Demo ist mit über 150 Leuten gelaufen

So heißt es auf der Mobilisierungsseite. Die Demonstration „Kein Fest. Kein Volk. Kein Volksfest – Destroy the spirit of Dresden“ am vergangenen Freitag zog nach Angaben von Beobachtenden aber eher knapp 200 Menschen an. Sie bewegte sich in der hereinbrechenden Dunkelheit durch die Jenaer Innenstadt.

Es gab wenige Ketten, vier Transpis am Anfang (Bilder gibt es hier). Die Stimmung war weitgehend ganz gut, dafür sorgten oftmals sogar „antifascista“- und „anticapitalista“-Sprechchöre. Die Redebeiträge thematisierten vor allem diverse Absagen (an die in Deutschland angeblich nie existierende ArbeiterInnenbewegung), Austrittserklärungen (aus anderen Antinazibündnissen) und Distanzierungen (von als falsch kritisierten Formen sozialer Kämpfe).
Die Polizei hielt sich sehr zurück, aber das schien ein gegenseitiges Abkommen zu sein. Bereits nach dem Kooperationsgespräch hatten die Veranstaltenden von der zugesicherten Deeskalation gesprochen. Im Gegenzug (?) dazu wurde in einer Durchsage aus dem Lauti darauf hingewiesen, Anti-Polizei-Sprüche mögen die Teilnehmenden bitte unterlassen, „das geht ja woanders, wo das passt, aber hier haben wir heute keinen Grund dafür“. Sehr ernsthaft war zuvor darum gebeten worden, das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu unterlassen, man habe ja „keine Sondernutzung beantragt“.

Der Abend war ein anschauliches Beispiel dafür, dass ein Zusammenkommen von „radikaler Kritik“, einer „Kampfansage an den Kapitalismus“ und Dunkelheit keine mitternächtliche Sprengkraft entfalten muss.
Wer die Demo verpasst hat, darf sich aber auf die „kritische Demonstration am 3. Oktober“ freuen, zu der auch in einem Redebeitrag aufgerufen wurde.

Nach ein paar Tagen nun auch eine längere Bewertung:

Die Uhren ticken anders…

1898 sticht der Anarchist Luigi Lucheni in Genf die Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, Elisabeth (Sissy, auch bekannt als Romy Schneider) nieder. 1911 wird Percival Treite, 1917 Miguel Serrano geboren. 1933 wird das Reichskonkordat zwischen dem NS-Staat und der katholischen Kirche ratifiziert. 1943 besetzt die Wehrmacht die Hauptstadt des von der „Achse“ abgefallenen Italiens. 1989 wird das Neue Forum gegründet, das in Teilen nach ihrem Eintritt bei den GRÜNEN (später als Jäger 90/ Die OlivGRÜNEN bekannt) den ersten deutschen Krieg nach 1945 mitzuverantworten hat.
Und auch 2010 war der 10. September kein guter Tag für die Linke, wenngleich die Demonstration in Jena dankenswerter Weise bereits zwei Tage später vergessen sein dürfte, zumindest bei jenen Teilen der beschworenen „Gegenöffentlichkeit“, die überhaupt Notiz davon nahmen.

Der Report

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich rund 150 Personen. Sie konnten mehreren eingängigen, jedoch keineswegs neuen Redebeiträgen lauschen und bis in die Dunkelheit hinein eine Runde durch Jena laufen. Doch auch der linke Rand „dieser Gesellschaft [verhält] sich zu einem großen Teil apolitisch“(1), und so gab es unterwegs auch diverse Formen musikalischer Untermalung, so auch das in Teilen der Linken beliebte „Antifa-Hooligans“.
Laut Aufruf ließen sich die Themen und Ziele der Demonstration etwa so zusammenfassen (bzw. zitieren):
„Antifaschistische Gruppen bauen gewollt oder ungewollt an diesem Bild eines ’neuen‘ Deutschland mit, wenn ihre radikale Kritik Pragmatismus weicht.“
Bündnisse gegen das faschistische „Fest der Völker“ kranken zunehmend am Pragmatismus, Widersprüche wurden durch einen Minimalkonsens gedeckelt: die gemeinsame Verhinderung der Veranstaltung und „absolute Gewaltfreiheit“(2).
Radikale Kritik der Verhältnisse, die Faschisten immer wieder hervorbringen, bleiben auf der Strecke, die Medien sind daran auch nicht interessiert und zitieren überwiegend „die Parteipolitiker_innen und Funktionäre“. Für die mangelnde Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und die fehlende Kritik am „Wir sind Deutschland“ steht symbolisch der Hype um Dresden: Vielen Antinaziaktivistinnen gehe es nur um das bereinigte Deutschland, ein „wahres Gedenken“ an die deutschen Opfer. Derweil tummeln sich munter antiemanzipatorische Versatzstücke im inkonsistenten Bewußtseinspuzzle der Bevölkerung, Antisemitismus, autoritäres Denken, um nur einige zu nennen. „Gleichzeitig kommt es zu einer verschärften Repression und Ächtung gegenüber jenen, die dieses System für überwindenswert halten.“
Darum: „Für eine radikale Linke ist im Minimalkonsens der Nazi-Gegner_innen kein Platz.“

Wirkung

Ob all das auf die Straße zu tragen gelungen ist, kann bezweifelt werden. Zum einen dürfte es das erste Mal sein, dass Gruppen für ihre Austrittserklärung die Form der Demonstration gewählt haben. Den befragten Passantinnen jedenfalls war der Zweck der Demo nicht klar. Die Ansichten variierten – je nach Wissenstand – zwischen Verwunderung („Das Nazifest ist doch abgesagt, oder?“), Missverständnis („Wie sieht es denn in Griechenland grad aus?“) und dem üblichen „Die paar sollen doch ins Paradies (3) gehen, da stören sie wenigstens nicht den Verkehr“.
Aber mit sowas muss man im politischen Alltag eben rechnen.
Weitaus gravierender dürfte sich hingegen auswirken, dass zwischen linksradikalem Gestus und der erlebbaren Praxis auf Jenaer Straßen gleich mehrere Welten lagen. Die Ordnungsbehörden hatten mit dem Demoanliegen keine Schwierigkeiten, wie sich schon im Kooperationsgespräch andeutete. Entsprechend zurückhaltend agierten auch die Repressionsorgane vor Ort, die die Einschätzung nicht teilen wollten, dass es an diesem Abend um irgendetwas Staats- oder gar Systemgefährdendes gänge. Und damit hatten sie auch nicht so unrecht, denn zentrales Anliegen war, sich von anderen Antinazibündnissen zu distanzieren. Eine derart deutliche, öffentlich ausgetragene Spaltung in der Antinazikämpferinnenfront dürfte weder Staat noch Polizei oder dem Kapitalismus ein Ärgernis sein.
Und so gestaltete sich die Demo zu einem Beitrag zu einem innerlinken Konflikt, für dessen Austragung das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bemüht wurde, um unter Beachtung der Befindlichkeiten der Polizei und recht konsequenter Einhaltung der Auflagen (4) sein Mütchen am nervenden Bürgerbündnis zu kühlen. Zugleich wurden aktuelle Formen sozialer Kämpfe kritisiert, die (historische) ArbeiterInnenbewegung in Deutschland negiert… und Israel die Unterstützung angedroht.
So bleibt, als amüsante Randnotiz, noch zu erwähnen, dass sich nicht nur Thüringer Antifastrukturen einreihten, sondern auch Mitglieder der ungeliebten Bündnisse.

Verzicht!

Man forderte viel, und auf noch mehr gilt es zu verzichten: auf Bündnisse, deren Pragmatismus Widersprüche negiert und nebenbei nicht ohne Erfolg gegen Naziaufmärsche mobilisiert; auf Kämpfe um die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums; auf alle und jede, die irgendwie im System mitwirken (Parteien, Gewerkschaften, letztlich auch auf radikale Linke, die ihren Anspruch auf Intervention auch praktisch werden lassen).
Neben diesen Aufrufen zum Verzicht wurde der auch praktisch geübt: kein Wort zu Sarkozys antiziganistischer Politik, kein Wort zum befreiten Aufschrei aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angesichts Sarrazins Thesen, kein Wort zum Atom“kompromiss“, zu zivil-militärischen Zusammenarbeit.

The same…

Damit entfernen sich Organisatorinnen und Teilnehmende der Demonstration, wenn sie das dort gesprochene Wort ernst meinen, zunehmend von den Diskursen und Praktiken der radikalen Linken (i.S. einer auf gesellschaftliche Veränderung durch radikale Theorie und Praxis setzende Linken). Dann darf man sich auch nicht wundern, wenn die Unterstützung aus anderen Regionen eher gering bleibt, wenngleich der Tiefpunkt linker Abgrenzungsprojekte nicht erreicht wurde.
Dass linksradikale Positionen nicht hegemonial sind, dürfte niemanden überraschen. Wäre es anders, wäre der Kapitalismus überwunden oder zumindest in einem ernsten Abwehrkampf, ich säße jetzt nicht am PC. Die Welt sähe anders aus, politische, kämpferische Arbeit würde sich ganz andere Aufgaben stellen (müssen). Damit das mal so wird, diskutieren und intervenieren linksradikale Gruppen weltweit und alltäglich, ganz gleich, ob sie in Pakistan medizinische Hilfe organisieren, Fluchtwege freihalten, das „eigene“, kriegführende Land kritisieren, Betriebe besetzen, die Polizeipräsenz zurückdrängen, sich Zwangsdiensten verweigern und dafür werben sich dem anzuschließen… to be continued
Dabei ist es eine Binsenweisheit, dass, wer sich den Mühen der Ebene aussetzt, sich auch mal die Hände schmutzig macht. Aber das muss man Linksradikalen (Definition s.o.) eigentlich auch nicht erzählen.

Hier jedoch ticken die Uhren anders. Hier lamentiert man über mangelndes Medieninteresse an den eigenen ideologiekritischen Exkursen, über das fehlende Horkheimer-Verständnis anderer Antinazibündnissen. Well, es kam wohl nicht von ungefähr, die Demonstration ausgerechnet auf den Welt-Suizid-Präventionstag der WHO zu legen.
——
1 Aus dem Aufruf zur Demo. Dort spricht man aber ebenso treffend vom „rechten Rand“ der Gesellschaft.
2 2008 hieß es: „Wir sind entschlossen, das rechtsextreme ‚Fest der Völker‘ in Jena zu verhindern. Wir sind solidarisch mit allen, die dieses Ziel mit uns teilen“ (sic!), aus: Jenaer Erklärung: Neonaziaufmärsche verhindern (insg. 704 Unterstützerinnen); 2010 kippte der solidarische Konsens nach rechts: „Wir sind entschlossen, das ‚Fest der Völker‘ in Pößneck zu verhindern. Wir wollen das in gemeinsamen und gewaltfreien Aktionen erreichen. Wir sind solidarisch mit allen, die dieses Ziel mit uns teilen“ (hatte dann auch nur noch 434 Unterstützer, ein Rückgang um fast 40 Prozent).
3 Womit vermutlich nicht das Jenseits, sondern der städtische Naherholungspark gleichen Namens gemeint sein dürfte.
4 u.a. wurde gebeten, auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu verzichten, man habe ja auch keine Sondernutzung beantragt; die Polizisten mit unfreundlichen Kommentaren zu bedenken, sei auch nicht richtig, „hier und heute“ gäbe es dafür schließlich keinen Grund

Ergänzung: Hier der angesprochene Redebeitrag zu falschen sozialen Kämpfen, konkret zur Bankenblockade der Aktionsgruppe Georg Büchner:

Bankenblaockaden: Jagt die Profiteure – oder wie linke „Konzeption für die Massen“
aussieht

Die Banken sind schuld an der Krise. Das scheint gesellschaftlicher Konsens zu sein. Dieser Konsens wird von Linksradikalen und Linken aufgegriffen. Nach den Demos mit dem unsäglichen Motto: „Wir zahlen nicht für EURE Krise“ wird nun noch eins draufgesetzt mit „Es reicht – Akteure und Profiteure der Krise blockieren!“. Unter diesem Motto sollen am 18. Oktober 2010 in Frankfurt/Main Banken blockiert werden. Eine „Aktionsgruppe Georg Büchner“ mobilisiert, debattiert und ruft auf. Was ist unsäglich an diesen Slogans? Weiterlesen

Castor? Schottern!


Zahlreiche linke Gruppen und Einzelpersonen erklären hier, daß sie den Castor im Herbst durch das Räumen des Gleisbetts stoppen werden:

Wir wenden uns an die Menschen, die schon seit vielen Jahren im Widerstand gegen Castortransporte aktiv sind; natürlich auch an die vielen Neuen, die in den letzten Jahren ihr Nein! zur Atomenergie auf die Straße getragen haben;

wir wenden uns an diejenigen, die massenhaft gegen den Sozialraub der Regierung protestierten, und die erleben mussten, wie ohne Wimpernzucken darüber hinweggegangen wurde;

wir wenden uns an die Zehntausende, die bundesweit entschlossen etliche Naziaufmärsche stoppten;

wir wenden uns an die Leute in Dörfern, in kleineren und größeren Städten, die nicht bereit sind, angesichts der herrschenden Atom-Politik die Hände in den Schoß zu legen:

Gemeinsam mit Euch, zusammen mit Hunderten, Tausenden von Menschen, wollen wir in der Aktion Castor Schottern! Steine aus dem Gleisbett räumen, wenn der nächste Transport mit Castoren ins Wendland rollt.

[weiter auf http://www.castor2010.org/]

Ein bisschen Freiheit: Residenzpflicht bleibt

Einen Moment lang sah es so aus, als ob die rassistische Residenzpflicht abgeschafft oder zumindest in ihrer räumlichen Begrenzung auf Thüringen ausgedehnt werden könnte. Nachdem entsprechende Initativen im Thüringer Landtag gescheitert sind, tritt im Herbst eine neue Verordnung zur ordnungsgemäßen Diskriminierung von Flüchtlingen in Kraft. Der Flüchtlingsrat Thüringen erklärt dazu in einer Pressemitteilung:

In Thüringen leben über zwei Tausend Menschen, die ihre Heimatländer wegen Krieg, Verfolgung, Folter, Hunger, Elend, Gefahr für Leib und Leben verlassen haben. Sie flohen nach Deutschland, um einer meist massiven Beschränkung ihrer Freiheitsrechte zu entkommen. Sie hofften auf eine Gesellschaft, die die Freiheit eines Menschen achtet. Stattdessen werden sie über Jahre in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Im Herbst diesen Jahres soll eine Thüringer Verordnung in Kraft treten, die die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen neu regelt. Was als Vorstoß verkauft werden soll, ist aus Sicht von Flüchtlings- und Migrantenorganisationen, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden nur eine weitere Verletzung von Grundrechten. Künftig sollen sich AsylbewerberInnen und geduldete Flüchtlinge in künstlich geschaffenen neuen Zonen ein bisschen mehr frei bewegen dürfen. Weiterlesen

Antifaschistisches Familientreffen in Kassel

Vom 1.-3.10 findet in Kassel das Antifaschistischen Familientreffen statt und es sieht schwer so aus, als ob dort genau die richtigen Fragen diskutiert werden sollen:

In den zurückliegenden Jahren hat es wenig Möglichkeit und Gelegenheit gegeben, Projekte gegen Nazis, Rassismus und andere Ideologien der Ungleichwertigkeit miteinander zu vernetzen und im Erfahrungsaustausch gute Methoden, tragfähige Konzepte und brauchbare Ergebnisse zu sichern. Vieles lief parallel und nebeneinander her, man kannte sich von den zahllosen Seminaren, Tagungen und Vortragsabenden, die von den immer gleichen Veranstaltern, zu den immer gleichen Themen und meist auch noch mit den immer gleichen Referent_innen organisiert wurden.

Leute mit langer Recherche- und Bildungserfahrung, junge Wissenschaftler_innen und antifaschistische Aktivist_innen waren in der zurückliegenden Dekade entweder in den Bundesprogrammen „gegen Rechts“ beschäftigt und mit dem ironischen Vorwurf der „Staatsantifa“ konfrontiert. Oder sie achteten strikt auf ihre Unabhängigkeit (vor allem von staatlicher Gängelung oder institutioneller Vereinahmung seitens Parteien, Stiftungen und Organisationen), um bisweilen in einem gewissen Autismus zu versinken. Wieder andere hatten – mit dem Rücken zur Wand in „No go areas“ und „National befreiten Zonen“ – nicht Zeit noch Muße, über Vernetzung und Erfahrungsaustausch nachzudenken. Schließlich pendelten einige zwischen akademischem Betrieb, Antifa-Recherche und den tausend Tagungen, Workshops und Seminaren hin und her.

Dennoch sind viel unbestechliche Expertise, profundes Wissen und kritische politische Erfahrung angehäuft worden, die es zu sichern, weiterzuentwickeln und zugänglich zu machen gilt. Zumal in einer Situation, in der die aktuelle Regierungspolitik sich wie ein heftiger reaktionärer Rollback darstellt und noch einiges an Verschärfung verspricht.

Über die intellektuell fragwürdige Extremismus-Debatte und die dahinter liegende, mit dem Kalten Krieg überwunden geglaubte Totalitarismus-Doktrin zur Gleichsetzung von „Rechts-“ und „Linksextremismus“ und Kriminalisierung von Antifa-Arbeit, werden entstandene Strukturen der Recherche, politischen Bildung und antifaschistischer Aktivität in ihrem Bestand und in ihrer Handlungsfähigkeit gefährdet, beschränkt und behindert. Umso wichtiger ist es, ein „ungezwungenes“ und unabhängiges Zusammentreffen kritischer und erfahrener Akteur_innen antifaschistischer Politik, Bildungsarbeit, Publizistik und Wissenschaft sowie antifaschistischer Aktion zu ermöglichen. Diesem Ziel dient mit einem dichten und spannenden Workshop- und Veranstaltungsprogramm die Aktionskonferenz „Manometer. Antifaschistisches Familientreffen 2010“, zu der Ihr herzlich eingeladen seid.

[Weiter auf der Seite vom Familientreffen]

Bundesweite Anti-Atom-Demo am 18.9.2010 in Berlin

Die Anti-Atom-Kampagne Ausgestrahlt und andere rufen auf, am 18.9. das Regierungsviertel zu umzingeln und damit gegen den Austieg aus dem Atomausstieg zu demonstrieren. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Thüringen organisiert Busse:

Zusteigmöglichkeiten bestehen in Eisenach (7:00 Uhr), Erfurt (8:00) und Jena (9:00). Der Kostenbeitrag beträgt 20 Euro. Damit es am Geld nicht scheitert, besteht auch die Möglichkeit, bei Bedürftigkeit für 10 Euro mitzufahren. Um dies zu ermöglichen, nehmen wir auch gerne Unterstützungsbeiträge in Höhe von 40 Euro entgegen.

Wer hin will, sollte sich schnellstens beim BUND melden.

Hände weg von unserem Fahrer! Prozess am 13.9. in Erfurt.

Am 13.09.2010 findet um 9 Uhr im Amtsgericht Erfurt (Rudolfstrasse 46 – Justizzentrum), Sitzungssaal 7, mal wieder ein Prozess gegen einen Genossen statt.

Im Rahmen der Soli-Demo zur B.Haus-Räumung am 16.04.2009 ist er als Fahrer aus dem Lautiwagen gezogen worden und die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen folgender Tatvorwürfe: Verstoß gg. das Versammlungsgesetz, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte und versuchte Körperverletzung.

Der Betroffene will einen öffentlichen und politisch geführten Prozess und wünscht sich breite Unterstütung und Solidarität. Bitte kommt deswegen am 13.09. um 08.30 Uhr vor das Amtsgericht (Haupteingang) und bringt viele Leute mit!

Solidarität ist eine Waffe!

Erfurt: Das war eine friedliche Nachttanzdemo!


Geschätzte 5 Leute stehen am 28.8.2010 um 20 Uhr bei leichtem Nieselregen auf dem Bahnhofsvorplatz bei der Auftaktkundgebung zur Nachttanzdemo „Biss zum selbstverwalteten Zentrum“. Um kurz nach 8 wird das Soundsystem angeworfen und siehe, es ward Licht: Die Sonne kommt raus, die Wolken verziehen sich und mehr und mehr Leute kommen zusammen, um ihre Forderung nach einem Haus in Erfurt auf die Straße zu tanzen.

Als die Demo gegen 21 Uhr losgeht, sind es vielleicht 250 Leute, die aber stetig mehr werden, weil sich Leute vom Straßerand anschließen. Klar ist, daß mit diesem Demokonzept eher jüngere Leute angesprochen werden. Es werden auch Flyer verteilt, die das Anliegen deutlich machen sollen. Die Reaktionen sind wie immer gemischt, zu vielleicht 2/3 positiv.

Es geht über große und kleine Straßen, vorbei an einem ehemals besetzten Haus in der Nähe des Lusienparks. Dort ist (extra für die Feier des Tages?) ein Zelt im Garten aufgebaut, aber die Polizei lässt nicht zu, daß es zu einem freudigen Wiedersehen kommt. Ansonsten beschränkt sich er Einsatz vor allem darauf, Stroboskoplicht zu liefern und hier und da teure Autos zu umstellen.

Ende ist dann im Luisenpark, wo noch bis 24 Uhr aufgelegt wird. Schön.

Als es losgeht, gibt es vorne eine kleine Demospitze …

… dahinter der Lauti.

Hinter und auf dem Wagen wird getanzt …

… und auch am Rand …

Am Ende Leuts mit Fahrrädern …

… und eine ganze Menge Autos mit Stroboskoplicht.

Am Ende immer mehr Leute:

Hausdurchsuchung bei VPN-Anbieter in Erfurt

Am vergangenen Freitag wurden bei einer Hausdurchsuchung beim VPN-Anbieter „Perfect Privacy“ in Erfurt fünf Computer beschlagnahmt. Die Begründung für die Durchsuchung ist nach Angaben des Anbieters der Verdacht, daß über das angebotene VPN strafrechtlich relevante Kommunikation gelaufen sein könnte.

VPNs (Virtuelle Private Netzwerke) bieten die Möglichkeit, den Internet-Verkehr verschlüsselt am Auge von Behörden und Internet-Provider vorbei zu lenken und werden daher gerade in Ländern mit starker Internet-Zensur gerne genutzt. Der Vorteil gegenüber einer einfacheren Anonymisierung mit TOR ist, daß man mit Hilfe eines VPN den gesammten Netzwerkverkehr anonymisieren kann — also auch Chat, E-Mail oder Dateitransfer. Wenn der Staat einen VPN-Anbieter angreift, dann ist das ein Angriff auf die Möglichkeit, sich anonym im Netz zu bewegen.

Laut „Perfect Privacy“ ist dieser Angriff misslungen: Alle Rechner, die für „administrative oder sonstige Tätigkeiten rund um Perfect Privacy“ eingesetzt wurden, waren durchweg vollverschlüsselt, zudem wurden die eigentlichen Internet-Server nicht Ziel der Maßnahme. Ob die Behörden die Internetserver anderweitig überwachen, ist allerdings nicht bekannt.

Quelle hier, Liste von VPN-Anbietern hier.

„Ich würd ja gerne mit kommen, aber …“

Ein Bericht von Teilnehmenden der „Leb-Haft“-Tour durch Thüringer Flüchtlingsunterkünfte:

Am Mittwoch, den 11. August, startete bei leichtem Nieselregen die Aktionsgruppe „Leb-Haft“ zu ihrer Fahrradtour durch die nördlichen Thüringer Landkreise um die dortigen Flüchtlingsunterkünfte zu besuchen. Auf dem Plan standen Ganglöffsömmern (LK Sömmerda), Rockensußra (Kyffhäuserkreis), Felchta (Unstrut-Hainich- Kreis) sowie Gerstungen im Wartburgkreis.

Was für die Gruppe ein leichtes Unterfangen war, ist für Asylbewerber_innen und geduldete Personen zumindest eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld und einem entsprechenden Eintrag in ihre Akte geahndet worden wäre.

Im Vorfeld der Fahrradtour wurden ein Bus, ein riesiges Zelt, Kochutensilien und jede Menge Spielsachen besorgt, um gemeinsam mit den Leuten in den Unterkünften Straßenfeste zu organisieren. Die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Thüringen sind gekennzeichnet durch vielfältige Ausgrenzungen und Diskriminierungen, die aber von Landkreis zu Landkreis variieren. Lebensmittelgutscheine gehören zu einem Instrument der Stigmatisierung ebenso wie der Zwang in einer Gemeinschaftsunterkunft zu leben, in der Wachpersonal kontrolliert, wer dich besucht und wie lang er oder sie bleiben. Die sich daraus ergebende Isolation wollten wir thematisieren und für einige Tage durchbrechen. Weiterlesen

Residenzpflicht für Flüchtlinge in Thüringen bleibt weiterhin bestehen

Bewegungsfreiheit füt alle!Wie Radio F.R.E.I. berichtet hat der Innenausschuss des Thüringer Landtags am 13. August empfohlen die Residenzpflicht für Flüchtlinge in Thüringen aufrecht zu erhalten.

Der im Mai dieses Jahres gestellte Antrag der FDP auf Abschaffung der Residenzpflicht wurde damit abgelehnt. Auch ein ähnlicher Antrag der Partei die LINKE wurde bereits abgelehnt. Das bedeutet, dass diejenigen, die in Thüringen auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warten, auch weiterhin die Grenze des zuständigen Landkreises oder der kreisfreien Stadt nicht überschreiten dürfen. Somit dürfen auch Flüchtlinge, die in Erfurt leben, die Stadt nicht ohne Erlaubnis verlassen.

Mit der weitestgehenden Aufhebung der Residenzpflicht in Berlin und Brandenburg ist eine bundesweite Diskussion um dessen Abschaffung entbrannt. Das Asylverfahrensgesetz lässt ausdrücklich zu, diese Beschränkung aufzuheben und damit den erlaubnisfreien Aufenthalt auf Landesebene möglich zu machen. Die jetzige Entscheidung des Thüringer Landtags ist ein Rückschlag innerhalb dieser Diskussionen. Das rassistische Sondergesetz ist damit bis auf weiteres noch lange nicht vom Tisch.

10.9.2010, Jena: Kein Volk – kein Fest – kein Volksfest!

Am 10.9. findet ab 19 Uhr in Jena eine Demo unter dem Motto „Kein VOLK kein FEST kein VOLKSFEST – destroy the spirit of Dresden!“ statt. Der Aufruf richtet sich gegen das „Fest der Völker“, daß am 11.9. in Pößneck stattfindet und gegen diejenigen Anti-Gewalt-„Volksfeste“, mit denen sich die Mitte gegenseitig ihre moralische Überlegenheit bestätigt:

Kein VOLK kein FEST kein VOLKSFEST – destroy the spirit of Dresden!
Auch dieses Jahr findet wieder das Fest der Völker in Pößneck statt. Und auch dieses Jahr wird es wieder ein Volksfest gegen Nazis geben, ob als Bratwurstessen oder Blockade (In Dresden bezeichnete sich 2010 die Hauptblockade am Albertplatz selbst als „Volksfest“. ).
Wie auch beim „Trauermarsch“ in Dresden oder anderen nazistischen Großveranstaltungen geht es bei den Gegenaktivitäten nicht um eine Kritik rassistischer, antisemitischer, sexistischer oder anderweitig diskriminierender Ideologien, sondern in erster Linie um eine Abgrenzung von diesen „bösen Randerscheinungen“, für die vermeintlich nur die Nazis stehen. Dass solche ausgrenzenden Denkmuster auch fest in den Köpfen so mancher Nazi-Gegner verankert sind, bleibt dabei erstmal unreflektiert. Der „Kampf gegen die Rechtsextremisten“ wird zum Sinnbild der geläuterten, demokratischen Nation. Antifaschistische Gruppen bauen gewollt oder ungewollt an diesem Bild eines „neuen“ Deutschland mit, wenn ihre radikale Kritik Pragmatismus weicht. […]

Den kompletten Aufruf gibt es auf der Mobilisierungsseite http://www.keinvolksfest.tk/.

Samstag in Bad Langensalza: Kundgebung gegen Nazi-Zentrum

Wie Indymedia meldet, ist bekannt geworden, daß in Bad Langensalza in einem Bürogebäude ein überregionales Nazi-Zentrum entstehen soll. Dagegen wird am 21. August ab 10 Uhr auf dem Augustinerplatz eine Kundgebung stattfinden.
Der Zug aus Erfurt fährt 9.10 Uhr und ist (ohne Umsteigen) 9.49 in Bad Langensalza.
Wer den Weg nicht auf sich nehmen möchte kann bereits ab 10.00 Uhr zum Straßenfest im Rahmen des diesjährigen CSD auf den Anger kommen. Ab 14.00 läuft die Demonstration zum Christopher Street Day vom Bahnhofsvorplatz los.

Samstag: Bankenblockade planen

BankenblockadeAm 18. Oktober will die Aktionsgruppe Georg Büchner in Frankfurt am Main Banken blockieren. Mit der Parole „Die Verursacher und Profiteure der Krise blockieren“ soll dabei Druck gegen Sozialabbau und Klassenkampf von oben aufgebaut werden. Mit dabei sind Parteien und Gewerkschaften, aber auch verschiedene autonome Gruppen, vor allem aus Westdeutschland und Berlin. Die bisherigen — vorläufigen — Forderungen sind:

  • Sofortige Einführung einer Finanztransaktionssteuer
  • Besteuerung aller Vermögen über 1 Million mit 5%
  • Sofortige Umsetzung der Forderung nach 500,- Euro Hartz IV-Eckregelsatz, 10 Euro Mindestlohn und einer 30-Stunden Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich

Es ist gewollt, daß der endgültige Aufruf und die Aktion selbst die Breite der AktivistInnen wiederspiegelt. Um das zu erreichen, findet am kommenden Samstag, 21. August, in Franfurt am Main eine Aktionskonferenz statt, auf der die inhaltlichen und strategischen Eckpunkte der Aktion besprochen werden.

Mehr dazu auf dem Blog zur Aktion unter http://aufstand.blogsport.de.

Nationales Stipendienprogramm in Kraft


Gestern ist das im Juli vom Bundestag beschlossene Nationale Stipendienprogramm in Kraft getreten. Das Bundesministerium für Forschung erklärt dazu:

Ziel des nationalen Programms ist es, begabte Studierende an allen staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland durch ein Stipendium zu unterstützen. Finanzielle Hindernisse für die Aufnahme eines Studiums sollen so abgebaut und Anreize für Spitzenleistungen geschaffen werden.

Wir erinnern uns: 2009 haben beim bundesweiten Bildungsstreik nach Eigenangaben 200.000 Student_innen und Schüler_innen protestiert. Wogegen, oder (meist eher) wofür, war nicht immer so klar. Eine kleine Theoriefraktion hat beständig auf die Rolle der Bildung im Kapitalismus hingewiesen, auf ihre Rolle als Lieferantin von Arbeitskräften und für die Reproduktion von Eliten. Bei der Masse sah es oft eher so aus, als ginge es darum, die eigene Elitenposition zu verteidigen, Hand in Hand mit der Hochschulleitung gegen Mittelkürzungen und für den Standort.
Nun, zumindest die letzte Forderung wurde durchgesetzt: Bildung ist der einzige relevante Haushaltsposten, der von dem im Juni beschlossenen Sparpaket nicht betroffen ist. Allerdings wird der Modus der Verteilung verändert. Ging es bei dem in den 1970er-Jahren eingeführten BAföG explizit darum, Arbeiter_innenkindern ein Studium zu ermöglichen, geht die sukzessive Umstellung auf Stipendien in die entgegengesetzte Richtung: Statt Kinder aus „bildungsfernen Schichten“ zu fördern, um einen Ausgleich für soziale Benachteiligung zu schaffen, erhalten diejenigen eine zusätzliche Förderung, die sowieso einen leichten Zugang zu Bildung haben. Denn bis man in der Bildungskarriere dahin kommt, wo Stipendien für Höchstleistungen vergeben werden, sitzen die Jaquelines und Mehmets aus Neuköln längst beim Penny an der Kasse oder bei der Arge auf dem Flur.
Und wie verhält sich die Student_innenbewegung dazu? Sie hält weitestgehend die Klappe. Kein Wort vom bundesweiten Bildungsstreik, keine Stellungnahme vom lokalen AK Kritik, keine Uni brennt. Eine Erklärung für diese Ignoranz wären die Semesterferien. Klar, da muss man Hausarbeiten schreiben. Wahrscheinlicher als diese Deutung ist aber leider, daß die Student_innenbewegung politisch versagt hat, weil sie sich von Anfang an auf die Besitzstandswahrung des Bildungsbürgertums konzentriert hat, statt das Bündnis mit anderen sozialen Kämpfen zu suchen und die eigene Rolle als zukünftige Funktionselite zu reflektieren.

1. Wagenplatzfest am Samstag in Erfurt

1. Wagenplatzfest am 7. Augusti Erfurt
Programm ab 16.00 Uhr:

Musik
– laubsägenmassaker iii (elektropunk)
– fliegvogelflieg (minimalteknogeballer)
– shorts happening (indietronick / elektro)
– h2oouu (minimal / techno)
– to:be (minimal / deep)
– klump (trommelbass / destroyal crew)

Lesung und Diskussion
– Prof. Dr. Dr. B. W. Platz liest aus „Goldene Worte von Kanzler Kohl“

Nahrung (fest)

– Vegane Speisen aus der KücheFürAlle

Nahrung (flüssig)
– Bar mit verschiedenen alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken

und sonst noch
– An der Feuertonne abhängen wie früher
– Stockbrot vs. Knüppelkuchen

und vielem mehr!

De-Mail: Zur Sicherheit immer einen Durchschlag an die Behörden mitsenden

Kamera auf PolizeiüberwachungswagenWarum man unter keinen Umständen eine de-mail registrieren sollte, erklärt http://www.daten-speicherung.de.
Es läuft am Ende darauf hinaus, daß man statt der Nutzung von De-Mail auch gleich einen Durchschlag jeder einzelnen Mail an die Polizei, den Verfassungsschutz und viele weitere Dienste weiterleiten kann — wobei letzteres den Behörden wenigstens noch etwas mehr Arbeit machen würde…
[genauer auf http://www.datenspeicherung.de]

(Protest gegen) Nazi-Kundgebung in Erfurt

Seid cool, bildet Antifabanden!Am gestrigen Nachmittag fand eine bis dato zweite Kundgebung von Neonazis der „Freien Kräfte Erfurt“ ohne nennenswerte Proteste am Wiesenhügel statt. Bei einer ersten Kundgebung am 21. Juni auf dem Erfurter Anger protestierten spontan ca. 10 Antifaschist_innen gegen die 50 anwesenden Nazis. Die Stadtverwaltung gab sich hier vollkommen unwissend über die Tatsache das es sich um Neonazis handele, die da auf dem Anger Demonstrieren.
Auch bei der gestrigen Nazikundgebung gab es so gut wie keine Proteste dagegen. Weder die Stadt noch Antifaschist_innen haben es geschafft ihren Unmut über das braune Treiben vor Ort effektiv kundzutun. Für Unwissende müssen die ca. 25 anwesenden Nazis als ganz normale Jugendliche, die sich für ihre Belange einsetzen, ausgesehen haben. Eine Schande für alle die sich gegen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus in weiten Teilen der Bevölkerung zur Wehr setzen.

Zur Dokumentation eine Pressemitteilung der Antifaschistischen Koordination Erfurt [ake] vom 30. Juli 2010:

Heute Nachmittag haben etwa 25 Neonazis eine Kundgebung im Erfurter Stadteil Wiesenhügel durchgeführt, zu der die „Freien Kräfte Erfurt“ aufgerufen hatten. Die „Antifaschistische Koordination Erfurt [ake]“ protestiert gegen diesen wiederholten neonazistischen Aufmarsch in Erfurt. Hinter ihrem angeblichen Protest gegen die Schließung des Jugendclubs „Urne“ versteckt sich neonazistische Ideologie.

Ulli Klein, Sprecherin der [ake], erklärt: „Schon lange versuchen Nazis, soziale und kommunale Themen von rechts zu besetzen. Dahinter stecken aber nur neonazistische Ideologie, Rassismus und Antisemitismus.“ Klein ergänzt: „Wir werden uns weiterhin gegen die Präsenz von Nazis in Erfurt wehren. Wir rufen die Menschen in Erfurt auf, sich nicht nur am 1. Mai gegen Nazis zu wehren, sondern auch im Alltag gemeinsam Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus die rote Karte zu zeigen!“

Die [ake] begrüßt, dass auch heute wieder Menschen im Erfurter Südosten gegen das Auftreten der Nazis protestiert haben – leider viel zu wenig. Klein kritisiert: „Durch ungestörte Kundgebungen, Veranstaltungen und ihre Präsenz im Alltag kann es den Neonazis gelingen, sich in Erfurt fest zu verankern. Die Stadt darf diesem Treiben nicht länger unbeteiligt zuschauen. Stadt, demokratische Organisationen und antifaschistische Initiativen müssen endlich gemeinsam Widerstand gegen das braune Treiben in Erfurt organisieren!“

Ergänzung: Wie Indymedia berichtet, wurde gleichzeitig mit der Nazi-Kundgebung das nahegelegene Fachgeschäft für nationalen Sportswear „Trondheim“ in der Neuwerkstraße von Antifas mit Farbbeuteln angegriffen.

Noch ’ne Ergänzung: So sah die Nazi-Kundgebung aus. Klar, das kann man als Ordnungsamt schon für unpolitische Jugendliche halten…

24.7.2010: Nazi-Demo+Konzert in Hildburghausen

DeppentröteHildburghausen ist ein braunes Kaff. Nazis dominieren auf der Straße, Pöbelein und kleinere Angriffe sind an der Tagesordnung. Daß das nicht allgemein bekannt ist, liegt allein daran, daß es kaum Antifa-Strukturen und entsprechend wenig Recherche und Öffentlichkeitsarbeit gibt. Wie das lokale „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ nun berichtet, wird am 24.7.2010 ein größeres Nazi-Event stattfinden:

Am 24. Juli will das BZH (eine rechtsextreme Gruppierung mit Tommy Frenck an der Spitze und unter wechselnden Namen im Landkreis Hildburghausen) nun mit den ehemaligen NPD- Funktionären Deckert und Trinkaus sowie Kadern der „Freien Kräfte“ auf dem Areal des historisch sensiblen Marktes in Hildburghausen nicht nur hetzen und anschließend durch die Hildburghäuser Wohngebiete ziehen, sondern am Nachmittag sollen auch mehrere Rechtsrockbands dort spielen. Auf dem Platz, auf welchem 1938 Hildburghäuser Juden zusammengetrieben wurden, ein Denkmal steht, welches von einem jüdischen Mitbürger gespendet wurde, sowie im Gedenken an die NS- Opfer Stolpersteine verlegt wurden, wollen die Nazis zwischen 12.00 und 22.00 Uhr sich zusammenrotten und u.a. gegen die seit Ende 2009 in Betrieb genommene Sammelunterkunft für Asylbewerber hetzen.

Das BgRE will ab 10 Uhr auf dem Marktplatz gegen die Nazis demonstrieren. Ungewöhnlich für ein Bürgerbündnis ist, daß man sich von Anfang an auf militante Kundgebungsmittel einlässt und auch andere dazu auffordert:

unter anderem befürworten wir ausdrücklich den Einsatz von Vuvuzelas, welche es bei EDEKA für 50 Cent pro Stück gibt (siehe Aufruf)

Das fortgesetzte Pusten in Tröten kann gerade bei heißem Wetter zu einer gefährlichen Sauerstoffunterversorgung im Gehirn führen, die wiederum Wahrnehmungsstörungen hervorrufen kann. So heißt es dann auch im Aufruf:

Das hervorragende Abschneiden unserer Fußballnationalmannschaft hat bewiesen, welche Erfolge für Menschen unterschiedlicher Herkunft unter den Bedingungen realisierter Integration möglich sind. Das sportliche Auftreten in siegreichen Vergleichen, aber auch die Größe, eine knappe Niederlage zu akzeptieren und einer anderen Mannschaft zum Erfolg zu gratulieren, hat der Mannschaft weltweit Sympathien eingebracht.

Und weiter dazu, wie nützlich Vielfalt für den Standort ist:

Jeder einzelne Mensch stellt für unsere Gesellschaft eine Bereicherung dar. Die unterschiedlichen Bedürfnisse, Ansichten und Fähigkeiten aller tragen zur Entwicklung unseres Gemeinwesens entscheidend bei, wenn sie unter den Bedingungen eines demokratischen und humanistischen Alltags gleichberechtigt und ohne Anmaßung gegenüber anderen eingebracht werden.

Das ist mehr als deutlich: Überflüssige EckensteherInnen, die kein Interesse daran haben, das Hildburghausener Gemeinwesen weiter zu entwickeln und den Standort voran zu bringen sowie Leute, die die zahlreichen Verletzten des Deutschen Fussball-Mobs (siehe hier) nicht für „sportliches Auftreten“ halten sind am 24.7. nicht erwünscht in Hildburghausen — weder auf der einen, noch auf der anderen Veranstaltung.

Gay Pride 2010 in Budapest

Budapest Pride 2010Entscheidungen über das eigene politische Handeln zu treffen ist oft schwierig und meist nicht widerspruchsfrei. Einige Leute aus antifaschistischen Zusammenhängen in Erfurt entschlossen sich, am 10.07.2010 an der Gay Pride 2010 in Budapest teilzunehmen, antstatt das „Rock für Deutschland“ in Gera zu blockieren. Zum einen ist es dem Unbehagen gegenüber dem Hype „friedlicher Blockaden“ seit Dresden Februar 2010 geschuldet, teils sind es die alarmierenden Nachrichten aus Ungarn über den dortigen Rechtsrutsch in Parlamenten und Bevölkerung und die massiven Übergriffe auf die Homosexuellenparade (Gay Pride), aber auch Neugierde und der Wunsch nicht nur innerhalb antifaschistischer Strukturen agieren zu wollen. Jedoch eins nach dem anderen:

Geschichtliches/Hintergrund
Die Gay Pride in Budapest (http://budapestpride.hu/) gibt es mehr oder weniger seit 15 Jahren. Seit 2006 wird sie jedoch regelmäßig durch ungarische Faschisten und rechtsgerichtete homophobe Bevölkerungsteile angegriffen. Vorläufiger trauriger Höhepunkt waren 2008 massive Attacken auf die Pride, die mit Wurfgeschossen (Eier, Steine, Mollies) eingedeckt wurde. Auf dem „Heldenplatz“ kam es zu Straßenschlachten zwischen ungarischen Faschisten und der Polizei.

Dies passierte in einem öffentlichen Klima des politischen Rechtsruckes in Ungarn. Wirtschaftliche und soziale Probleme (Inflation, Staatsverschuldung, Verarmung ganzer Bevölkerungsteile), verstärkt durch die Wirtschaftskrise, führten zu einer starken Unzufriedenheit in der ungarischen Bevölkerung. Rechtskonservativen Pateien wie der „Fidesz“ unter Victor Orban gelang es die Unzufriedenheit für sich zu nutzen, indem offen nationalistische, rassistische und antisemitische Hetze betrieben wurde. Dass die Rechnung aufging, manifestierte sich in einer 2/3 Mehrheit der Fidesz bei den Parlamentswahlen 2009.

Die Störaktionen gegen die Gay Pride wurden mehr oder weniger durch die faschistisch/christliche Partei „Jobbik“ („Die Rechteren/Besseren“) und deren paramilitärischer Arm die „Ungarische Garde“ angezettelt. Die Jobbik erzielte bei den Parlamentswahlen 2009 ein Wahlergebnis von 16%, was eine deutliche Aussage über ihre Verankerung in der Bevölkerung darstellt. Ihr paramilitärischer Arm die „Ungarische Garde“ zählt tausende Mitglieder. Sie ist zwar offiziell verboten, jedoch weiterhin aktiv. Hauptsächlich tut sich die „Ungarische Garde“ durch gewalttätige Übergriffe auf die ethnische Minderheit der Roma in Ungarn hervor. Insgesamt gehen 8 Morde an Roma sowie ungezählte Gewalttaten auf das Konto dieser paramilitärischen Organisation, die sich stark an den faschistischen „Pfeilkreuzlern“ orientiert. Jene kooperierten während des 2.Weltkrieges mit den Deutschen und mischten bei der Verfolgung und Vernichtung ungarischer Jüdinnen und Juden kräftig mit. Eine linke/liberale Zivilgesellschaft ist in Ungarn dagegen nur schwach vertreten.

2009 kam es wieder zu Störaktionen seitens der Faschisten. Diese waren jedoch nicht mehr so massiv und gewalttätig wie 2008. Dafür lief die Gay Pride weiträumig abgesperrt aber unter großer Medienpräsenz durch menschenleere Straßen. Der Schock von 2008 entmutigte viele ungarische Aktivist_innen und verängstigte sie, da es immer noch ein Spießrutenlauf war, durch faschistische Horden hindurch zur Pride zu gelangen. Größere Unterstützung kam jedoch aus anderen Ländern v.a. aus Wien. Eine kleine Gruppe von Aktivist_innen aus Berlin war ebenfalls vor Ort und berichtete auf indymedia von der Pride und den Schwierigkeiten mit der faschistischen Bedrohung (http://de.indymedia.org/2009/09/261268.shtml). So trauten sich z.B. die Berliner_Innen nicht zur Abschluss-Party, da der ganze Vorplatz der Location trotz massiver Polizeipräsenz mit gewaltbereiten Faschos gefüllt war. Für 2010 entschlossen sie sich zu einer breiteren Mobilisierung, um vor Ort besser agieren zu können und allgemein Solidarität mit dem Anliegen der Gay Pride in Budapest (sexuelle Selbstbestimmung und gegen Homophobie) zu zeigen (http://www.myspace.com/solidaritaetmitbudapest). Dieser Mobilisierung schlossen wir uns kurzfristig an.

Die Gay Pride
Der Bus aus Berlin war voll. Ein bunter Haufen aus qeeren Leuten, Gays und anderen u.a. aus Berlin, Potsdam, Rostock und uns aus Erfurt war da zusammengekommen. Auf Plenas wurde sich schon im Vorfeld auf ein abgestimmtes Vorgehen vor Ort verständigt. Hauptziel war es, sich und andere auf dem Weg zur Veranstaltung vor Übergriffen seitens der Faschisten zu schützen und an der Parade teilzunehmen. Als wir am „Heldenplatz“ unweit des Veranstaltungsortes aus dem Bus stiegen, stand nur eine kleinere Gruppe Faschos (ca. 10 Leute) in der Nähe und zeigte sich wenig motiviert uns gegenüber. Auch die Stiefelglatzen unmittelbar vor der Absperrung reagierten eher eingeschüchtert, als sich die gesamte Busladung an ihnen vorbei bewegte. Die ungarischen Faschisten hatten dieses Jahr wohl nicht ganz so viel mobilisieren können. Es waren zwar mehrere erkennbare Gruppen von Faschisten in Sichtweite, jedoch auch massive Polizeipräsenz.

Inerhalb der Absperrung sammelten sich langsam die Teilnehmer_innen der Gay Pride. Schwule, Lesben, Trans-Menschen, eine Cheerleading-Gruppe und eine Trommelgruppe machten sich bereit. Jede Menge Transparente und Regenbogenfahnen waren am Start und eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Initiativen gaben sich zu erkennen. Die Seitenstraßen wurden durch Polizei und Absperrgittern dichtgemacht. Die Gay Pride wird auch 2010 wieder weiträumig isoliert laufen. Die Route beschränkte sich dieses Jahr auf die Hälfte Andrassy Ut, einer breiten Allee, die vom Heldenplatz ins Stadtzentrum Richtung Donau führt und wurde somit stark gekürzt. Die faschistische Jobbik-Partei bekam eine Gegendemo aus der Gegenrichtung auf der selben Straße genehmigt. Auffällig war die massive Medienpräsenz bei der Auftaktkundgebung. Überall Kamerateams, Journalist_innen und Fotoshootings ohne Ende. Was uns auch auffiel war ein massives Aufgebot an Zivilpolizei, welches in Zweiergruppen und gut erkennbar an ihren „Hörgeräten“ sich unter die Parade mischte.

Mitten in der Auftaktkundgebung entdeckten wie eine Gruppe von ca 20 Antifas hinter einem schwarzrot gehaltenen Transparent. Die Budapester Antifa hatte dieses Jahr ebenfalls dazu aufgerufen, sich an der Gay Pride zu beteiligen (http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendId=531783278&blogId=536871677). Der Kontakt vor Ort war schnell hergestellt. Uns wurde im Vorfeld schon berichtet, dass die Antifa in Budapest maximal 50 Leute umfasst. Angesichts tausender organisierter Faschisten befindet sie sich also ziemlich in der Defensive. Um so mutiger, dass es die wenigen trotzdem versuchen und sich der Sache stellen (http://afafi.blog.hu/). Die Aktivist_innen auf der Pride waren eher Anarchos, OIs und Punks und luden uns auch gleich zu einem Punk-Konzert am Abend ein (leider schafften wir es nicht mehr zur Location – sorry). Sie berichteten uns auch, wie sie im Frühjahr einer riesigen Masse an ungarischen Faschisten gegnüber standen, die auf dem „Heldenplatz“ aufmarschierte (Bilder dazu hier: http://autonomous-land.blogspot.com/2009/02/blog-post_16.html).

Nach einigen Redebeiträgen setzte sich die Gay Pride unter strahlendem Sonnschein endlich in Bewegung. Die Stimmung war ausgelassen und entspannt. Der bunte LKW mit der Musikanlage und die Samba-Combo sorgten für die richtige Geräuschkulisse, die Cops nervten nicht und zunächst gab es auch keinen Faschostress. Kurz vor dem Wendepunkt kam dann doch noch mal Hektik auf. Eine Einheit Einsatzpolizei setzte die Helme auf und stürmte zur Spitze der Parade. Eine kleine Gruppe Faschos (es handelte sich um massige Schlägertypen) stand unmittelbar vor der Parade und machte Anstalten, sich ihr in den Weg zu stellen. Die Riot-Cops drückten sie an die nächste Hauswand und umstellten sie. Mehr als verbaler Unmutsbekundungen bedurfte es also nicht mehr. In dieser Situation waren auch wieder viele Kameras am Start und es wurde fotografiert und gefilmt ohne Ende. Die ganze Szene spielte sich schon in Sichtweite zur Gegendemo der Jobbik ab, die mehrere hundert Meter entfernt hinter Polizeiketten und Absperrungen auf dem nächsten Platz standen.

Dies war dann auch der Umkehrpunkt der Gay Pride, die nun zurück zum „Heldenplatz“ ging. Kurz vor dem Schlusspunkt wurden wir durch Ordner aufgefordert, schneller zu gehen, da wir mit bereitgestellten U-Bahnen abtransportiert werden sollten. Am Abschluss/Startpunkt zeichnete sich noch einmal ein Bedrohungsszenario ab. Hinter den Absperrungen standen abgeschirmt von der Polizei nur wenige Meter entfernt ein großer Mob Faschisten, welche immer wieder in Richtung der Paradeteilnehmer_innen pöbelte. Es waren viele Glatzen unter ihnen, aber auch „normale“ Bürger_innen. Diese filmten auch die Teilnehmer_innen der Pride. Die Budapester Antifas machten sich durch Sprechchöre bemerkbar und für einen Moment drohte es noch einmal zu eskalieren. Befremdlicherweise waren die Ordnungskräfte der Gay Pride mehr damit beschäftigt, die eigenen Teilnehmer_innen zurückzuhalten anstatt die Polizei aufzufordern, die Faschos wegzuschicken, die zur Einschüchterung der Pride so massiv aufmarschiert sind.

Nichtsdestotrotz landeten wir schließlich in der U-Bahn und stiegen nach ein paar Stationen in unseren Reisebus um. Eine der Organisatorinnen der Parade kam noch mal in den Bus und bedankte sich herzlich für die Unterstützung und unser Erscheinen. Dann ging es zurück zu unseren Übernachtungsquartieren.

Die Party am Abend war chillig. Da letztes Jahr auch dort massiv Faschisten auf dem Platz waren, gingen wir diesmal geschlossen hin. Es waren jedoch nur Bereitschaftspolizei (die sich im Gegensatz zu Polizeikräften in D-Land nicht provokativ verhielten) anwesend und somit konnten wir uns entspannen. Hier gab es auch in Gesprächen mit den anderen Leuten unserer Busladung die ersten Einschätzungen über die diesjährige Gay Pride. Die Leute, die letztes Jahr schon da waren, meinten dass es nicht mehr Teilnehmende als 2009 geworden sind (knapp 1000?). Die Außenwirkung Richtung Bevölkerung war durch die weiträumige Absperrung genauso schlecht wie die Jahre vorher. Der Faschostress war wesentlich geringer. Auch wurde eingeschätzt, dass es zwar mehr politische Gruppierungen wie die LMP (Die Grüne Partei in Ungarn) oder die Antifas auf die Gay Pride verschlug, dafür aber um so weniger Schwule, Lesben und Transen-Menschen aus dem Land selbst. Der Rechtsruck in Ungarn scheint einen starken Druck auf sexuelle und andere Minderheiten auszuüben, was einen Rückzug ins Private zur Folge hat. Diskutiert wurde auch, ob es da Sinn mache von außerhalb zu intervenieren, wenn die Resonanz vor Ort immer weniger werde. Sicher kann das ganze schnell zu einer „Alien“-Veranstaltung werden. Anders herum finden wir es wichtig, den Leuten vor Ort Mut zu machen, sich abseits nationalistischer und heteronormativer Beschränkungen ausleben zu können. Wie auf einem Transparent der Berliner_innen stand: „Küssen ohne Angst zu haben“. Und das als Selbstverständlichkeit bringt schon viel Lebensqualität.

Was bleibt/was werden kann
Für uns war es eine Erfahrung, außerhalb unseres üblichen Antifa-Dunstkreises zu agieren. Im Antifa-Spektrum, dass durch die Konfrontation mit Faschos sich in einem quasi andauernden (Männer-)Bandenkrieg befindet, ist es bitter notwendig sich mit Sexismus und Heteronormativität und zu viel „Testosteron“ auseinanderzusetzen. Allzu oft werden auf Aktionen Kotzgrenzen überschritten, indem Beschimpfungen wie „ihr seid schwul“, „Nazischlampen“ und „Bullenfotzen“ fallen. Dem politischen Gegenüber in einer Konfrontation die Meinung zu geigen geht auch anders. Auseinandersetzungen zu Sexismus und Mackertum laufen innerhalb des Antifa-Spektrums meist nur exempelhaft ab, z.B. wenn wieder ein sexueller Übergriff bekannt gemacht wurde. Dann ist es eh schon zu spät. Für uns war die Gay Pride in Budapest in zwei Richtungen eine Horizonterweiterung: wir bewegten und agierten zusammen mit anderen Spektren und Gruppen (qeers, Trans-Menschen usw.) und wir agierten außerhalb des uns bekannten (nationalstaatlichen) Rahmens und lernten dadurch andere Verhältnisse kennen. Sich mit den Verhältnissen in Ungarn auseinanderszusetzen, dort auch mal das Ritual-„ACAB“ kürzer treten lassen (es bleibt der Eindruck, dass die Polizei in Budapest sich wesentlich weniger gewaltbereit zeigte als die hypermotivierten Prügelgarden in Deutschland!), und vor Ort schauen was geht, kann nie verkehrt sein.

Rechtsradikalismus – ein „ungarisches“ Problem?
Schließlich kann die Entwicklung wie in Ungarn genauso in Deutschland ablaufen. Und zwar wenn hier die politischen Eliten ebenfalls anfangen, rassistische und antisemitische Ressentiments zu bedienen um den Volksmob auf Linie zu halten und sich die politische Macht zu sichern. Ähnliches lief Anfang der Neunziger in der BRD ab, wo jeder Überfall von Nazis auf Migrant_innen und Flüchtlingsheime sowie rassistische Stimmungen in der Bevölkerung reflexartig von den politischen Eliten mit dem Aufwerfen der „Asylproblematik“ quittiert wurde Wenn überhaupt zur Kenntnis genommen wurde, dass es sich bei den Angriffen um fremdenfeindliche Motive handelte. Diese Spielchen wurden so lange betrieben, bis endlich das Asylrecht quasi abgeschafft und die Grenzen für Flüchtlinge dichtgemacht wurden. Erst danach wurde auch die Naziszene an die Leine genommen und konnte nicht mehr quasi straffrei agieren. Die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen sind das wohl deutlichste Beispiel für das völkische Zusammenspiel von Politik und Volksmob. Und während in Ungarn die „Ungarische Garde“ durch die Dörfer zieht um die „Ziegeunerplage“ zu bekämpfen, wird sich in Deutschland ganz gesittet um die „Rückführung“ von 12 000 Roma in den Kosovo bemüht, wo sie eh nur wieder an den Rändern einer prekären Nachkriegsgesellschaft dahinvegetieren dürfen und unerwünscht sind. Wo ist der qualitative Unterschied?

Einen Dank an die Organisator_innen der Bustour. Ihr habt uns viel Stress abgenommen, indem wir meist einfach nur euch hinterherlatschen mussten :D.

Radiointerview hier: [audio:http://www.freie-radios.net/mp3/20100712-budapestpri-35043.mp3]

Bis zur nächsten Gelegenheit.

Ein paar weitere Bilder:

Nochmal der Lautsprecherwagen


Faschos am Rand


Medienhype um Faschos


Zivis bei der Pride

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