Demonstration gegen Polizeigewalt in Erfurt

Demonstration gegen Polizeigewalt in ErfurtCa. 60 Menschen demonstrierten heute gegen Repression und Polizeigewalt in Erfurt. Anlass waren mehrere polizeiliche Übergriffe in den letzten Wochen. Dabei wurden vor allem Punks, Alternative und Flüchtlinge schikaniert und mit Repressalien überzogen. Im verteilten Flyer wurden Beispiele aufgezählt:

Am 11. Mai diesen Jahres drangen Polizisten ohne klare Begründung für den Einsatz in das Politische Projekt „veto“ in der Trommsdorfstraße ein. Mehrere Personen wurden dabei von der Polizei geschlagen und beleidigt. Auch gezielte rassistische Polizeikontrollen nehmen in Erfurt zu. So kam es am 8.7.2012 zu einer Kontrolle durch die Bundespolizei im Erfurter Bahnhof gegen den Flüchtlingsaktivist Tajmohammad Habibi, der daraufhin in die Abschiebehaft genommen wurde. Habibi stand kurz vor der Einreichung seines Asylantrages. Die Abschiebung konnte nur durch das Wirken seiner Anwältin und öffentlichen Protest verhindert werden.

Der jüngste Vorfall ereignete sich am Morgen des 26.7.12: Nach einer Party in der Altstadt ist die Polizei mit Gewalt eine Privatwohnung eingedrungen. Die dort anwesenden wurden geschlagen und gefesselt. Einer der Angegriffenen berichtet: „Während ich gefesselt am Boden lag, haben sich zwei Polizisten auf mich drauf gesetzt, ein dritter hat mir immer wieder mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen“. Auf die Frage, wohin eine andere, in Gewahrsam genommene Person, gebracht würde, erhielt er die Antwort: „Kannst froh sein, wenn du ihn wieder siehst“. Die Frage nach der rechtlichen Grundlage der Maßnahme beantwortete ein Beamter mit: „Halt die Fresse, du bist eh zu arm, um dir ein Gesetzbuch zu kaufen. Guck mal wie du aussiehst.“ Im Anschluss wurde die gesamte Wohnung durchsucht und fotografiert.

Wir halten die Übergriffe und das sozialrassistische Vokabular nicht für einen Einzelfall. Betroffene aus der Punkszene berichten immer wieder von willkürlichen Schikanen, wie z.B. Kontrollen, bei denen sich Betroffenen bis auf die Unterhose entkleiden müssen. Während alternative Jugendliche wegen kleinster Vergehen die volle Härte der Polizei zu spüren kriegen, kommt es immer wieder vor, dass Naziübergriffe bagatelisiert und totgeschwiegen oder sogar im Nachhinein die Opfer zu Tätern gemacht werden, wie zuletzt bei den Angriffen auf ausländische Studierende, das Kunsthaus und die Party eines Bildungsträgers.

Die Demonstrant_innen forderten ein Ende der Übergriffe und der willkürlichen Kontrollen.

Die Demonstration ging vom Anger über den Fischmarkt zum Domplatz und von dort aus vorbei an der Staatskanzlei zurück zum Anger. Selbstverständlich ist für Erfurter Verhältnisse, dass die Polizei die letzten Meter der Route mit Kameras begleitete und nun prüft, ob ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht vorliegt.

Transparent gegen Polizeigewalt in Erfurt
Fronttransparent: Gegen Repression und Polizeigewalt – unsere Solidarität gegen ihre Willkür

Demonstration gegen Polizeigewalt in Erfurt
Die Demonstration trifft auf die Polizei

Letztes Wochenende in Erfurt: Polizei will von Nazi-Übergriff nichts wissen

Am vergangenen Wochenende kam es am Burger King am Anger in Erfurt zu einem Naziangriff. Eine Gruppe von nichtdeutschen Student_innen wurde von einigen Männern mit eindeutig rechten Parolen beleidigt, wobei diese den Hitlergruß zeigten. Als einer der Angesprochenen die Nazis aufforderte, das zu unterlassen, griffen diese ihn physisch an. Die Polizei war zwar sofort da, zeigte aber kein Interesse daran, die Vorkommnisse als Naziangriff zur Kenntnis zu nehmen, eine Polizistin wies explizit darauf hin, das Wort „Nazi“ nicht zur Beschreibung der Situation zu verwenden. Die Angreifer konnten den Platz ungestört verlassen.

Das Nazigrüppchen hatte bereits 10 Minuten vorher eine andere Gruppe ausländischer Studierender rassistisch beleidigt. Der Türsteher von Burger King hat nichts unternommen, um das zu stoppen. Statt dessen hat er sich nach dem Vorfall mit den Angreifern angeregt unterhalten.

Die Thüringer Allgemeine berichtet hier über den Vorfall.

Erneut rechter Überfall in Erfurt: Kunsthaus angegriffen

Am vergangenen Freitag gab es einen neuen Fall von rechter Gewalt in der Erfurter Innenstadt — und wieder war es wie schon am 15./16.6. die Michaelisstraße, wo die Nazis angegriffen haben. Hier die Pressemitteilung zu den Vorgängen des Kunsthauses:

Rechter Überfall auf Ausstellungsbesucher
im Kunsthaus Erfurt am 13.07.2012

Am späten Freitagabend provozierte eine Gruppe Rechtsradikaler die Besucher der Ausstellungseröffnung miss painting anhaltend mit Naziparolen und „Sieg Heil“-Rufen. Von Veranstalterseite wurde sofort die Polizei über die antisemitischen, verfassungsfeindlichen Handlungen informiert und die Personen des Ortes verwiesen. Diese griffen jedoch die Besucher und Betreiber des Kunsthauses mit unbeschreiblicher Brutalität an. Der Kurator der Ausstellung wurde von mehreren Personen zusammengeschlagen und ihm das Nasenbein gebrochen, der Leiterin der Einrichtung eine volle Bierflasche auf dem Kopf zerschlagen. Einer auf dem Heimweg befindlichen Besucherin wurde im Beisein ihres Kindes ihr Kopf auf den Autokühler geschlagen, andere Besucher durch Flaschen verletzt. Nach drei weiteren Notrufen bei der Polizei, kam ein Einsatzwagen und nahm die Verfolgung der in Richtung Augustinerstraße geflohenen Täter auf. Dabei kam es zu einer erneuten Eskalation und einem Angriff auf die Polizei, wobei eine Polizeibeamtin schwer verletzt wurde. Alle acht rechtsradikalen Angreifer, darunter zwei Frauen, wurden gefasst, erkennungsdienstlich behandelt und danach auf freien Fuß gesetzt. Die Kriminalpolizei Erfurt ermittelt gegen sie wegen gefährlicher Körperverletzung. Vier Verletzte des Kunsthauses, sowie die Polizistin mussten mit dem Krankentransport zur Behandlung in die Notaufnahme gebracht werden.

In letzter Zeit häufen sich diese Vorfälle in der Innenstadt. Es ist der dritte rechte Übergriff in den vergangenen Wochen, dessen Zeuge wir wurden.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht dabei eine Kneipe in der Michaelisstraße, von deren Horst-Wessel-T-Shirt-tragenden Gästen Anwohner und Passanten wiederholt attackiert werden.

Gerade in einer Zeit, in der NSU-Ausschüsse und Pannen des Verfassungsschutzes die Schlagzeilen beherrschen, sind eine offene Berichterstattung und ein breites Bündnis aller gegen rechte Parolen und rechte Gewalt angebracht. Das Totschweigen eines rechten Tatzusammenhanges aus politischen oder touristischen Erwägungen nützt keinem.

Wenn Deutschland rausfliegt, kriegen Undeutsche was ab.

Etwas verspätet weisen wir darauf hin, dass das veto am Abend nach dem Ausscheiden der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft von bisher Unbekannten angegriffen wurde. Mit einem schweren Gegenstand wurde eine Glasscheibe der Eingangstür zum Splittern gebracht. Ein größeres Loch entstand glücklicherweise nicht, ebenso wurde niemand verletzt.

Wir können dazu gemeinsam mit dem veto-Plenum nur festhalten, dass wir uns durch solche Angriffe nicht einschüchtern lassen. Wir vermuten, dass es sich um einen Angriff aus der rechten Szene handelt. In Erfurt kommt es immer wieder zu Übergriffen auf Migrant_innen, Alternative und Linke. Auch sich als antifaschistisch verstehende Projekte wie das „Filler“ und das Jugendbüro „RedRoxx“ wurden schon des öfteren Ziel rechter Angriffe. Zuletzt wurden alternative Jugendliche während einer Fussball-Übertratung im Stadtgarten angegriffen, eine Veranstaltung des Kunsthauses durch Nazis gestört und BesucherInnen einer Geburtstagsfeier des auch am „veto“ beteiligten Bildungskollektiv Biko auf dem Heimweg von rechten Hooligans angegriffen. MigrantInnen berichten, dass für sie Straßenbahnen in Erfurt nachts für sie nicht sicher sind.

Eine Sprecherin des veto erklärt in einer PM zum Angriff: „Es ist vielleicht auch kein Zufall, dass der Angriff nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft aus der Fußballeuropameisterschaft der Männer geschah. Im veto wurde immer wieder Nationalismus und Patriotismus kritisiert und auf deren Gefährlichkeit hingewiesen.“ Demnach sei es auch nicht verwunderlich wenn ausgelebter Nationalismus auch in Erfurt zu Gewalttätigkeiten führe. In der besagten Nacht kam es in mehreren deutschen Städten zu rassistisch und nationalistisch motivierten Ausschreitungen.

Habibi wieder auf freiem Fuß

Der gestern durch die Bundespolizei festgenommene Flüchtlingsaktivist Tadjmohammad Habibi ist heute morgen um 9 Uhr aus der Haft entlassen worden. „Dies war nur möglich, weil sich breiter und öffentlicher Widerstand schnell formierte und aktiv die Behörden und Polizei in ihrer Praxis beobachtet, kritisch begleitetet und unter Druck gesetzt hat“, resümierte Osaren Igbinoba von der Flüchtlings-Selbsthilfeorganisation „The Voice Refugee Forum“. So haben sich gestern seit 17.30 Uhr etwa 40 Menschen zu einer Spontankundgebung vor der Polizeiwache versammelt, haben sich Zugang zu den Räumlichkeiten der Polizei verschafft, die Freilassung von Habibi gefordert und die Behörde mit ihrer rassistischen Praxis konfrontiert. Erst dann war es möglich Habibi, der sich dort komplett entkleiden und seine Fingerabdrücke abgeben musste, auch zu sehen und zu sprechen und ihm die Solidarität zu übermitteln. Ferner haben die Nacht über mehrere Menschen vor der Wache campiert und einzelne Personen haben einen Hungerstreik angekündigt.

„Nach einer rassistischen Kontrolle durch die Bundespolizei im Erfurter Bahnhof am Sonntag, den 08.07.2012 gegen 17 Uhr ist Tadjmohammad Habibi in Abschiebehaft genommen worden. Gegen ihn war ein europäischer Haftbefehl ausgestellt, da er aus einem Gefängnis in Ungarn geflohen ist in dem er eingesessen hat da er in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat“, erklärt Clemens Wigger vom Netzwerk Break Isolation. Und weiter erläutert er zur Situation in Ungarn, dass „es dort keine Chance auf ein Asylverfahren gibt. Flüchtlinge werden dort auf unbestimmte Zeit in Gefängnissen inhaftiert. Habibi, der infolge einer Abschiebung aus Deutschland bereits mehrere Monate in einem solchen Gefängnis verbringen musste, berichtet von Misshandlungen und Vergiftungen mit Schlafmitteln. Eine ARD-Reportage vom 15.3.2012 („Asylpolitik: Richter rebellieren gegen Abschiebepraxis“) bestätigt diese Informationen.“ Obwohl mittlerweile einzelne Verwaltungsrichter_innen Abschiebungen nach Ungarn stoppten, hält die Bundesregierung an der Praxis fest.

„Sofern dieser Staat und seine Organe weiterhin gezielt rassistisch gegen Menschen vorgeht und ihre Rechte auf ein menschenwürdiges Leben versucht einzuschränken wird sich eine breite Solidarität zeigen, werden sich Menschen aktiv gegen diese Logik wehren. So wie es gestern in Erfurt passierte, wird es auch in anderen Fällen von rassistischen Kontrollen an Bahnhöfen, in den Städten oder wo auch immer passieren. Menschen werden sich gegen die Unterdrückung wehren und die ausübenden Behörden und Organe des Staates aktiv angreifen und kontrollieren, sowie die Missstände in die Öffentlichkeit bringen“, erläuterte Marit Baum von der Flüchtlingsinitiative Erfurt.

Abschließend resümiert Osaren Igbinoba von The Voice, dass „ein Zusammenspiel von Rechtsanwält_innen und Unterstützer_innen, sowie die Schaffung einer Öffentlichkeit über die behördliche Praxis den Erfolg in Habibis Fall geschaffen hat“. Doch leider ist dies nur ein Teilerfolg, da er jetzt zwar nicht mehr in der Abschiebehaft sitzt, aber sich weiterhin einem rassistischem System unterwerfen muss, denn er ist gezwungen sich in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber_innen in Eisenberg zu melden. „Leider sind die Praxis und Zustände in den Heimen nicht viel besser als die Situation in Haft. Auch hier geht die rassistische Alltagspraxis weiter“, erklärt Igbinoba weiter. Aber auch hier regt sich Widerstand, wie unter anderem der viermonatige Dauerprotest und zwischenzeitliche Hungerstreik von iranischen Flüchtlingen in Würzburg zeigt. Sie protestieren gegen Lagerunterbringung und Abschiebungen. Ihr Protest weitet sich derzeit auf Bamberg, Aub, aber auch bis nach Düsseldorf aus, wo mittlerweile von Flüchtlingen Protestzelte in den Innenstädten aufgebaut wurden.

Erfurt: 50 Nazis gegen häusliche Gewalt

50 Nazis stehen im Kreis und gucken böseCa. 50 Nazis haben heute am Roten Berg (Plattenbauviertel) in Erfurt gegen häusliche Gewalt demonstriert. Was ausgerechnet breitbeinige, muskulöse junge Männer aus einer Szene, die für ihre Gewaltbereitschaft bekannt ist, dazu bringt, dies zu tun, erschloss sich nicht. Daher blieben die Kameraden weitgehend unter sich. Die wenigen Gegendemonstrant_innen beschränkten sich aufs Zusehen.

Alkoholverbot gekippt!

Das 2008 von der Stadt Erfurt eingeführte Alkoholverbot für die Innenstadt wurde gestern vor dem Oberverwaltungsgericht in Weimar gekippt. Das Alkoholverbot wurde damals eingeführt um unerwünschte Personen aus der Innenstadt zu verdrängen. Das Verbot richtete sich insbesondere gegen diejenigen, die sich die teuren Biere und Weine in den Kneipen und Biergärten, in denen das Ausschenken von Alkohol selbstverständlich weiterhin erlaubt war, nicht leisten konnten.

Obwohl die Stadt das eigentliche Ziel des Verbotes mehrmals öffentlich leugnete, sprach die Praxis eine deutlichere Sprache. Denn kontrolliert wurden vor allem Menschen die der Ordnungsbehörde nicht „angepasst“ genug aussahen. Bunte Haare oder Dreadlocks, Aufnäher auf den Klamotten oder einfach Kleidung die nicht den ordentlichen touristischen Ansprüchen genügten reichten aus, um kontrolliert zu werden. Mitunter fuhren dazu mehrere Einsatzwagen vollbesetzt mit Bereitschaftspolizei vor, welche alle anwesenden umstellten und Ordnungswidrigkeitsverfahren und Platzverweise verteilten.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass von Menschen, die in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgehe. Die Klage lief seit mittlerweile ca. vier Jahren. Ein Urteil wurde mehrere Male vertagt.

Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, trotzdem sagen wir hiermit schon mal prost!

Naziattacken auf „Szene“-Jugendliche häufen sich

In der Nacht vom 15.06. auf den 16.06. kam es in Erfurt zu einem Angriff von etwa 15 bis 20 Nazis auf Personen des linken Spektrums. Die angegriffenen Personen konnten sich nach dem Angriff auf das Gelände der „Offenen Arbeit“ zurückziehen und wurden von den äußerst aggressiven Nazis verfolgt. Die eintreffende Polizei versuchte im Folgenden anwesende Antifaschist_innen zu kriminalisieren.

In Erfurt mehren sich die verbalen und physischen Angriffe auf das linke Spektrum. Vor einigen Wochen gab es am Kunsthaus eine Auseinandersetzung zwischen den Besucher_innen einer Veranstaltung und Nazis, die sich vorher in der gegenüberliegenden Kneipe befanden.. Während eines public viewing im Erfurter Stadtgarten kam es zu Beschimpfungen und Rangeleien.
Die neue Qualität von Gewaltangriffen durch Erfurter Nazis, mussten in der Nacht vom 15.06. zum 16.06. die Besucher_innen der Geburtstagsveranstaltung des Bildungskollektiv e.V.’s erleben.

Die Feier fand in der „Offenen Arbeit“ der evangelischen Landeskirche statt, an deren Hintereingang sich die Nazis zunächst sammelten.
Der Angriff begann, als sich Personen auf den Heimweg machten und mit „Zecken“-Rufen, sowie Faustschlägen abgefangen wurden. Eine Person erlitt durch Flaschenwürfe Schnittverletzungen am Kopf.

Anschließend verschafften sich einige der Angreifer_innen Zugang zum Gelände und bewarfen Partygäste. Die Nazis wurden zunächst von dem Gelände vertrieben, provozierten jedoch weiterhin die Partygäste und warfen mit Flaschen.
Das Bedrohungsszenario war für die Feiernden noch nicht vorbei, als die Polizei eintraf. Denn unerlaubter Weise betraten sie ebenfalls das Kirchengelände und versuchten Personen festzunehmen, die sich noch in der Nähe des Tores aufhielten.

Uns stellt sich nun die Frage, ob der Angriff geplant gewesen war, wofür die Zahl der 15-20 Angreifer spräche. Es kann auch sein, dass das kommerzielle Massensaufgelage „Krämerbrückenfest“ als spontaner Ausgangspunkt herhielt. Es wurde beobachtet, wie die Nazis sich im Anschluss der Auseinandersetzung Richtung Karibik-Bar verzogen und von dort aus verbal weiter Passant_Innen belästigten, die sie für Linksgerichtete hielten.

www.autistici.org/ag17

Meiningen: Schwerste Riots durch Spezialkräfte verhindert

Den Volkstod vorantreiben Der Deutschen Polizei ist es mit Unterstützung durch Spezialkräfte zur schweren Aufstandsbekämpfung gerade noch gelungen, ein Massaker an Deutschen zu verhindern.
Heute wollten Antifaschist_innen, unter ihnen vielfach libertäre Kommunist_innen, mit dem Motto „Den Volkstod vorantreiben — Nie wieder Deutschland!“ durch das Provinznest Meiningen ziehen. Einfach war diese Aufgabe nicht zu bewältigen. So musste jeder Person, die an der Demo teilnahm, eine eigene Polizeikarre zugeteilt werden. Diese wurden im gesamten Stadtbereich verteilt. Hamburger Gitter waren zur zusätzlichen Absicherung in rauen Mengen vorhanden. Der Aufruf der Demonstration versuchte eigene Schwerpunkte zu setzen und zielte nicht darauf ab, Massen an Menschen zu mobilisieren, sondern vielmehr die Masse der Deutschen zu hinterfragen. Obwohl kein Blatt vor dem Mund genommen wurde, war es der Polizei nicht möglich, ohne Arbeitsbühne und Hubschrauber die Übersicht über den Auftaktort zu behalten. Leider konnten die intellektuellen Angriffe in Bezug auf das Nazifest „Volkstod stoppen“ und auf normale Deutsche nicht unterbunden werden. So kam es immer wieder zu verbalen Auseinandersetzungen mit durchdachten Beiträgen gegen die Verhältnisse, Deutschland und auch seine Nazis. Teilweise eskalierte dies sogar soweit, dass aus der gesamten Demo „Nie wieder Deutschland!“ oder „Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack!“ gerufen wurde. Auf die Spitze trieb es jedoch der Volkstod selbst. So zog die Demo durch Meiningen, an vergitterten Geschäften vorbei, mit dem manifestierten Volkstod voraus. Auf körperliche Auseinandersetzungen verzichteten die Antifaschist_innen, da der Volkstod immer wieder den vereinzelten an der Route stehenden Nazis im Nacken saß, was diesen sichtlich unangenehm war. Nur mit körperlichem Einsatz der deutschen Beamten konnte verhindert werden, dass der Volkstod auf das deutsche Nazifest vorgedrungen ist. Zum Sprung bereit stand der Tod schon auf dem Absperrgitter.
Die Demo musste sich danach auf den Marktplatz zurückziehen, wo sie von den bürgerlichen Deutschen empfangen wurde. Die Demo ließ es sich jedoch nicht nehmen, den Bürgerlichen ihre Klöße um die Ohren zu hauen. Immerhin haben diese ihre Demo bewusst so gelegt, dass alle Teilnehmer_innen „Keine Klöße für Nazis“ skandieren und später sich dem dumm-deutschen nationalen Taumel hingeben können. Bleibt nur zu hoffen, dass die Redebeiträge veröffentlicht werden. Es schallt noch immer in den Ohren. Volkstod vorantreiben! Nie wieder Deutschland!
Gesine Müller



Eisenach: Unter Burschen

Vom 30.05.-03.06 2012 fand der „Burschentag“ der Deutschen Burschenschaft in Eisenach statt. Burschis und Alte Herren treffen sich bei gruseligen Veranstaltungen, um Verbandspolitik zu betreiben und sich zu besaufen.

Auf der Wartburg war in den Abendstunden des 01.06. der Festakt anberaumt. Obwohl nicht wenige Burschis den Weg auf den Berg zu spät gefunden hatten, waren hunderte Reaktionäre pünktlich zum Beginn mit schlecht vorgetragener Bläsermusik da. Es konnten viele Einzelgespräche von alten Herren belauscht werden, in denen es oft um Politik ging. Mal wurde sich über das falsche Vorgehen der FPÖ oder der BZÖ mokiert. Mal wurde erörtert, ob man jetzt durch Eintritte in eine schwache FDP die Partei nach rechts reißen könne. Wenn man aufmerksam war, bekam man den Unterschied zwischen „Passdeutschen“ und „echten“ Deutschen erläutert. Das Thema bei den Studenten waren vor allem die „Laster“: Bier und Frauen.

Die Höhepunkte waren der Ein- und Auszug der Fahnenträger, das Gruppenfoto und die Rede des Dr. Sauerzapf. Der sprach z.B. 1999 in Jena vor Burschen zum „Auslandsdeutschtum“. Er betete als Seelsorger mit BGS und Militär und ist Vorsitzender des obskuren Vereins „Preußen-Institut“. Die Rede hatte es denn auch in sich. Seicht begonnen mit einem Verweis auf das verschlafene Nest, die Wartburg und die heilige Elizabeth, ging es recht fix um die konstituierenden Elemente der Burschenschaft und der Deutschen allgemein. Dabei durfte ein Verweis auf Luther natürlich nicht fehlen.
Besondere Brisanz erhielt die Rede durch ausführliches Zitieren der „Englischen Fragmente“, in denen Heine das Verständnis der Freiheit in unterschiedlichen europäischen Nationen vorführt. Recht bald wurde an den großen „Terreur“ der Jakobiner während der Französischen Revolution erinnert. Den Jungakademikern musste der Wahlspruch der Revolution „liberte, egalite, fraternite“ übersetzt werden.

Mit einem leicht abgewandelten Zitat, das sicher nicht als bekannt vorausgesetzt wurde, der Zitierte aber auch nicht genannt wurde, sollte die Vorbildlichkeit der Deutschen in Revolutionsfragen unterstrichen werden: „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“ — das soll Lenin, liebe mitlesende Burschis, gesagt haben. Um nach wahrscheinlich erhofftem Gelächter und HoHo darauf hinzuweisen, dass die Deutschen in ihrer bürgerlichen Revolution wenigstens keine Kaiser oder Könige umgebracht htten. So wird die Niederlage von 1848 doch noch zu einem Sieg!

Es wurde positiver Bezug auf den „Offizierswiderstand“ vom 20. Juli genommen und die besseren Nazis damit, gleich der offiziellen Geschichtsschreibung, für sich vereinnahmt. Zumindest an der Mimik von vielen DBlern lies sich ablesen, wie wenig ihnen das schmeckte. Im verbalen Vorbeimarsch wurde über Autonome gehetzt, die tatsächlich eine große Gefahr für Burschies zu sein scheinen und die neue „kommunistische“ Bürgermeisterin von Eisenach Katja Wolf (Partei „Die Linke“) abgewatscht. Dass sie eher dem Sozialdemokraten Bartsch nahesteht, juckte dabei nicht. Homosexuelle wurden diffamiert. Und Abtreibung wurde dämonisiert, wofür es viel spontanen Beifall gab. Nicht unerwähnt bleiben soll ein Witzchen, der auf den revisionistischen Grundkonsens der DB verweist: Es wurde sich mokiert, dass Ostdeutschland doch Mitteldeutschland sei, und ob die Vertriebenen im Alltagssprech denn dann „Fernostdeutsche“ seien – noch ein HoHo war dem Redner sicher.

Alles in Allem eine eklige aber auch irgendwie eigenartige vorgestrige Komik. Nach dem Ende der Veranstaltung begaben sich die Burschis zum Fackelmarsch. Rund 300 Burschis marschierten im Gleichschritt gruselig durch die Pampa zum Burschidenkmal, um dort der deutschen Toten der Weltkriege zu gedenken. Am Fuße des Berges mussten die Medien warten und alle, die dem Burschenschafter-Ordnungsdienst suspekt waren. Auch die NPD, die kam, um ihre Solidarität auszudrücken, musste unten bleiben.

Patrick Wieschke nutzte die Zeit, um den „Systemmedien“ in Gestalt des ZDF ein ausführliches Interview zu geben. Seine prolligen, blöde glotzenden Aufpasser warteten brav im Hintergrund.
Auf dem Denkmal wurde dann eine lange Totenrede gehalten über die Aufgaben der Burschenschafter im Interesse der Nation schwadroniert. Es folgte das obligatorische Absingen der drei Strophen des Deutschlandliedes.

Als Fazit dieser offiziellen Teile lässt sich festhalten: Wir alle dürfen froh sein, dass sich die Deutsche Burschenschaft mit Hilfe einiger Medien gerade selbst zerlegt. Schön wäre es, wenn wir ihr noch den letzten kleinen Schubser über den Abgrund geben könnten.

Ein Video von der ganzen Geschichte gibt es von den Filmpiraten:

Zweiter und dritter Tag des BUKO34

Der Infoladen hat sich erfolgreich mit der Gastro-Kaffemaschine bekannt gemacht und die Küfa ist schwer mit Kochen beschäftigt, um die mittlerweile 300 KongressteilnehmerInnen satt und zufrieden zu machen.

Die Workshops sind bis auf ein paar Ausnahmen gut gefüllt. Linksradikale Projektbeschäftigte und Honorarkräfte stellen recht übereinstimmend fest, dass sie zu mieseren Arbeitsbedingungen arbeiten als jede Bauarbeiterin und noch nichtmal auf der Arbeit klauen, sondern eher noch private Arbeitsmittel für den Job benutzen. Die Teilnehmer_innen eines Workshops zum Antifacamp Dortmund sind sich einig, dass mensch da hin muss und haben sich daher wenig zu sagen. Wie mörderisch die Arbeitsbeingungen sind, zu denen unsere hübschen Gadgets und Handies in China hergestellt werden, überrascht die meisten Teilnehmer_innen des diesbezüglichen Workshops. Bei der Frage, was mensch mit diesem Wissen anstellt, sind die meisten ratlos. Der Workshop zu digitaler Selbstverteidigung ist auf die Technik angewiesen und diskutiert, wie es möglich ist, sich der Überwachung durch Unternehmen und Staat entgegen zu stellen. Fazit: Nutzt VPNs, TOR, Verschlüsselung und überlegt euch gut, was Ihr den Datensammelmaschinen von Google, Facebook und Konsorten mitteilt. Alternativen auf zu zeigen muss jedoch auf einen anderen Termin verschoben werden.

Parallel zum Inhalt läuft das, was mensch vielleicht von politischen Camps kennt: Ein bisschen selbstorganisierter Ferienkommunismus, Vernetzung beim Kumuja-Kaffee und auf dem Campus. Und Action. Ab 14 Uhr bewegt sich ein guter Teil des Kongresses in die Innenstadt und trägt in drei Strängen die Kongressthemen in die Stadt. Es gibt Radiobalett. Die Anweisungen sind nicht immer gut zu verstehen und die Begeisterung der TeilnehmerInnen, mit Zahnbürsten den Boden zu säubern ist nicht groß. Mehr Anklang findet die Aufforderung, in Geschäften Waren anzubeten und die PassantInnen zum Kaufen zu animieren. Aber wir merken sofort, dass wir in Kackstadt Erfurt sind: In Kassel beim BUKO29 hat ein geplünderter H&M die Ordnungsmacht auf den Plan gerufen, in Erfurt reicht es aus, im Geschäft Waren anzubeten.

Weiteren Stess mit der Polizei gibt es nicht. Es bleibt das Problem, dass Aktionen wie das Radioballett nicht sonderlich subversiv sind. Die aggressive Auffoderung, zu konsumieren, bekommt man sowieso schon jeden Tag auf der Straße reingedrückt, sei es von der allgegenwärtigwen Werbung, sei es von den distanzlosen Drückerkolonnen, die Spenden für Amnesty, UNICEF oder den WWF einwerben. Auch dass die Fugen zwischen den Gegwegplatten mit Zahnbürsten gesäubert werden, hat mensch schon gesehen — beim Zapfenstreich 1996. So stört dann das Radioballet etwa genau so viel wie die vier-Mensch-Demo, die mit einerm Transparent für günstige Handy-Tarife wirbt. Die einzigen, die wir irritieren, sind die VerkäuferInnen — und die haben ja eigentlich sowieso schon genug Stress. Vor der Arge und auf der Krämerbrücke gelingt es besser, eine politische Botschaft gegen Arbeitszwang bzw. gegen die Anti-Punker-Stadtordnun von Erfurt zu transportieren.

Dieser Stunde wird in der FH noch das Theaterstück „Asyl-Monologe“ aufgeführt. Danach kommt noch die Kongressparty in der Offenen Arbeit und morgen früh endet der BUKO mit einem Brunch.

Indy: Konzert auf dem ehemaligen Topf&Söhne Gelände

Indymedia meldet:

Heute, am 18.05.2012 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr, gab es in Erfurt auf dem ehemals besetzten Teil des Topf & Söhne Geländes ein unangemeldetes Konzert der Rotzfrechen Asphaltkultur (RAK) ( http://rak-treffen.de/). Ca. 120 Menschen nahmen spontan an dem politischen Straßenkonzert teil.
Die verschiedenen Straßenmusikprojekte, wie zum Beispiel „Karl Heinz Feuermelder“, „Faulenzer“ oder „Revolte Springen“ haben sich gezielt auf diesem Gelände zusammen gefunden, weil vor 3 Jahren und 1 Monat das besetzte Haus Erfurt durch SEK Einheiten geräumt wurde und es seitdem in Erfurt eine riesige Lücke in Bezug auf emanzipative politische und kulturelle Räume existiert. Weiterhin wurde kritisiert, dass der jetzt auf dem Gelände vorhandene Gedenkort viele Aspekte der Auseinandersetzung der Besetzer_innen mit der Geschichte des Geländes (Krematoriumsbau für KZs im NS) nicht umfasst, da er nur der Vergangenheit gedenkt ohne die heutige Gesellschaft zu kritisieren. Auf diese unzumutbaren Zustände wollte die Aktion aufmerksam machen, Solidarität zeigen und Mut machen, nicht aufzugeben und weiter um ein neues selbstverwaltetes Zentrum zu kämpfen.
Dies ist meiner Meinung nach auch gelungen schon allein deshalb, weil es die erste größte gelungene öffentliche Aktion auf dem Gelände seit der Räumung im April 2009 war.
Gegen Ende der Aktion wurde sogar seit langer Zeit mal wieder auf diesem Teil des Geländes getanzt und die Bullen kamen auch erst nach zwei Stunden vorbei, als die Musiker_innen ihr Programm gerade beendeten.

Update: Video von den Filmpiraten hier

Brauner Teppich und mehr für und gegen Sarrazin

Gegen Sarrazin an der Alten Oper ErfurtViel Lärm mussten heute diejenigen über sich ergehen lassen, die sich Sarrazin in Erfurt anhören wollten. 18 Uhr neben der Alten Oper: 300 Menschen demonstrieren gegen die Lesung — mit zahlreichen Redebeiträgen, die vor allem immer wieder auf eines kommen: Sarrazin ist nur ein herausragendes Exempel für einen weit verbreiteten Rassismus und Sozialdarwinismus. Dagegen muss man vorgehen und — wie es auch heißt — dabei nicht vergessen, den bürgerlichen Staat und den Kaptialismus gleich mit zu kritisieren. Kurz und knackig kommt das von der Band, die zwischen den Reden spielt: „Gegen Erfurt, gegen Deutschland und gegen Rassismus.“

Näher am Eingang der Oper sind vor allem JUSOS und Anhänger_innen der PARTEI präsent. Mit Sprechchören wie „Schämt euch!“ oder „Nationalismus abschaffen!“ wendet man sich an die Fans von Sarrazin, die von der entgegengesetzten Seite zur Alten Oper geleitet werden, aber z.T. auch versuchen, durch die Kundgebung zur Lesung zu kommen, was den meisten auch gelingt. Mehrere Versuche der Demonstrant_innen, durch die zu Beginn eher sparsam präsente Polizeiabsperrung zum Eingang der Oper zu gelangen, scheitern hingegen — vielleicht an der Polizei, vielleicht aber auch an mangelnder Courage und Koordinierung.

Brauner Teppich für Rassisten An der Eingangs-Schleuse für die Lesung werden Flugblätter verteilt, schon um 17 Uhr wurde für Sarazin ein „brauner Teppich für Rassisten“ ausgerollt. Über den muss schreiten, wer zu Sarrazin will, was die Leute teilweise peinlich berührt: „Wollen wir wirklich reingehen?“ Ein Grüppchen sportlicher Jungmänner in Tarnhosen sieht das anders: „Brauner Teppich? Da sind wir richtig.“ Zwei ältere distinguierte Herren ereifern sich über die Demonstrant_innen. In breitestem Thüringer Dialekt reden sie sich in Rage darüber, dass sie Gesocks wie uns finanzieren müssen. „Früher“, so heißt es durchaus zutreffend, „steckte man solche ins Lager.“ Man hört deutlich das Bedauern darüber, dass dem nicht mehr so ist. Froh sind sie, dass in Erfurt nicht so schreckliche Zustände wie in Berlin herrschen.

Schreckliche Zustände herrschen um die Oper. Um zur Lesung zu kommen, muß mensch durch eine Sicherheitsschleuse, vorbei an Massen von Polizei in voller Kampfmontur und schlechtgelaunten Securities. Wer das überstanden hat, kommt aber auch in der Alten Oper nicht zur Ruhe. Nach vielleicht 45 Minuten Lesung piepst es aus mehreren Quellen ohrenbetäubend. Aktivist_innen haben lärmerzeugendes Gerät hineingeschmuggelt1. Die Security evakuiert die lärmenden Maschinen und zerstört sie vor dem Haupteingang.

Ob es das wert war? Der Veranstalter Wolfgang Staub hat schon im Vorfeld gesagt, dass er Thilos Thesen für „banal bis wirr“ hält. Eine gute Werbung für sein Haus war es auf alle Fälle nicht, es heißt, die erste Einmietung aus Gewerkschaftskreisen sei bereits abgesagt worden. Ob die Möchtegern-Elite, die bei Sarrazin war, morgen auch noch für kulturelle Perlen wie Fips Asmussen oder Erich von Däniken zahlen wird, ist wohl eher fraglich.

Die Proteste sind ambivalent zu beurteilen. Dass hunderte Menschen und viele Organisationen einen Offenen Brief gegen Sarrazins Hetze unterschrieben haben, kann man nur als Erfolg werten. Auch die vielen Aktionen im Vorfeld — die Veranstaltungsreihe, das Straßentheater, ein riesiges Transpi und zuletzt eine hochkarätige öffentliche Diskussionsveranstaltung am Hirschgarten — haben deutlich gezeigt, dass es in Erfurt einen handlungsfähigen Antirassismus gibt, der z.T. auch bereit ist, Regeln zu verletzten: Indymedia Linksunten meldet, dass in der Nacht auf Mittwoch die Schlösser der Alten Oper mit Sekundenkleber unbrauchbar gemacht wurden.

Als am Ende aber trotz breitester Mobilisierung 300 vorwiegend Jugendliche Demonstrant_innen doppelt so vielen Besucher_innen der Lesung gegenüber standen, hat man wieder gesehen, wo man ist. Wie es die bereits zitierten älteren Herren richtig erkannt haben, kann man in Thüringen als Abweichler oder Problembürgerin eigentlich schon froh sein, wenn man nicht ins Lager gesteckt oder gleich totgeschlagen wird. Um das ernsthaft zu ändern, ist noch einiges mehr an Engagement nötig.

Sarrazin - nicht unser Genosse sagen die Jusos
Nicht euer Genosse? Sorry, aber: Sehr wohl euer Genosse…

die PARTEI gegen Sarrazin
Speziesismus gegen Sarrazin. Die PARTEI hat immer recht.


Pfeiferaucher_innen gegen Rassismus und Antisemitismus

  1. und können uns vielleicht im Nachhinein erzählen, was da so einen Lärm gemacht hat und wo man es kriegen kann? [zurück]

Eindrücke von der Gedenkveranstaltungzur Deportation von Erfurter Jüdinnen und Juden vor 70 Jahren

Heute vor 70 Jahren, am 09.05.1942 mussten sich 101 in Erfurt lebende jüdische Menschen am Erfurter Hauptbahnhof sammeln. 7:40 fuhr ihr Zug nach Weimar ab, wo sie in der Viehauktionshalle festgehalten und am folgenden Tag zusammen mit über 400 weiteren Jüdinnen und Juden in das Ghetto Belzyce deportiert wurden. Der Bahnhof sollte das letzte sein, was sie von Erfurt sehen. Keine/r der 101 Menschen kehrte zurück. Alle wurden von den Deutschen und ihren Kollaborateur_innen ermordet. Heute vor 70 Jahren begannen die Deportationen der Erfurter Jüdinnen und Juden, die noch bis Januar 1945 fortgeführt wurden.

Wer heute morgen gegen 6 Uhr durch den Erfurter Bahnhof ging, bekam einen Flyer zu diesem Ereignis in die Hand gedrückt. Diejenigen, die nicht in letzter Minute zum Zug rannten, haben eventuell auch die Durchsagen in der Bahnhofshalle gehört. Um 6 und 7 Uhr ging es ausnahmsweise nicht um einen verspäteten Zug oder unbeaufsichtigtes Gepäck. Heute morgen blieb es den Zugfahrer_innen am Erfurter Bahnhof nicht erspart sich ins Bewusstsein zu rufen, dass sie genau dort warten wo Menschen vor 70 Jahren in die Vernichtungslager deportiert wurden. Denn wer weiß schon von der leicht zu übersehenden Gedenktafel am Nebeneingang des Bahnhofs. Könnte sein, dass jetzt ein paar mehr Leute von denjenigen erfahren, die unter anderem von Erfurter_innen in den Tod getrieben wurden. Das Bild vom betroffen dreinschauenden OB Bausewein ziert wohl einige Zeitungen – immerhin verharrte er geduldig bis alle Aufnahmen im Kasten waren.

Nach der Kranzniederlegung vor der Gedenktafel konnte ich dem Gesang der jüdischen Kantorin Avitall Gerstetter leider kaum Aufmerksamkeit schenken. Irgendwie will es in meinem Kopf noch nicht ankommen, dass laut Flyer „Erfurterinnen und Erfurter“ ein Gedenken veranstalten, an dem Bausewein und sogar Udo Markewitz vom DB Bahnhofsmanagement Erfurt teilnehmen. „Gedenken verlangt Denken“, besagt der Flyer. Ist die Zahl 70 irgendwie besonders? Ich jedenfalls kann es mir nicht anders erklären, warum nach all dem Widerstand seitens der Bahn AG bei der Auseinandersetzung mit ihrer Vorgängerin und dem lange währenden Desinteresse der Stadt bezüglich Topf und Söhne plötzlich begonnen wurde nachzudenken.

Die Deutschen hätten die Verpflichtung nicht zu vergessen, erzählt Bausewein neben der Gedenktafel stehend. Und weiter: „Die geistigen Nachfolger derer, die diese Verbrechen angezettelt haben, dürfen nie wieder in Parlamente in Deutschland, Europa und der Welt gewählt werden.“ In aller Konsequenz dürfe es damit kein Parlament, kein Deutschland mehr geben. Aber als sich Neonazis am 1. Mai am Bahnhof versammelten, ließ er einigen Leuten über eine Mittlerin zukommen, dass sie aufhören sollen die Parole „Nie wieder Deutschland“ zu rufen — „Nie wieder NPD“, sei seiner Meinung nach angebrachter…

Irgendwie scheint es mit dem Denken wohl doch nicht so weit zu reichen – denn die deutsche Masse unterstützte die Vernichtung von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen und allen anderen, die in ihrer nationalsozialistischen Ideologie keinen Platz hatten, genau so wie wir heute rassistische und antisemitische Ressentiments in breiten Teilen der deutschen Bevölkerung finden — siehe Sarazzin…

Hitlergruß zum Heimattag

Am 5.Mai fand der 2. Eichsfelder Heimattag der NPD im nordthüringischen Leinefelde statt. Bei strömenden Regen fanden sich am Bahnhof ca 200 AntifaschistInnen zusammen, um gegen dieses Rechtsrock-Event zu demonstrieren. Die Demonstration durch die Stadt von Leinefelde war geprägt von Nazigrüppchen, die am Rande die verbale Auseinandersetzung u.a. mit dem Hitlergruß gesucht haben. Kurz nach der Antifademonstration fand die Bürgerbündnisdemonstration für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit zusammen mit einem Gottesdienst statt. Eine Videodokumentation von den Filmpiraten:

Aktiv werden gegen Rassismus — Transparent-Aktion in Erfurt

Aktiv werden gegen Rassismus und Sarrazin„Aktiv gegen Rassismus werden“ steht auf einem über 20m langen Transparent, dass anscheinend seit heute morgen an der Ecke Juri-Gararin-Ring/Löberstraße in Erfurt hängt. Die Aktion bezieht sich auf die für den 9. Mai geplante Lesung mit Sarrazin in der Alten Oper Erfurt. Die Aktivist_innen erklärten dazu:

Sondergesetze für AusländerInnen, permanente rassistische Kontrollen am Erfurter Bahnhof, dumpfer Rassismus vom Stammtisch und die elitären Thesen von Thilo Sarrazin zeigen, dass Rassismus keine Ausnahmeerscheinung und kein alleiniges Handlungsfeld rechter Schläger ist. Vielmehr ist er Normalzustand in der deutschen Gesellschaft. Dagegen müssen viele Menschen aktiv werden. Dazu gibt es zahllose Gelegenheiten — auf der Arbeit, in der Schule, im Bahnhof, auf der Straße oder am 9. Mai vor der Alten Oper. Wir hoffen, acht Meter ist hoch genug dafür, dass unsere Botschaft bis zum 9. Mai hängen bleibt. Wenn nicht, können wir nur sagen, dass ein aufwändiger Feuerwehreinsatz mit Hebebühne angesichts der geistigen Branststiftung von Thilo Sarrazin mehr als angebracht ist.

Aktiv werden gegen Rassismus und Sarrazin

Aktiv werden gegen Rassismus und Sarrazin

Sarrazin … sus artık! shut up! 3АТКНИ СВОЮ ГЛОТКУ! Ferme-la! Halt’s Maul!

Sarrazin, halts Maul„Sarrazin, halt’s Maul“ fordert auf koreanisch, japanisch, russisch, englisch, deutsch, türkisch und französisch ein Flugblatt, dass sich gegen die Lesung mit Sarrazin am 9. Mai in Erfurt richtet.

Ein Bündnis von zahlreichen Gruppen und Einzelpersonen hatte bereits vor einiger Zeit die Absage der Lesung gefordert. Der Veranstalter Wolfgang Staub lehnte dies ab, obwohl er Thilos Thesen für „banal bis wirr“ hält — aber mit sowas kann man im DASDIE-Brettl, wo auch mal Ufos gesucht werden oder abgehalfterte Komiker sexistische Witze im Sekundentakt erzählen, gutes Geld verdienen.

Das mehrsprachige Flugblatt mobilisiert zu der Gegenkundgebung am 9. Mai ab 18 Uhr vor der alten Oper. Es ist aber auch entstanden, um den Migrant_innen in Erfurt zu zeigen, dass nicht alle weiß/deutschen1 Erfurter_innen das rassistische und chauvinistische Weltbild von „Deutschland schafft sich ab“ teilen.

Wer das Flugblatt ausdrucken und verteilen möchte, findet es hier (1,4MB A4 PDF).

  1. Wieso „weiß/deutsch“? – Begründung hier [zurück]

Extremismusklausel gekippt

Ca. 50 Menschen haben heute in Erfurt gegen die Extremismusklausel demonstriert, um ihre Solidarität mit dem AKuBiZ, dass gegen die Bestimmung geklagt hatte, auf die Straße zu tragen.

Neben kritischen SchülerInnen, dem Biko, der DGB Jugend und dem Redroxx brachte vor allem der Redebeitrag der dadaistischen Jugendkoordination Krawinkel / Internationalistische Nichtstuer_innen – Assoziation Bündnis 90 Gruppe Flatsch die Kritik auf den Punkt:

Extremismus – aus dem Dunkel der Nacht
infernalisches Strandgut
da ist noch ganz viel Glut im Kraterherde

Extremismus – von unter dem Dach
von schräg gegenüber
von unter der Erde – BRAINS!

Extremismus – das wär‘ doch gelacht
Wir kriegen euch alle!
Wir kriegen euch alle!

Von der Mitte in die Fresse, von den Rändern bis ans Ende aller Zeit
Ich mach‘ mir ja nicht viel aus Realpolititk,
aber das hier ist ein Angriff auf meine extreme Niedlichkeit.

Extremismus – unter den Linden
klebt an unseren Händen
steckt in unser aller Unterhemden

Extremismus – du Geißel der Menschheit
du Schande der Zivilisation
Du bringst uns ja alle in Verruf

Extremismus – schwarz auf weiß
Shame on you if you fool me once
Shame on me if you fool me twice

Von der Mitte in die Fresse und vom Rand der Welt hinab in die Unendlichkeit
Extremismustheoreten Hufeisen an den Kopf zu werfen ist mit Sicherheit sinnvoller,
als die Dinger irgendwelchen Tieren von unten in die Füße zu rammen..
Wer macht denn so was?

Gegen jeden Extremismusbegriff, gegen Deutschland, gegen Kapitalismus!
Für eine revolutionäre und antifaschistische Kulturszene!

Das Verwaltungsgericht Dresden konnte sich dem nur anschließen: gegen 15 Uhr kam die Meldung, dass das Gericht die Extremismusklausel für rechtswidrig erklärt hatte.
[mehr dazu beim AKuBiZ, dort gibt es auch Bilder von Protesten in Dresden]

Morgen in Erfurt: Solidarität gegen Extremismuslogik!

Morgen (25.4.) ab 14 Uhr wird auf dem Erfurter Anger gegen die „Extremismus-Klausel“ demonstriert. Anlass ist der erste Verhandlungstag im Prozess, mit dem sich das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz (AKuBiZ) gegen die Klausel wehrt.

Das AKuBiZ sollte 2010 den mit 10.000€ dotierten Sächsischen Demokratiepreis erhalten. Dafür sollte der Verein die von Ministerin Schröder eingeführte Extremismusklausel unterschreiben. Das lehnte AKuBiZ ab und klagte anschließend.

Kritische Schüler_innen, das BiKo, die DGB Jugend, Parteijugenden und andere wollen mit der Kundgebung an die Proteste gegen die Eröffnung der VS-Ausstellung im Ratsgymnasium am letzten Montag anknüpfen.

Erfolgreicher Protest bei Eröffnung von Verfassungsschutz-Ausstellung am Erfurter Ratsgymnasium

Völlig ins Wasser gefallen ist der Plan, dem Erfurter Ratsgymnasium und dem Thüringer Verfassungsschutz durch eine Ausstellung zum Thema „Feinde der Demokratie“ zu einem besseren Image zu verhelfen. Schon im Vorfeld der heutigen Eröffnung hatte eine Gruppe „Kritische Schüler_innen“ in einem Offenen Brief zusammen mit Eltern und ehemaligen Schüler_innen gefordert, die Ausstellung abzusagen oder zumindest einen kritischen Kommentar zuzulassen. Die Schulleitung und der Innenminister hatten das zurückgewiesen und sich gegen Störungen der Veranstaltung verwahrt. Das ist wohl nach hinten losgegangen. Am Ende mussten sich die Spione, der Innenminister und die Schulleitung dafür rechtfertigen, dass sie gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Ausstellung des skandalumwitterten Dienstes zeigen.

Schon vor der Ausstellungseröffnung wurde deutlich, dass es heute Widerspruch geben würde: Hoch über dem Schulhof hing ein riesengroßes Transparent mit der Aufschrift „Faschismus bekämpfen. Verfassungsschutz abschaffen.“ Weiter befanden sich im Publikum der Veranstaltung nicht wenige selbsternannte Extremist_innen.

So erhielt auch der Schulleiter des Ratsgymnasiums für seinen einführenden Beitrag kaum mehr als Höflichkeitsbeifall. Viel Zustimmung gab es hingegen für die Schüler_innen, die in Anschluss daran ein Transparent entrollten, aufstanden und ihr Rederecht einforderten. Nach einigem Hin und Her und viel Unruhe im Publikum wurde dies gewährt und zwar nicht — wie ursprünglich erklärt — nach der Eröffnung, sondern im direkten Anschluss an die Reden von Innenminister Geibert und Verfassungsschutzpräsident Sippel. Von diesen beiden gab es, was man von ihnen erwartet hatte: Der VS sei ganz wichtig, die Demokratie sei bedroht, von Nazis, auch von der RAF und islamistischen Ausländern (2,2% in Thüringen), und überhaupt sei die Ausstellung keine Imagekampagne, sondern ganz wichtig für die nachwachsende Generation.

Die zwei Schüler, die danach mit klassischer Musik die Wogen glätten sollten, entschieden sich dazu, dafür nicht zur Verfügung zu stehen und übergaben stattdessen direkt den ProtestiererInnen das Wort — was auch spontan von einem Liedermacher genutzt wurde, der ein Anti-Repressions-Lied spielte1.

Im Anschluss begründete ein kritischer Schüler, warum eine Ausstellung, die einseitig die Sicht des Verfassungsschutz darstelle, nicht dazu geeignet sei, die gebotene Kontroversität in der politischen Bildung zu gewährleisten. Im Anschluss legte Sandro Witt auf Einladung der SchülerInnen dar, an welchen Stellen der Thüringer VS in den letzten Jahren versagt hat. Ein Verfassungsschutz, der die Verfassung nicht schütze, sondern zivilgesellschaftliches Engagement diskreditiere, könne man sich sparen. Ähnlich äußerte sich ein weiterer Schüler, der forderte, antifaschistische Gruppen zu fördern statt zu kriminalisieren. Besonders ins Schwitzen kam Schulleiter Freise, der zuletzt gefragt wurde, wie sich denn nun genau das Christentum mit der Vorstellung einer wehrhaften Demokratie und der Humanismus mit der Bespitzelung abweichender Meinungen vertrage — eine Frage, auf die er nicht mehr antworten konnte, als erneut zum persönlichen Gespräch zu laden.

Abschließend blieb es dem Innenminister überlassen, seine KritikerInnen noch mal symbolisch zu umarmen und zu betonen, wie wichtig Protest und Widerspruch in einer Demokratie seien. Wohlbemerkt: Widerspruch, der erst nicht gehört werden sollte und Protest, der unterbunden worden wäre, wenn nicht kritische SchülerInnen, Eltern, Ehemalige und UnterstützerInnen interveniert hätten.

Hier ein Video von der Aktion von den Filmpiraten:


Kritische SchülerInnen erheben Einspruch


Ein Ständchen für den Verfassungsschutz


VS-Präsident Sippel muss sich rechtfertigen


Geheimdienst geh‘ heim!

  1. ohne titel – cover, Original von Konny

    ihr macht so viel geld mit euren waffen
    ihr schickt sie ja in aller herrenland!
    das wörtchen krieg wird von euch säuberlich verwaschen
    und zur ablenkung ruft ihr ganz deutlich „schland“!

    ihr sagt das boot ist voll und lasst abschieben
    und dabei geht halt auch mal einer drauf…
    und doch müsst ihr dann deutsche schulen schließen,
    weil es kaum noch deutsche kinder gibt darauf!

    und des lieben geldes willen lasst ihr
    unsere häuser räumen und dann noch damit
    unsere träume unsere hoffnungen und ideen.
    mit diesem mietspiegel, da hält ja keiner mit!

    und wenn wir denn am bahnhof betteln gehen
    zieht ihr wieder eure handschuhe an.
    wie oft hab ich die szenen schon gesehen
    und wenn mal einer wütend wird, ja dann…

    faltet die sorgenfalten und ihr redet von gewalt
    das man extremisten stoppen muss
    und dabei wird mit kalt

    denn wie extrem ist erst die welt
    die ihr kreiert und schützt vor uns
    mit knüppel und gewehr und militärischer vernunft

    leute seht genau hin
    woher kommt denn die gewalt?
    am anfang war doch nicht der pflasterstein!

    was ist mit rausschmiss und verwertung
    und den anderen schweinereien?
    gewalt hat vielerlei gestalt!

    so wie in erfurt, topf und söhne
    und in freiburg in vauban…
    da schlagen sie auf unsere träume ein!

    das ist kein frieden, keine freiheit,
    das ist unterdrücktes leben
    das ist die welt
    das ist extrem
    und gegen diese gehen wir an!
    [zurück]

Aus „Kein Tag ohne…“ wurden inzwischen „3 Jahre ohne autonomes Zentrum“

Drei Jahre Parkplatz auf dem ehemaligen Topf&Söhne Gelände in Erfurt Anlässlich des 3. Jahrestages der Räumung des seit 21.04.2001 besetzen Topf und Söhne-Geländes trafen sich am Vorabend des 16.04.2012 einige Leute zu einer kleinen Aktion: Auf dem Möbel- und Tierfutter-Markt-Parkplatz, dem das besetzte Haus weichen musste, wurde sich (mit Straßenkreide) bei der Stadt Erfurt für genau diese Situation bedankt. Inhalte wie, dass man auf Gott, Staat und Mietvertrag scheißen kann und Erfurt ein autonomes Zentrum braucht, bleiben jedenfalls nach wie vor aktuell.

Erfurt braucht ein autonomes Zentrum

Kein Gott, Kein Staat, Kein Mietvertrag

Sarrazinjugend versuchte erfolglos vor der ARGE Erfurt zu demonstrieren

Drei Mitglieder der neu gegründeten „Sarrazinjugend“ haben heute, am 05.04.2012, vor der Erfurter Agentur für Arbeit demonstriert. Auf Schildern forderten sie die „Zwangssterilisation für Erwerbslose und MigrantInnen“ und warben dafür, das Buch „Deutschland schafft sich ab“ zu kaufen. Bei den KundInnen der ARGE stieß die Aktion auf einige Ablehnung.

Außerdem bildete sich nach kurzer Zeit spontan eine Gegendemonstration von Angehörigen des Bündnisses „Sarrazin absagen“. Auf den Flyern der Gegendemonstration wurden Erwerbslose aufgefordert, sich gegen die Thesen Sarrazins gemeinsam mit MigrantInnen zu solidarisieren, da beide Gruppen in Sarrazins Weltsicht dümmer und daher weniger wert seien und ihre Vermehrung aufzuhalten sei. Es kam zu einigen Wortwechseln zwischen den verfeindeten Gruppen und am Ende auch zu Handgreiflichkeiten, bei denen die SarrazingegnerInnen sich durchsetzen konnten, so dass die Sarrazinjugend von der Bildfläche verschwand. Die Sarrazinjugend wurde von den meisten PassantInnen gemieden oder nicht ernst genommen. Einigen Zuspruch gab es für die GegendemonstrantInnen.

Mehrere PassantInnen erklärten, dass sie auf jeden Fall zur der Gegenkundgebung zur Lesung Sarrazins am 09. Mai ab 18.00 Uhr an der alten Oper Erfurt kommen würden.


Die Sarrazinjugend vor der ARGE.


GegendemonstrantInnen (im Hintergrund)


Ende der Aktion

Hier noch der Text des Flugblatt der GegendemonstrantInnen:

Gegen Sarrazins Buchlesung und seine Thesen

Wenn das Geld nicht mehr ausreicht um die Heizkosten zu zahlen sollen Menschen überlegen „ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können“ sagte Thilo Sarrazin in einem Interview mit der „Rheinischen Post“. Die Menschen, denen Sarrazin hier die Benutzung einer Heizung abspricht, wenn es im Winter kalt wird, sind Bedürftige, Arme und Hartz4 Bezieher und Bezieherinnen – denjenigen also, denen es im gesellschaftlichen Vergleich sowieso schon am schlechtesten geht. Weiterlesen

Zehn Jahre zwischen Letscho und Sterni

Am 31. Juli 2011 hat der letzte Bewohner die Schillerstraße 42 in Gera verlassen. Das Haus war über Jahre hinweg ein Treffpunkt der radikalen Linken in Thüringen und darüber hinaus. Aufs Engste mit dem Haus verbunden ist Thomas Panitz. Kaum jemand würde sein Gesicht auf der Straße erkennen, und durch gehörte er durch sein kontinuierliches Wirken im Hintergrund zu den schillernsten Gestalten der deutschsprachigen Linken. Seit dem vergangenen Sonntag gibt es den ersten Teil seiner Autobiographie im Infoladen-Buchbestand. Weiterlesen

Von Kulturgütern und anderen Verbrechen

Fronttransparent der Demo gegen die Messe Reiten - Jagen - Fischen in Erfurt
„Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich – aber dann kehrt man zurück mit gebrochenen Flügeln und das Leben geht weiter, als wär[e] man nie dabei gewesen.“

Kontrastreicher hätte sich Erfurt an diesem Märztag wohl kaum präsentieren können. So schallt es aus einhundert Mündern „Blut, Blut an euren Händen“, formt sich zu einem Echo entlang der umliegenden Altbaufassaden und verliert sich schließlich, kaum wahrnehmbar auf dem sich in Sichtweite befindenden Domplatz. Dort zelebriert die Stadt feierlich die Eröffnung einer neuen Bratwurstsaison. Doch diese radikale Komposition aus Empathie und Rücksichtslosigkeit ist weder zufällig arrangiert noch wird sie die einzige an diesem Tag bleiben.

Denn jährlich grüßt die Tierquälerei aus dem Thüringer Messegelände und labelt diese Zusammenkunft „Reiten, Jagen und Fischen“. Zeitgleich formierte sich aber auch in diesem Jahr ein antispeziesistischer Demonstrationszug auf dem Vorplatz des Erfurter Hauptbahnhofes. Kraftvolle Sprechchöre begleiteten diesen auf seinem Weg zur ersten geplanten Zwischenkundgebung am Verkehrsknotenpunkt „Anger“.
Aus der Lautsprecheranlage, die wohl nicht grundlos auf die nächstgelegene „Nordsee“-Filiale ausgerichtet war, tönten zwei ausführliche Redebeiträge, die das Verhältnis von menschlichen und nicht-menschlichen Individuen in der Fischerei, wie auch in der Praxis des Reitens kritisch reflektierten. So brechen neueste wissenschaftliche Studien endgültig mit einem der hartnäckigsten Mythen der Anglergemeinschaft, indem sie zeigen, dass im Wasser lebende Wirbeltiere durchaus Schmerzen empfinden.

Vor den Schaufenstern der Modegeschäfte „Breuninger“ und „Natur Pur“ kam es zu zwei weiteren Unterbrechungen. Dort gehaltene Beiträge kritisierten die erbarmungslose Unterwerfung tierischer Existenz, repräsentiert durch Leder-,Woll- und Pelzwaren, unter die kapitalistische Verwertungslogik. Fraglich ist jedoch, ob jene Worte auch jenseits der Polizeispaliere vor den Eingangstüren der beiden Modehäusern wahrgenommen werden.

Im Hirschgarten fand die Demonstration ihren Abschluss. Ein letzter Redebeitrag entlarvte die Identifikation der modernen Jagdpraxis mit dem Naturschutzes als Maskerade. Weiterhin setze sich dieser inhaltlich mit dem Duktus der Jägersprache auseinander, welcher die Einzigartigkeit individueller Existenz der von Jagd betroffenen Lebewesen auf den Begriff „Stück“ reduziert. Da Jagd heute in Europa nicht mehr zur Nahrungsversorgung notwendig ist, bleibt festzustellen, dass sie den Ausübenden als bloße Befriedigung von Machtgelüsten dient.

Gegen 14:30 versammelten sich dann ungefähr 90 Person zu einer angemeldeten Kundgebung vor dem Eingang der Messe „Reiten, Jagen und Fischen“. Neben der Verteilung von Infomaterial konfrontierten die Protestierenden lautstark das betäubte Gewissen der passierenden Besucherströme mit den unschönen Realitäten ihrer „Hobbies“.

Im Angesicht der zahlreichen MessebesucherInnen muss wohl abschließend konstatiert werden, dass es sich sowohl bei Demonstration, als auch der nachfolgenden Kundgebung nur um einen verzweifelten Tropfen Mitgefühl auf dem glühenden Rostgrill einer Gesellschaft, zu deren wichtigsten Kulturgütern die Bratwurst gehört, handelt.
Es bleibt also nur zu hoffen, dass die Potentiale eines antispeziesistischen Diskurses innerhalb der linken Bewegung, gerade in der Analyse von Diskriminierungsmechanismen nicht verloren gehen.

Denn wie Leo Tolstoi schon treffend formulierte: „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es Schlachtfelder geben.“

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