundinnen im Auto mit in die Stadt. Dem Ladendieb schenken wir ein Augenzwinkern und dem Polizisten ein Schulterzucken, wenn er uns nach Namen fragt. Wir besuchen die streikenden Kollegen nebenan. Wir begleiten Freunde zur Arge… (weiter im Original)

„Mehr Farbe in Erfurts Straßen“

Nach einem Antrag der Erfurt Freien Wähler und der FDP im Stadtrat sollen die Maßnahmen gegen Graffiti verschärft werden. Unter anderem soll ein Online „Graffiti-Kataster“ entstehen und das Mitführen von Graffitigegenständen in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr verboten werden. Wir dokumentieren eine Pressemitteilung des Klub 500:

Auf Antrag der Erfurter Freien Wähler und FDP soll sich der Stadtrat mit einem Antrag beschäftigen. Dieser beinhaltet u.a. die Erstellung eines Graffiti-Katasters, das restriktive Maßnahmen wie u.a. ein Mitführverbot von Graffiti-Utensilien zwischen 21 und 6 Uhr einschließt.

Diese Forderungen müssen scharf zurückgewiesen werden. Sie spiegeln ein Denken repressiver Maßnahmen wider, die in Diktaturen anzutreffen sind. Ein Mitführverbot frei zugänglicher Güter würde ein Verstoß gegen die Menschenrechte darstellen.

In einer Debatte über Graffitis muss die Frage gestellt werden, wer sich das Recht herausnimmt zu bestimmen, was im Stadtbild sichtbar ist und was verboten gehört. Tagtäglich schreien uns überall in der Stadt die abscheulichten Werbeflächen entgegen. Eine kulturvolle Atmosphäre in der Stadt wird damit verpestet. Mit Graffitis aber bereichert.

Graffiti ist eine zeitgenössische Form der Kunst im öffentlichen Raum. Graffiti ist aber auch eine Form zur Artikulierung von Protest. Die Künstler und Aktivisten bedienen sich verschiedenster Medien (Marker, Pinsel und Malerrollen, Sprühdosen, Aufkleber, Poster), um ihre Anliegen sichtbar werden zu lassen.

Die Stadt besteht aus Vielfalt und Entwicklung. Widersprüche müssen ausgehalten und artikuliert werden. Erfurt muss wieder eine Stadt der Jugend werden.
Bunt, kreativ und laut.

Förderkreis stellt sich hinter Werbung mit Topf&Söhne

Erinnerungsort Topf & SöhneWie in der Lokalpresse zu lesen war, hat der Förderkreis Topf&Söhne e.V. die Gewebetreibenden auf dem ehemaligen Topf&Söhne-Gelände in Schutz genommen. Der Vorsitzende Rüdiger Bender sieht die Firmen „an den Pranger gestellt“. Die Kampagne „Hände hoch-Haus her“ und PolitikerInnen von VVN/BdA, PDL und Gewerkschaften hatten vorher kritisiert, dass die Backkette Elmi und Maronde’s Garten Paradies sich in Werbeanzeigen mittels des Namens „Topf und Söhne“ positiv auf das Gelände als Wirtschaftsstandort bezogen hatten. Bender wird weiter damit zitiert, dass die Einrichtung eines Erinnerungsortes nur mit der Hilfe der Domicil Hausbau GmbH möglich gewesen sei. Das wüssten auch „diejenigen, die seinerzeit das Gewerbezentrum zugunsten des Besetzten Hauses verhindern wollten“. Der hohe Bekanntheitsgrad des Geländes sei Ergebnis bürgerlicher und institutionalisierter Geschichtspolitik.

Daran stimmt nun wirklich gar nichts.

Der Pranger ist eine mittelalterliche Folter, bei der Verurteilte an einem öffentlichen Ort angekettet und zur Schau gestellt wurden. Nun stehen die Gewerbetreibenden, die mit dem Grauen Werbung machen, vielleicht ein Stück weit in der öffentlichen Kritik, weil ein paar Zecken, linke Zivilgesellschafter und Holocaust-Überlebende das nicht so toll finden. Verurteilt und der öffentlichen Verachtung anheim gestellt sind sie nicht.

In der Frage, wer statt eines Gewerbezentrums ein Besetztes Haus haben wollte, hat Herr Bender ein recht kurzes Gedächtnis. Auf der alten Webseite des Förderkreises kann man sich hier davon überzeugen, dass der Förderkreis selbst diese Position, von der sich Bender heute abgrenzt — vielleicht, um die GRÜNE Partei gegenüber der PDL zu profilieren? –, vertreten hat.

Der hohe Bekanntheitsgrad des Geländes ist Ergebnis vielfältiger Aktivitäten. Am Anfang stand ein Förderkreis, der ohne institutionelle Einbindung und gegen die Stadt die Auseinandersetzung eingefordert hat. Seit 2001 wurde das Gelände massiv durch das Engagement der BesetzerInnen im Diskurs gehalten. Weiter gab es zahlreiche künstlerische und kulturelle Beiträge. Ganz am Ende der Kette der Thematisierung stehen die institutionalisierten Verwalter der Erinnerung, die heute den Förderkreis dominieren und sich eine Medaille an die Brust anheften, die ihnen nun wirklich nur zu einem kleinen Teil gebührt.

Aber gut, wen interessiert schon Rückgrat und die Positionen von Gestern, wenn Stadt und Wirtschaft mit saftigen Fördermitteln winken und wenn es darum geht, die Deutungshoheit über den eigenen Arbeitsbereich zu verteidigen. Am 7.12. um 18 Uhr will der Förderkreis in Elmi’s Drive-In-Bäckerei auf dem ehemaligen Topf&Söhne-Gelände die Versöhnung von Wirtschaft und Erinnerung feiern. Bei leckeren Brötchen frisch aus dem Ofen.

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