Am vergangenen Freitag demonstrierten in Greiz etwa 120 RassistInnen, angeführt von Aktivisten der angeblich mittlerweile aufgelösten rechtsextremen Kameradschaft „Revolutionäre Nationale Jugend Vogtland“ (RNJ) , gegen eine neu eingerichtete Flüchtlingsunterkunft. Etwa 150 Menschen zeigten sich auf einer Gegenkundgebung mit anschließender Spontandemonstration solidarisch mit den Flüchtlingen. Ein großes Polizeiaufgebot trennte die Veranstaltungen voneinander.
Mit zahlreichen rassistischen Klisches hetzte ein Bündnis von Nazis und rassistischen BürgerInnen etwas abseits vom gerade eröffneten Flüchtlingslager in Greiz. Dort ließen auch Anwohner (es sprachen nur Männer) ihren Frust über ein Megafon freien Lauf. Einer beschwerte sich über geklaute Kirschen aus dem Garten. Ein anderer, dessen Kind auf eine Grundschule in der Nähe des Heims geht, entwarf ein Schreckensszenario, in dem sein Kind eines Tages ohne Schuhe und Handy nach Hause kommen würde. Ein dritter berichtete von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Greiz: Flüchtlinge hätten Blumenbeete zertrampelt. Um Tontechnik und Organisation kümmerten sich die Nazi-Aktivisten David Köckert und Kevin Pahnke (beide RNJ).
Zwischen dem rassistischen Mob und der Flüchtlingsunterkunft hatten sich ca. 150 Menschen unter dem Motto „Miteinander leben lernen“ zusammengefunden. Hier gaben sich Kirche und BGR Gera, die Bürgerinitiative „Weil wir Greiz lieben“ und Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) die Hand. In zahlreichen Reden wurde die Flüchtlinge willkommen geheißen und Solidarität gefordert. Auch der Flüchtlingsrat Thüringen und Antifas aus Westthüringen und Sachsen waren vor Ort. Eine Kritik am rassistischen Lagersystem, das Flüchtlinge überhaupt erst in die konzentrierten Unterkünfte, die gerade in der Kritik stehen, zwingt, wurde nicht formuliert, wie auch die Flüchtlinge selbst nicht zu Wort kamen. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass Bürgerinnen und Bürger aus Greiz deutlich gesagt haben, dass sie bereit sind, Flüchtlinge vor Anfeindungen zu schützen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Versprechen auch dann noch steht, wenn es um Abschiebungen geht.
Auf der anderen Kundgebung übten sich Nazis derweil darin, ihre rassistische Hetze als legitimes Anliegen besorger Bürger zu tarnen. Einigen AntifaschistInnen vom Bündnis gegen Rechts Gera gelang es, direkt bei der Kundgebung ein Taransparent „Keine Spielwiese für Nazis“ zu zeigen, was nicht ohne Wirkung auf die RednerInnen blieb: Gelang es ihnen vorher, sich besonnen als Vertreter besorger AnwohnerInnen darzustellen, sorgte das Transparent für polarisierende Meinungen. Mit umkippender Stimme brüllten Rassisten gegen die vermeintlichen Gutmenschen an und überschlugen sich in „Ich bin ja kein Nazi, aber ..“-Aussagen. Der Effekt war, das sich ein Teil der umstehenden BürgerInnen der rassistischen Kundgebung anschlossen, andere sich hinter dem antifaschistischen Transparent sammelten.
Gegen Ende wäre es fast noch zur Konfrontation zwischen den beiden Kundgebungen gekommen: Anschließend an die antirassistische Kundgebung bewegten sich die TeilnehmerInnen in einer Spontandemo in Richtung Nazis. Die Polizei verhinderte allerdings mit zahlreichen Kräften ein Aufeinandertreffen. Die Nazi haben angekündigt, am nächsten Freitag wieder zu kommen. Es wird sich zeigen, wer den längeren Atem hat.